Schwetzingen. Schreibt man einen Jahresrückblick und reflektiert Ereignisse in einer Stadt wie Schwetzingen, kommen so viele Erinnerungen hoch, dass der Platz auf dieser Seite nicht ausreicht. Daher greifen wir nur einige wenige Punkte auf, die die Menschen auch 2024 weiter begleiten werden.
Da wäre zum Beispiel die Tiefengeothermie. Nach den Standortuntersuchungen im Frühjahr durch schwere Vibro-Trucks meldeten Bürger Schäden an ihren Gebäuden und Grundstücken. Das verantwortliche Unternehmen Geohardt sah sich nicht nur damit konfrontiert, sondern auch mit Vorwürfen in Sachen unzureichender Kommunikation im Vorfeld sowie fehlender Transparenz. Letztgenanntes ist der Sauerstoff im Miteinander einer demokratischen Gesellschaft – und zwar in allen Bereichen.
Kein Wunder also, dass sich die von Schäden betroffenen Bürger in einer Initiative zusammenschlossen, um allein schon der Idee der Tiefengeothermie zur Energiegewinnung den Garaus zu machen. Allerdings sollte sich dabei auch jeder fragen: Was wäre die Alternative? Wasserkraft aus dem seichten Leimbach? Energie mit Windrädern auf dem Spargelacker? Die geplante Freilandphotovoltaik auf dem ehemaligen Kasernenareal reicht nicht aus. Und: Bei den Kasernen wäre auch ein Geothermiestandort denkbar, sollte das Terrain geeignet dafür sein. Noch gehört das Areal dem Bund, doch wahrscheinlich kommt schon dieses Jahr kräftig Bewegung in die Sache.
Rothacker’sches Haus in Schwetzingen wird saniert
Apropos: Das Rothacker’sche Haus und dessen millionenschwere Sanierung verursachte einigen Gemeinderäten graue Haare und ist in der Stadt umstritten. Daher wurde nach einer Kostenexplosion auf 21 Millionen Euro mit Blick auf die kommunale Kasse sowie notwendig(er)e Investitionen ein Kompromiss eingegangen: Die Nutzfläche wurde von rund 2000 auf knapp 900 Quadratmeter reduziert und jetzt werden noch 11,5 Millionen Euro investiert, es fließen etwa zwei Millionen an Förderungen. Ein großes Thema bei der Gebäudesanierung waren die energetischen Maßnahmen im Zeichen des Klimaschutzes. Vorgaben vom Bund fordern die Kommunen nicht nur in diesem Bereich, ganz zu schweigen von der Bürokratie. Klimaschutz kostet. Und wenn was teuer ist, wird es schwierig, etwas günstiger anzubieten – zum Beispiel bezahlbaren Wohnraum. Ein schier unlösbares Problem nicht nur für Schwetzingen.
Schwierig, jedoch nicht unlösbar ist die Situation des Einzelhandels. Trotz der lobenden Kaufkraftanalyse der Industrie- und Handelskammer, die in Sachen Kaufkraftbindung Schwetzingen im IHK-Bezirk als Spitzenreiter bei den Städten zwischen 10 000 und 50 000 Einwohnern sieht, sind die Probleme sichtbar. Fußgängerzonen ziehen dann die Menschen an, wenn die Symbiose aus attraktiver Umgebung sowie abwechslungsreichem und individuellem Angebot stimmt. Kleine inhabergeführte Läden statt Handelsketten, einladende Schaufenster für Shopping- und Verweilmöglichkeiten statt verglaste Büroräume – keine einfache Aufgabe in Zeiten von Onlineeinkauf, steigenden Miet- und Nebenkosten sowie mangelndem Personal. Hier ist jeder Einzelne gefordert – Sie als Kunden und Vermieter, die Geschäftswelt samt städtischer Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing als Impulsgeber.
Ein Blick auf die Schwetzinger Kommunalpolitik
Spannend wird es in Schwetzingen bei den Kommunalwahlen 2024. Derzeit gibt es ja gleich drei Fraktionen mit je sechs Personen im Stadtrat – die Freien Wähler, die Grünen und die CDU, gefolgt von der SPD mit vier Stadträten. Fraglich bleibt, ob die Aktiven Bürger (ABS), denen ja ihr einziger Stadtrat Haydar Sahin von der Stange gegangen ist, nochmals antreten werden. Und Werner Zieger ist ja bei den Linken ausgetreten, er war der Motor der Ortsgruppe. Aktuell plant er mit seiner neuen Gruppe „Inklusiv und Sozial für Schwetzingen“ ins Rennen zu gehen und sammelt Unterschriften. Gibt es hier vielleicht ein Ratscomeback von der sozial engagierten Raquel Rempp?
Noch nicht ganz fest steht, ob die AfD mit einer Liste rechts mobil macht. „Wir sind noch mit einigen möglichen Kandidatinnen und Kandidaten im Gespräch“, sagt Kreisvorsitzender Karlheinz Kolb auf Anfrage unserer Zeitung. Fest stehe derzeit aber, dass man in Brühl und Ketsch Listen aufstellen werde.
Noch interessanter wird es dann im Spätsommer, wenn die Oberbürgermeisterwahl ins Haus steht. Da Amtsinhaber Dr. René Pöltl sich erst beim Neujahrsempfang an diesem Freitag, 5. Januar, darüber äußern möchte, ob er nochmals antritt, kann derzeit nur spekuliert werden – wir werden am Freitagabend auf unserer Internetseite berichten. Unsere Theorie: Pöltl tritt nicht mehr an und macht den Weg frei für seinen bisherigen Stellvertreter Matthias Steffan, der derzeit alleiniger Kandidat für das Amt des Ersten Bürgermeisters Plan rufen. In der Gerüchteküche werden dabei immer wieder die Landtagsabgeordneten Andre Baumann (Grüne) und Andreas Sturm (CDU) genannt.
Tops und Flops des Jahres
Tops
Betreuung: In Sachen Kinderbetreuung hat die Stadt vorgesorgt: Es gibt ausreichend Plätze. Problem nur: Wie überall sind Betreuer Mangelware. Zudem hielt der Gemeinderat an einer moderaten Gebührensteigerung (drei Prozent) fest.
Wärmestube: Der Verein „Die Brücke“ hat eine neue und gut zugängliche Bleibe für seine Wärmestube in der Friedrich-Ebert-Straße 25 gefunden.
Klimaschutz: „Kleinvieh macht auch Mist“, heißt es. Umso schöner, dass die städtischen Förderprogramme wie „Klima-Impuls“ genutzt wurden, um Klimaschutzmaßnahmen wie Photovoltaik umzusetzen. Positiv zudem, dass in Schwetzingen Elektrobusse fahren – im Stadtgebiet sogar gratis.
Flops
Nordstadtschwimmbad: Immer weniger Kinder können schwimmen, weil weniger Kurse angeboten werden können, etwa aufgrund mangelnder Ausbilder und Schwimmhallen. Umso wichtiger ist es, dass das Nordstadtschwimmbad erhalten und saniert wird. Ein Gutachten hat die Verwaltung in Auftrag gegeben.
Ehrenamt: Vereine und das Ehrenamt bilden das Rückgrat unserer Gesellschaft. Dieses Rückgrat bröckelt zunehmend. Zwar konnten etliche Vereine Jubiläen feiern – der SV 98 das 125-jährige, die Siedlergemeinschaft Hirschacker das 75-jährige – doch andere Vereine mussten aufgeben, wie der Obst- und Gartenbauverein nach 142 Jahren.
Aber wie gesagt, das ist alles nur Spekulation und vielleicht macht Pöltl ja doch noch weiter. Das Jahr 2024 wird spannend. Und in Schwetzingen auf jeden Fall auch kulturell, gesellschaftlich und feierfreudig, so wie im Vorjahr bei Events wie dem Spargelanstich, den letzten SWR-Festspielen unter Heike Hoffmann, der großartigen „Fête de la musique“ oder dem feucht-fröhlichen Spargelsamstag. Na und Kurfürst Carl Theodor bittet zum 300. Wiegenfest doch hoffentlich auch zur Tafel . . .
Abschied für immer: Nachruf auf bekannte Schwetzinger, die 2023 verstorben sind
2023 war leider auch wieder ein Jahr des Abschiednehmens von Menschen und Persönlichkeiten, die die Stadt Schwetzingen auf ihre Art und Weise geprägt haben. Stellvertretend für alle anderen wollen wir an einige von ihnen erinnern:
Dr. Erika Schleyer: Mit ihr verstarb im März das letzte noch aktive Gründungsmitglied der Mozartgesellschaft im Alter von 94 Jahren. Die bekannte Schwetzinger Zahnärztin war 1969 von Dr. Richard Treiber für die Mozartgesellschaft eingespannt worden. Sie zählte viele Jahre zu den fleißigen Spendensammlerinnen für die bekannten Mozarttage und erlebte wunderbare Begegnungen mit Künstlerinnen und Künstlern.
Linni Heimburger: Sie war eine Wegbereiterin der Partnerschaft mit dem oberbayerischen Karlshuld-Neuschwetzingen. 1988 hatte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Werner auf einer Fahrradtour entlang der Donau zufällig das Ortsschild von Neuschwetzingen entdeckt und in der Folge die Kontakte gemeinsam mit dem Schwetzinger Otto Thielemann und dem Karlshulder Siegfried Schäfer wiederbelebt. Auch bei der DJO, der Volkshochschule und vor allem beim Turnverein 1864 hat sie Spuren hinterlassen. Sie verstarb im August im Alter von 92 Jahren.
Hans-Jürgen Vieth: Der bekannte Architekt hat in seiner Heimatstadt wahrlich Spuren hinterlassen, die das Stadtbild prägen. Zahlreiche besondere Projekte hat er während seiner beruflichen Zeit in Schwetzingen in die Tat umgesetzt. So stammen unter anderem die Entwürfe für die Hirschackerschule (eingeweiht 1987) und für die 2005 in Betrieb genommene Musikschule mit dem Franz-Danzi-Saal aus seiner Feder. Auch bei der Sanierung des Palais Hirsch und des berühmten Rokokotheaters hatte er mitgewirkt. Er wurde 76 Jahre alt.
Ursula Pawlak: Die langjährige Künstlerische Leiterin des Kunstvereins hatte die Gabe, Menschen in der Kunst willkommen zu heißen, sie für alle erlebbar und erfahrbar zu machen. Ihre Leidenschaft für Kultur spiegelte sich in den Ausstellungen wider, die sie zwischen 1981 bis 2007 kuratiert hat. Es gelang ihr, zum einen zeitgenössische Werke zu präsentieren und gleichzeitig ein Forum für Kunstschaffende der Region zu etablieren, aber auch junge Künstler in ihrer Fortentwicklung zu fördern. Am 7. September schloss sie im Alter von 85 Jahren für immer die Augen.
Reinhold Weber: Der evangelische Diakon Reinhold Weber hat ganze Generationen von Kindern und Jugendlichen begeistert. Mit viel Herz begleitete er Menschen von der Taufe bis hin zu den verschiedenen Lebensabschnitten, bereitete Gottesdienste und Predigten vor und brachte ihnen auf seine unkonventionelle Art und Weise die biblischen Inhalte nahe. Weber pflegte eine große Zugewandtheit zu Israel und dem Judentum. Er verstarb am 22. Oktober im Alter von nur 67 Jahren.
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