Schwetzingen. Einem Paukenschlag kommt es zunächst nicht gleich, wie Toto die erste Ausgabe von Musik im Park seit 2019 einleiten – und das ist keineswegs despektierlich gemeint. Stattdessen zeugt es von einem gewissen Selbstbewusstsein und von Abgeklärtheit, dass eine Band mit diesem Status völlig ohne großes Aufheben die Bühne betritt.
Mehrere Aspekte, die den Abend definieren werden, fallen schon beim ersten Song „Orphan“ auf. Da ist die wirklich beeindruckende Gesangsleistung von Joseph Williams, der oft exakt so klingt wie vor fast 35 Jahren auf dem Album „The Seventh One“. Ebenfalls von Sekunde 1 beeindruckt das Charisma von Gitarrist und Bandgründer Steve Lukather. Und dann – für Toto wirklich unerlässlich, aber nicht selbstverständlich – ist von Beginn an die musikalische Qualität der Besetzung zu spüren. Alleine aufgrund der inzwischen leider zahlreichen verstorbenen Bandmitglieder setzen Toto seit Jahren auf Session-Musiker in ihrer Live-Besetzung, haben aber stets ein ausgezeichnetes Händchen für herausragende Talente. Das zeigt sich auch in Schwetzingen vor, so der Veranstalter Provinztour, etwa 4500 Leuten.
Neben der beeindruckenden Leistung aller Beteiligten an ihren Instrumenten glänzt auch beinahe die gesamte Besetzung am Gesang. Immerhin sind mehrstimmige Arrangements schon seit der Bandgründung ein entscheidendes Merkmal von Toto-Songs und deren Live-Umsetzung fällt hervorragend aus. Dazu trägt auch der durchweg klare und differenzierte Sound bei, der allerdings eine Spur zu leise ist. Dennoch werten die Gesangsleistungen Songs wie „I’ll Be Over You“ immens auf.
Überflüssige Soli
Was jedoch ebenso zu Toto gehört wie starke Gesangsmelodien sind Solo-Einlagen der einzelnen Musiker – leider. Und obwohl diese in jeder Besetzung der Band qualitativ hochwertig sind, flaut unvermeidlich die Stimmung ab. Im Schlossgarten bleibt es bei einem Keyboard- und einem Schlagzeug-Solo, aber beide kosten die Band mindestens je einen Song. Das ist schade, kann aber auch heutzutage darin begründet sein, dass Williams und Lukather die eine oder andere Verschnaufpause brauchen.
So wie die beiden sich aber den Rest des Abends präsentieren, will man das eigentlich kaum glauben. Nicht nur, dass sie beide einen musikalisch nicht anfechtbaren Auftritt abliefern, sie wirken dabei auch noch äußerst auf dem Boden geblieben. Vor allem Lukather äußert sich in mehreren Ansagen sehr persönlich. So widmet er „I Won’t Hold You Back“ seiner verstorbenen Mutter, deren Lieblingsstück das gewesen sei – vielleicht ist diese Widmung auch der Grund, wieso das Lied die größten Publikumsreaktionen abseits der ganz großen Hits hervorruft. In einer längeren Ansprache dankt der Bandgründer den Fans und gedenkt der zahlreichen Toto-Musiker, die über die Jahre verstorben sind, insbesondere die Porcaro-Brüder. Ihnen und dem gesundheitlich angeschlagenen Ex-Sänger Bobby Kimball zu Ehren spielt die Band mit dem selten aufgeführten „Kingdom of Desire“ eine der größten Überraschungen des Abends. Danach ist es sehr schade, dass die Band ihre restlichen 1990er-Alben komplett ausspart.
Generell gelingt den Rock-Veteranen eine ausgewogene Mischung zwischen Hit-Singles und unbekannteren Stücken. So landet selten Gespieltes wie „White Sister“ und „Waiting for Your Love“ im Programm – und erntet deutlich mehr als nur Höflichkeitsapplaus, obwohl große Teile des Publikums spürbar auf die bekanntesten Stücke warten. Zu erstaunlichen Höhepunkten werden zwei Songs vom Debütalbum: ein neues Arrangement von „Georgy Porgy“, das dem Original möglicherweise sogar überlegen sein könnte, sowie eine herausragende Version von „You Are the Flower“, die besonders deshalb überrascht, weil der Song auf dem Album eher ein unauffälliges Schattendasein fristet.
Große Hits und große Reaktionen
Aber klar: Alle Publikumsreaktionen auf solche Stücke sind wenig im Vergleich zu dem, was geschieht als Drummer Robert „Sput“ Searight zum „Rosanna-Shuffle“ ansetzt und damit das namensgebende Lied einleitet – und gleichzeitig noch einmal mehr unter Beweis stellt, dass er sich nicht hinter solch namhaften Vorgängern wie Jeff Porcaro oder Simon Phillips verstecken muss. Von nun an ist tatsächlich das gesamte Publikum für mehrere Minuten in seinem Element. Die ausgelassene Stimmung können Toto natürlich nur auf eine Weise noch überbieten: mit „Africa“. Es dürfte schwer sein, einen Radiohit aus den 1980ern zu finden, der in diesem Maße unzerstörbar ist, egal, wie oft er im Radio und in Serien läuft oder zum Internetphänomen wird.
Folgerichtig verlassen Toto nach dieser selbsterfüllenden Prophezeiung kurz die Bühne. Auf frenetische Rufe nach Zugaben reagieren sie allerdings schnell und kehren zumindest für „Stop Loving You“ zurück, bevor der Abend endet. Man schaut danach weitestgehend in glückliche Gesichter, deren Besitzer aus einer wirklich jedes Mal umwerfenden Veranstaltungsstätte den Heimweg antreten.
Das Vorprogramm bestreitet wenige Stunden zuvor die niederländische Band DeWolff. Deren Bluesrock klingt stark nach den 1970ern, bleibt aber wegen einer fehlenden eigenen Note etwas blass. Dafür glänzt das Trio mit Spielfreude und sympathischen Ansagen auf Deutsch. Da die Band auf mehreren Terminen der Toto-Tour dabei ist, kann Gitarrist Pablo van de Poel schon einen Ausblick geben: „Wir haben die Show jetzt mehrfach gesehen und sie ist absolut großartig.“ Er hat Recht behalten.
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