Rhein-Neckar-Kreis. Das Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises schlägt Alarm: In den Trinkwasserleitungen von vermutlich Hunderten Gebäuden im Rhein-Neckar-Kreis droht eine gesundheitliche Gefahr durch die Freisetzung der Chemikalie Bisphenol A. Dies meldete der Rhein-Neckar-Kreis am Mittwoch. Bei Wasserproben in entsprechenden Gebäuden sei der Grenzwert der Trinkwasserverordnung um mehr als das Hundertfache überschritten worden.
„In solchen Fällen wird durch das Gesundheitsamt eine Verfügung erlassen. Diese fordert zunächst ein Konsumverbot für das Warmwasser. Dieses darf dann weder zum direkten Konsum noch zur Zubereitung von Speisen und Getränken verwendet werden“, sagte Stefan Kramer, Leiter des Referats für Technischen Gesundheitsschutz im Gesundheitsamt.
Alterungsprozesse schwemmen Chemikalien aus
Betroffen sind nach Darstellung des Kreises Gebäude in Heidelberg und dem Rhein-Neckar-Kreis, die zwischen 1970 und 1980 gebaut wurden. Für die Warmwasser-Rohre wurden verzinkte Stahlleitungen verbaut. Das Material entpuppte sich als unbeständig. Die Leitungen wurden nach 20 bis 30 Jahren saniert. Bei zahlreichen Häusern wurden die Leitungen von innen mit Epoxidharz beschichtet. Alterungsprozesse und die Belastung durch heißes Wasser schwemmten danach verschiedene Chemikalien aus, unter anderem Bisphenol A.
Weitere Informationen zu Bisphenol A
Was ist Bisphenol A?
Bisphenol A ist eine Chemikalie, die häufig als Komponente in Klebstoffen, Lacken oder Kunstharzen (sogenannte Epoxidharze) verwendet wird.
Wie funktioniert die Epoxidsanierung von Trinkwasserleitungen?
Bei der Epoxidsanierung von Trinkwasserleitungen werden die Komponenten, üblicherweise bestehend aus Bisphenol A und Epichlorhydrin, nach dem Entleeren, Trocknen und Sandstrahlen der Leitungen in die Trinkwasserinstallation gedrückt. Die Leitungen werden so von innen mit Epoxidharz beschichtet. Daher wird das Verfahren auch als Innenrohrsanierung bezeichnet. Nach dem Aushärten des Harzes wird die Trinkwasserleitung wieder befüllt.
Warum ist die Aufnahme von Bisphenol A gesundheitlich bedenklich?
Bisphenol A hat eine hormonähnliche Wirkung und steht darüber hinaus im Verdacht, Krebs zu erregen. Aufgrund dessen wurde zunächst in der europäischen Trinkwasser-Richtlinie, aber seit Juni 2023 auch in der Trinkwasserverordnung ein Grenzwert festgelegt, der ab Januar 2024 einzuhalten ist.
Die Chemikalie gilt als krebserregend. Der Grenzwert im Trinkwasser beträgt 2,5 Mikrogramm pro Liter. Gefunden wurden indessen bis zu 300 Mikrogramm pro Liter. „Wie viele Objekte im Rhein-Neckar-Kreis und der Stadt Heidelberg betroffen sind, wissen wir nicht. Wir gehen aber mindestens von einer dreistelligen Zahl aus“, so Kramer. Das Verfahren der Rohrsanierung sei in Deutschland immer noch nicht verboten und werde immer noch angewandt.
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