Lutherhaus

Neujahrsempfang in Schwetzingen: So reagieren Bürger auf die Entscheidung von Pöltl

Oberbürgermeister Dr. René Pöltl machte es beim Neujahrsempfang der Stadt Schwetzingen bezüglich seiner Entscheidung, ob er sich noch einmal für das Amt zur Wahl stellt, spannend.

Von 
Katja Bauroth
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Viele Gäste finden den Weg ins Lutherhaus zum Neujahrsempfang der Stadt Schwetzingen. © Andreas Gieser

Schwetzingen. "Es war zu erwarten.“ „Schade.“ „Seine Entscheidung ist absolut nachvollziehbar.“ – So lauteten die Reaktionen vieler Gäste, die am Freitagabend zahlreich ins Lutherhaus nach Schwetzingen kamen. Beim dortigen Neujahrsempfang verkündete Oberbürgermeister Dr. René Pöltl, dass er nach zwei Legislaturperioden nicht mehr für das Amt des Stadtchefs kandidieren wird (wir berichteten). Doch bis er die Neugier der Besucher bezüglich seiner Entscheidung stillte, machte es der OB spannend.

Die Band der Musikschule mit Kevin Holloway (v. l.), Luis Emmerling, Seyda Sibel, Musikschulleiter Philipp Wolfart und Carl Krämer sorgt für passende Musik. © Andreas Gieser

Bevor der Abend offiziell startete, wurde an den mit Blumenstöcken geschmückten Stehtischen getuschelt: Stellt sich Pöltl 2024 noch einmal zur Wahl oder nicht? Da gingen die Meinungen auseinander. Auch in den Sitzreihen am Rande des Saals, die an dieser Stelle Stadträtin Rita Erny angeregt hatte, wie sie erzählte, gab es einige, die fest davon ausgingen, dass der Amtsinhaber seine neuerliche Kandidatur bekanntgibt.

Spargel essen und wählen gehen

Bürgermeister Matthias Steffan, erkältungsbedingt stimmlich angeschlagen, eröffnete die Veranstaltung nach dem musikalischen Auftakt durch die Band der Musikschule mit „Coming together“. Er freute sich, viele geladene Gäste begrüßen zu können, streute dabei unterhaltsam das ein oder andere aus dem Stadtleben ein und lobte zudem: „In meiner letzten Begrüßungsrede hatte ich Sie aufgefordert, dass wir 2023 noch besser werden müssen und tatsächlich: Sie alle haben sich angestrengt, dass wir nicht elf Prozent (2022), sondern nur vier Prozent (2023) zum Vorjahr weniger Spargelesser hatten.“ Begleitet von amüsiertem Lachen aus dem Publikum, in dem Spargelkönigin Anna und Spargelprinzessin Emilia auszumachen waren, forderte er auf, ab diesem April wieder „den besten Spargel der Welt aus Schwetzingen“ emsig zu futtern.

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Mit Stings „Englishman in New York“ leitete die Musikschulband zum Oberbürgermeister am Rednerpult über. In gewohnt launiger Manier und dazu, wie sein Erster Beigeordneter zuvor, frei sprechend ging Dr. René Pöltl auf das Superwahljahr 2024 ein mit der Europawahl, der Kommunalwahl für den Schwetzinger Gemeinderat sowie den Kreistag. Er betonte, dass alle Wahlen in einer Demokratie wichtig seien, „meines Erachtens gilt dies aber ganz besonders im kommenden Jahr. Wir befinden uns in einer Phase des grundlegenden Wandels und es wird auf uns Wähler ankommen, der Politik das Mandat zu geben, mit uns gemeinsam die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen. Ich bin zuversichtlich, dass wir vieles stemmen werden, es wird aber nur gemeinsam gehen“, warb er dafür, nur Parteien zu wählen, die auf einem „glasklaren demokratischen und rechtsstaatlichen Fundament“ stehen. „Das tut die AfD nicht.“ Dafür erntete er Applaus.

„Kein leichter Abschied“

„Und dann gibt es auch die Wahl für das Amt des Oberbürgermeisters“, fuhr Pöltl fort, der das umfassende Aufgabenfeld eines Oberbürgermeisters aufzeigte: als Leiter der Gemeindeverwaltung (in Schwetzingen mit etwa 350 Mitarbeitenden), als Letztentscheider in Fragestellungen, als Vorsitzender des Gemeinderats sowie verschiedener Aufsichtsräte, Zweckverbandsversammlungen und Trägervereine, als allein befugter Vertreter der Stadt nach außen, der Verträge abschließt und Aufträge erteilt („Bei der ersten Million, die ich so ausgegeben habe, war mir noch mulmig“) und letztlich Repräsentant der Stadt – „das ist der eher kleinere Teil der Arbeit, der hauptsächlich öffentlich wahrgenommen wird“.

Bürgermeister Matthias Steffan (l.) und Oberbürgermeister Dr. René Pöltl stoßen symbolisch auf der Bühne im Lutherhaus an, im Hintergrund ist der Saal mit vielen Gästen zu sehen. © Andreas Gieser

Doch es ist auch der Teil, der ein Privatleben schier unmöglich macht. „Die Arbeit als Oberbürgermeister ist sehr herausfordernd, der zwingende Zeitaufwand so groß, dass das Privatleben weitgehend zurückstecken muss“, erklärte Pöltl im Beisein seiner Frau Stefanie und den beiden erwachsenen Kindern (19, 21). Er betonte zudem, dass er der Überzeugung sei, dass politische Ämter in einer Demokratie zu Recht befristet sein sollten. Daher habe er für sich die Entscheidung getroffen, bei der Wahl im September nicht mehr zu kandidieren. Er habe viel mit der Verwaltung und dem Gemeinderat für die Schwetzinger auf den Weg gebracht („Das ist sehr erfüllend“). Nun freue er sich darauf, wieder sein Privatleben zurückzugewinnen.

„Der Abschied fällt mir alles andere als leicht“, richtete er seinen Dank an die Schwetzinger, seine Mitarbeiter im Rathaus, ganz besondere an seine Assistentinnen Sabrina Cass und Sarah Erles, die amtierenden und ehemaligen Gemeinderäte und an Bürgermeister Steffan („Er ist ein echter Glücksfall für Schwetzingen und ich habe ihn mit ausgesucht“). Dann ging es mit der Musikschulband und „What a Wonderful World“ von Louis Armstrong (ein Wunschtitel Pöltls) in den geselligen Teil über.

„Erst mal kommt der 24. Februar“

„Das kommt mir alles sehr bekannt vor“, sah sich die frühere SPD-Landtagsabgeordnete Rosa Grünstein an ihre Entscheidung erinnert, als sie nicht mehr für die Landespolitik kandidieren wollte, frei nach dem Motto: Man soll aufhören, wenn’s am schönsten ist. Ordnungsamtsleiterin Yvonn Rogowski: „Ich kann die Entscheidung nachvollziehen. Er ist ein toller Chef und wird uns fehlen“, sagte sie und hofft wie einige andere Verwaltungsmitarbeiter „auf einen gebührenden Ausstand“.

Die Familie ist sein Rückhalt: Dr. René Pöltl dankt seiner Frau Stefanie mit roten Rosen und freut sich, dass seine Kinder Dominic und Amélie ins Lutherhaus gekommen sind. © Andreas Gieser

Susanne Muth von der Kolpingsfamilie und dem Seniorenwerk bedauerte die Entscheidung: „Er hat sich immer Zeit für unsere Senioren genommen.“ Ebenso Gerlinde Bürger von den Aktiven Frauen Hirschacker: „Ich habe stets hinter seinen Entscheidungen gestanden, er war ein guter Oberbürgermeister.“ Spargelkönigin Anna war ebenfalls traurig: „Ich bewundere, wie toll er frei sprechen kann.“ Klaus Scherm, stellvertretender Bürgermeister aus der Partnergemeinde Karlshuld, zeigte sich betroffen: „Für die Stadt Schwetzingen ist das ein Verlust.“ Gleichzeitig schob er nach, dass er in Bürgermeister Matthias Steffan einen durchaus würdigen OB-Nachfolger sehen würde. Eine Meinung, mit der er im Lutherhaus nicht alleine dastand. Und wie sieht das Matthias Steffan? „Erst mal kommt der 24. Februar, dann sehen wir weiter“, verwies er auf die anstehende Wahl für das Amt des Bürgermeisters, wofür er der einzige Bewerber ist.

Ute Strosny-Oser (v. l.), Petra Jathe und der frühere Kämmerer der Stadt, Manfred Lutz-Jathe, sowie Uschi Lenz und Peter Lenz plaudern beim Empfang. © Andreas Gieser

Klar, jetzt wird natürlich spekuliert, wer seinen Hut für das OB-Amt in den Ring wirft. Für Birgit Schillinger steht fest: „Hat ein Kandidat den Mut und verbietet Silvesterfeuerwerk in Schwetzingen, um stattdessen eine zentrale Lasershow anzubieten, bekommt er meine Stimme.“ Landtagsvizepräsident Daniel Born stellte zwischenzeitlich heraus: „Mein Platz ist in der Landespolitik.“ Er bekräftigte zudem, dass beim Abschied Pöltls starke Leistung für Schwetzingen im Mittelpunkt stehen sollte. Nicht nur darüber wurde bei Sekt von Tischmacher Weine sowie Häppchen von Tommy R. Möbius noch eine ganze Weile geplaudert.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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