Schwetzingen. Der Spargelhof der Schuhmachers ist weitläufig. Um vom Wohnhaus mit Ketscher Adresse auf den Spargelacker auf Schwetzinger Gemarkung zu kommen, steigt Anna Schuhmacher mit ihrem Vater Heinrich ins Auto. Davor wechselt sie noch schnell das Schuhwerk. „Mit den Air Force gehe ich nicht aufs Feld“, sagt Anna. Auf Sand in den Schuhen verzichtet sie gerne. Die weißen Sneaker weichen quietschgelben Gummiclogs. Modisch in Verbindung mit der mintgrünen Flatterhose fragwürdig, aber Anna nimmt’s pragmatisch.
Zwischen den Wällen auf dem Acker läuft sie zielsicher, scannt die Erde akribisch nach kleinen Erhebungen. Die noch verschütteten Spargelköpfe zu erkennen, braucht Erfahrung. Dass Anna die besitzt, wird spätestens dann deutlich, als sie mit zwei Fingern gekonnt zum Ausgraben ansetzt und es der weißen Stange mit dem Spargelstecher an den Kragen geht. Es ist ein milder Frühlingstag, leicht bewölkt. „Genau die richtigen Bedingungen zum Arbeiten“, sagt Anna. Und sie muss es wissen. Wann immer es geht, packt sie auf dem Hof ihrer Familie mit an.
Anna I. ist seit vier Jahren Schwetzinger Spargelkönigin. Nach einem Jahr als Prinzessin wurde sie 2020 zur Königin gekrönt. Sie war die „Königin in der Pandemie“, wie sie selbst sagt. Am Samstag, 20. April, endet ihr Abenteuer. Beim offiziellen Spargel-anstich übergibt Anna Schuhmacher die Krone an ihre Nachfolgerin Emilia I.
Zeit als Schwetzinger Spargelkönigin hat Annas Selbstbewusstsein verändert
Die Zeit als Spargelkönigin hat Anna geprägt. Zur Schulzeit sei sie sehr schüchtern gewesen, erzählt die 22-Jährige. Die vielen öffentlichen Auftritte und Reden, das Repräsentieren – all das hat die Schwetzingerin selbstbewusster werden lassen. Gleichzeitig hat sie auch beruflich einen neuen Weg beschritten, wechselte nach der Ausbildung zur Optikerin bei Optik Zahn in Schwetzingen in die Filiale nach Hockenheim. Das neue Arbeitsumfeld und die neuen Kollegen hätten ihr gutgetan. Durch den beruflichen Kundenkontakt ist Anna offener geworden.
Doch ihr Herz gewonnen haben die Tiere. Der Karriere als Tierärztin hat sie zwar früh eine Absage erteilt, aber auf dem Hof ihrer Familie ist Anna zwischen Spargel, Getreide und Kühen groß geworden. Früher hätten die Kälber sie noch erkannt, haben sich gefreut, als sie in den Stall kam. Den heute 78 Kühen auf dem Hof hatte sie Namen gegeben. „Ich gehe sogar mit den Kühen Gassi“, sagt Anna lächelnd, während sie eines der Kälber an seinem braun-weißen Fell am Hals krault. Für den Spaziergang mit den Kälbern würde sie auf den Feldwegen schon mal schiefe Blicke ernten.
Heute ist Anna an mindestens vier Tagen in der Woche bei einem anderen Vierbeiner zu Gast: ihrem Pflegepferd in Eppelheim. Die Zeit mit „Heli“ nutzt sie als Ausgleich zur Arbeit. „Für mich ist das ein befreiendes Gefühl“, sagt sie über das Reiten.
Schwetzinger Spargelkönigin Anna blickt auf Höhepunkte zurück
Schon als junges Mädchen hat Anna davon geträumt, Kleider zu tragen und etwas zu repräsentieren. Auf ihre Zeit als Spargelkönigin schaut die 22-Jährige mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Die Spargelsamstage mit den vielen fragenden Besuchern und Fotowünschen behält sie in schöner Erinnerung.
Ihren Besuch bei der Bundesgartenschau (BUGA) in Mannheim im vergangenen Jahr hebt sie besonders hervor. Gemeinsam mit den vielen anderen Repräsentantinnen habe „einfach eine schöne Atmosphäre“ geherrscht. Anfangs hätten sie derartige Auftritte noch viel Überwindung gekostet. Doch mit der Zeit habe sich eine gewisse Routine entwickelt, schildert die noch amtierende Spargelkönigin.
Geprägt waren die vier Jahre aber auch von den zahllosen ausgefallenen Terminen während der Pandemie. Selbst dem kann Anna aber etwas Gutes abgewinnen: Der Optiker musste vorübergehend schließen und auf dem heimischen Hof durften die Erntehelfer nicht einreisen. „Da hatte ich auf dem Feld gut zu tun“, sagt sie – wo zu der Zeit jede Hilfe dringend gebraucht wurde.
Beim Spargelanstich übergibt sie die Krone an die neue Spargelkönigin
Findet Anna heute zwischen Arbeit und Pferd noch Zeit, hilft sie weiterhin auf dem Hof, wo sie kann. Obwohl sie mit ihrem Freund Daniel inzwischen in Hirschacker wohnt, verbringt die 22-Jährige die Spargelzeit hauptsächlich auf dem Hof. Zur Freude ihrer Eltern, denn „in der Spargelzeit bin ich froh über jede Hilfe“, sagt Annas Vater Heinrich.
Ihren letzten Auftritt als Schwetzinger Spargelkönigin hat Anna beim Spargelanstich. Über ihre abschließende Rede verrät sie im Vorfeld nur so viel: „Es wird nicht zu kurz und nicht zu lang, damit die Besucher sich nicht langweilen.“ Mit der Übergabe der Krone auf dem Spargelhof ihrer Familie schließt sich für Anna Schuhmacher nach vier Jahren ein Kreis. „Dort hat es angefangen und dort endet es auch.“
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