Schwetzingen. Es ist ein schneller Schritt, den die Mitarbeitenden von Regisseur Joerg Steve Mohr an den Tag legen: Männer, die schwere Bühnenaccessoires durch die Räume des Theaters am Puls in der Marstallstraße in Schwetzingen tragen. Frauen, die angeregt über die beste Schminke für die dritte Szene diskutieren. Schauspieler, die ihren Text so lange lesen, bis er im Kopf bleibt.
Die Zeit drängt. An diesem Freitag, 10. November, feiert das Familienstück „Pünktchen & Anton“ seine Premiere vor ausverkauftem Haus. Und da muss alles stimmen. Vor allem der Einsatz und das Schauspiel der drei Hauptdarsteller. Und die üben seit Wochen emsig – wir waren an einem Probetag mit von der Partie.
Theater am Puls probt für Familienstück von Erich Kästner
Es ist früher Abend. Die meisten Kinder essen mit der Familie zu Abend, sind beim Vereinssport oder sitzen noch an den Hausaufgaben. Wassim Saadi, Léonard Georgi und Emma Mohr hingegen sind dort zu finden, wo sie nach eigenen Aussagen seit Mitte September fast jeden Werktag verbringen – am Set im Theater am Puls in Schwetzingen. Sie proben tüchtig, denn die drei Kinder zwischen neun und zwölf Jahren sind die Hauptdarsteller des Familienstücks „Pünktchen & Anton“ nach Erich Kästner.
Termine und Tickets
„Pünktchen &Anton“ nach Erich Kästner: Premiere (ausverkauft) am Freitag, 10. November, um 20 Uhr.
Weitere Vorstellungen: 19. November, 16 Uhr (ausverkauft), 3. Dezember, 16 Uhr (ausverkauft), 17. Dezember, 16 Uhr (ausverkauft), 22. Dezember, 20 Uhr, 25. Dezember, 16 Uhr, 30. Dezember, 18 Uhr, 6. Januar, 18 Uhr, 20. Januar, 18 Uhr.
Karten (24 Euro, ermäßigt 18 Euro, Kinder bis zwölf Jahre 12 Euro) gibt es im SZ-Kundenforum, Carl-Theodor-Straße 2 in Schwetzingen sowie im Theater am Puls, Telefon 06202/92 69 996 (telefonische Reservierung von 9 bis 18 Uhr). Bei ausverkauften Veranstaltungen lohnt sich eine Nachfrage nach Restkarten am Spieltag via Telefon. Außerdem online: www.theater-am-puls.de
„Für Kinder ist es eine schöne Geschichte über Freundschaft. Für Erwachsene ist es ein Stück, das vor Gesellschafts- und Sozialkritik nur so trieft“, findet Theaterintendant und leitender Regisseur Joerg Steve Mohr. Das Stück stützt sich auf das bekannte und beliebte Buch von Erich Kästner und beschäftigt sich vordergründig mit der tiefen Freundschaft zweier Kinder. Doch dahinter steckt weit mehr.
Mohr erklärt: „Dass die Schwierigkeiten, die auf die Pünktchen und Anton treffen, an dem sozialen Graben liegen, der zwischen den Familien der beiden klafft, bleibt für Kinder verborgen. Außerdem spielt das Stück in den 1920er Jahren. Da Pünktchen, deren Familie eigentlich finanziell bessergestellt ist, jüdisch ist, können Erwachsene erahnen, dass die Geschichte mit dem Applaus des Publikums noch nicht zu Ende ist.“ So zeige die Handlung laut Mohr, wie zufällig, veränderbar und menschengemacht die soziale Rangordnung sei, in der sich Gesellschaften organisieren. Ein Thema, das selbst heute brandaktuell ist.
Optimale Besetzung
Für den Regisseur sei es keine Frage gewesen, ob die jungen Figuren der Geschichte auch von Kindern gespielt werden: „Ich ertrage es nicht, wenn Erwachsene die Rolle von Kindern spielen. Die Kleinen können das viel besser und natürlicher darstellen. Vor allem, weil wir darauf achten, dass die Kids wirklich talentiert sind.“ Wassim Saadi (10), der die Rolle des „Antons“ besetzt, und Léonard Georgi (12), der Gottfried Klepperbein spielt, sammelten ihre ersten Erfahrungen beim Theaterstück „Der kleine Vampir“. „Die beiden haben da schon super Arbeit geleistet und jetzt auch wieder“, lobt Joerg Steve Mohr.
Emma Mohr, die „fast zehn Jahre alt“ ist, möchte das Publikum als „Pünktchen“ begeistern. Außer in die kleine Rolle einer Eintagsfliege in der Weihnachtslesung sei sie noch nie in eine so große Bühnenrolle geschlüpft. Das Besondere an Emma – ihr Onkel ist der Regisseur. Und wie ist das so, wenn man verwandt ist und zusammen „arbeitet“? „Sie ist wirklich unglaublich talentiert. Ich dachte ja, es könnte manchmal kompliziert werden, weil sie den Onkel-Bonus nutzt, doch das kam nie vor. Sie ist sehr professionell“, so Regisseur Mohr ganz offen. Emma – ganz keck – hat einen etwas anderen Blick auf das „Arbeitsverhältnis“: „Es ist sehr cool, mit meinem Onkel zu arbeiten. Ich weiß, wie er tickt und was wir Kinder tun können, ohne dass er so schnell gereizt ist.“ Wassim und Léonard bestätigen Emmas Aussage mit einem verschmitzten Grinsen. Es geht ja nichts über offene Geheimnisse. Und was sagt der Regisseur? Nun: Trotz der guten Auswahl der Darsteller sei die Arbeit mit Kindern mit mehr Anleitung verbunden, findet Mohr: „Klar ist es was anderes als mit ausgebildeten Schauspielern zu arbeiten. Aber es macht unglaublich Spaß und ist sehr bereichernd.“
Doch nicht nur die Arbeit mit den Nachwuchsschauspielern macht die Darbietung zu einer verzwickten Angelegenheit, wie der Intendant meint: „Es gibt viele verschiedene Schauplätze. Das heißt, um alle ins Bühnenbild zu integrieren, braucht es eine sehr große Bühne. Die haben wir leider nicht. Daher werden wir oft umbauen.“ Eine Lösung hätten die Profis allerdings schnell gefunden, erklärt der Theaterintendant weiter. „Am wichtigsten war für uns einfach, dass die Atmosphäre etwas märchenhaftes mitbringt, um der Weihnachtszeit gerecht zu werden.
Ein Gruß an Bully und Michael
Wir haben mit Dominik Gamer einen talentierten Künstler gefunden, der das Bühnenbild mit Liebe und Herzblut sehr hochwertig gestaltet hat“, sagt er. „Alle können sehen, dass es normal ist, wenn arme und reiche Kinder miteinander befreundet sind“, schätzt Hauptdarstellerin Emma an dem Familienstück „Pünktchen & Anton“. Zwar sei das Proben manchmal anstrengend, doch vor allem sei es immer „cool“, findet Léonard, Darsteller des Gottfried Klepperbeins, der in seiner Freizeit gerne in den Zirkus geht.
Auf die Frage, was sie unbedingt mal in der Zeitung sagen möchten, fällt zunächst nur Léonard etwas ein: „Ich möchte unbedingt Bully Herbig und Michael Hecht grüßen. Vielleicht sehen die das ja irgendwann.“ Wassim, der gerne seine Familie grüße, findet die passenden Worte zum Abschluss. „Die Welt ist toll, so wie sie ist“, sagt das Schauspieltalent, bevor es, wie die Bühnenarbeiter, flux hinterm Vorhang verschwindet.
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