Schwetzingen

Personalwohnheim der GRN-Klinik: Zweckentfremdung plötzlich Thema

Einer Frau, die ihre Mutter pflegt, wird das Apartment gekündigt, weil es für die neuen philippinischen Arbeitskräfte gebraucht wird.

Von 
Jürgen Gruler
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Hier im Personalwohnheim in der Bodelschwinghstraße 14 befinden sich Apartments und kleine Wohnungen sowie Schlafräume für den Bereitschaftsdienst. © Jürgen Gruler

Schwetzingen. Andere Zeiten, andere Regeln: Monika Hoffmann ist sauer. Sie sitzt seit einem Schlaganfall im Jahr 2017 im Rollstuhl, ist linksseitig gelähmt und zu 100 Prozent schwerbehindert. 30 Jahre lang hat sie in der GRN-Klinik in Schwetzingen gearbeitet, ihr Mann ist noch immer dort tätig. Sie wohnen in einer 52 Quadratmeter großen Wohnung im Schwesternwohnheim neben der Klinik. Im gleichen Haus wohnt ihre Tochter, die über die Pflegeversicherung für ihre Mutter als Alltagshelferin die Pflege übernimmt. Ihr wurde jetzt das Apartment gekündigt, das sie seit 2004 bewohnt. Quasi wegen Eigenbedarfs der Klinik, denn die möchte doch philippinische Pflegekräfte unterbringen, für die die GRN-Klinik bisher in der Innenstadt Wohnungen angemietet hat.

Nun ist es an sich nicht verwerflich, dass eine Klinik ein eigenes Wohnheim natürlich für die Mitarbeiter vorhält, die auch dort arbeiten. Aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass heute bezahlbare Wohnungen fehlen, das vor 15 Jahren noch anders war und damals die GRN froh über jeden Mieter war, der dafür gesorgt hat, dass die nicht sehr beliebten Apartments belegt waren und dafür monatlich bezahlte. „Es hat doch die GRN viele Jahre nicht interessiert, wer ein Recht darauf hat, hier zu wohnen. Man war froh, dass das Haus belegt ist und Mieteinnahmen bringt“, sagt Monika Hoffmann. Sie sagt, sie wisse von mindestens zehn Mietern, die jetzt die Kündigung erhalten hätten.

Da der Wohnungsmarkt leer gefegt sei, befürchtet Monika Hoffmann, dass ihre Tochter wegziehen muss und dann auch für sie nicht mehr so verfügbar ist wie heute, wo sie einfach ein paar Treppen zu ihr runtergehen muss. „Eine Rundumbetreuung wäre dann nicht mehr möglich, zumal auch bei den ambulanten Pflegediensten Personalnotstand herrscht“, sagt sie uns.

Widerspruch eingelegt

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Deshalb haben sie jetzt auch Einspruch gegen die Kündigung eingelegt. „Der Einspruch liegt uns vor und wird jetzt von uns geprüft“, bestätigt GRN-Geschäftsführer Rüdiger Burger, der das Kündigungsschreiben verfasst und unterschrieben hatte. Darin heißt es: „Das Apartment befindet sich in unserem Personalwohnheim. Dies war ihnen von Anfang an bekannt. Sie selbst stehen nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis mit den GRN Gesundheitszentren“, heißt es in der Begründung. Er macht dann auf den Notstand bei der Personalrekrutierung aufmerksam und auf die Not, bezahlbaren Wohnraum zu finden: „Um unseren derzeit dringend bestehenden Personalbedarf decken zu können, haben wir über eine Vermittlungsagentur zehn Pflegekräfte aus den Philippinen dafür gewinnen können, voraussichtlich ab dem letzten Quartal 2022 in unseren Krankenhäusern zu arbeiten. Die Aufnahme der Tätigkeit ist aber nur möglich, wenn ihnen gleichzeitig geeigneter Wohnraum in der Nähe der Arbeitsstelle zur Verfügung gestellt werden kann“, heißt es in Burgers Kündigungsschreiben. Dazu habe man sich sogar vertraglich verpflichtet. Burger kommt zu dem Schluss: „Es liegt daher ein dringender Betriebsbedarf vor, der uns leider keine andere Wahl lässt, als Mietverhältnisse mit solchen Bewohnern zu beenden, die nicht mehr für uns tätig sind.“ Allerdings weist Burger immerhin auch auf das Widerspruchsrecht für Härtefälle hin.

Monika Hoffmann macht sich inzwischen auch Gedanken darüber, ob ihr auch gekündigt wird, sobald ihr Mann nicht mehr in der Klinik arbeitet: „Ich habe Rüdiger Burger deshalb geschrieben und unsere Situation geschildert. Und ich hoffe, dass die GRN ein Einsehen hat. Immerhin kennt er doch unsere Situation“, sagt die 73-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung.

Wir haben den Noch-GRN-Geschäftsführer Rüdiger Burger um ein Statement zu dem Fall und zu den Kündigungen im allgemeinen gebeten, das wie folgt ausfiel: „Angesichts des aktuellen Personalmangels, der schon länger an Kliniken herrscht, weil die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, jetzt aber, in Corona-Zeiten durch steigenden Versorgungsbedarf und vermehrte krankheitsbedingte Ausfälle deutlich verstärkt wurde, suchen wir nach zusätzlichem Personal, vor allem im Bereich Pflege.

In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass uns das Rekrutieren auch ausländischer Pflegekräfte hierbei eine große Hilfe ist. Seit einigen Jahren kommt regelmäßig Personal beispielsweise aus den Philippinen zu uns, um bei GRN zu arbeiten und das Team zu verstärken. In diesem Jahr erwarten wir die Ankunft von insgesamt 33 ausländischen Pflegekräften für die vier GRN-Standorte. Allerdings benötigen wir Wohnraum, um sie unterzubringen. Die Apartments in den Personalwohnheimen, die wir vor Jahren extra für GRN-Mitarbeitende gebaut hatten, bieten sich dafür an. Bisher, weil der Raum nicht dringend benötigt wurde, konnten wir dort auch ehemalige Mitarbeitende und Externe wohnen lassen. Jetzt müssten wir aus gegebenem Anlass aber Eigenbedarf anmelden“, schreibt Rüdiger Burger.

Ausreichend Zeit eingeräumt

Er sieht die GRN im Recht und macht auch auf die zeitliche Lösung aufmerksam: „Wir haben mit ausreichend Vorlauf zum Ende des Jahres 2022 daher Kündigungen der Wohnräume verschickt. Darin enthalten war auch ein Passus zu einem Widerspruchsrecht in Härtefällen. Wörtlich steht im Kündigungsschreiben: Wir weisen Sie darauf hin, dass Ihnen gegen diese Kündigung ein Widerspruchsrecht zusteht. Sie können der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für Sie, Ihre Familie oder Angehörige Ihres Haushaltes eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen Ihres Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.“ Er sichert zu, dass der Widerspruch, der ihm vorliege nun eingehend geprüft werde.

Auf das Ergebnis ist Familie Hoffmann gespannt. Inzwischen informierten die Betroffenen unsere Zeitung darüber, dass in der kommenden Woche von der GRN-Geschäftsleitung ein persönliches Gespräch angeboten worden sei.

Chefredaktion Jürgen Gruler ist Chefredakteur der Schwetzinger Zeitung.

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