Joerg Steve Mohr und das Ensemble vom Theater am Puls in Schwetzingen hatten im vergangenen Jahr aus der Not heraus das Open-Air-Theater im Schlossgarten Schwetzingen gemeinsam mit der Stadt und den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württembergs initiiert. Das kam prima an, alle Vorstellungen waren ausverkauft, die Leute nach den Lockdowns kulturhungrig. Doch wie sieht es in diesem Jahr – bei der zweiten Auflage von Bühne im Park – aus? Theaterintendant Joerg Steve Mohr gibt im Interview mit der Redaktion eine kleine Bilanz und einen Ausblick auf tolle Premieren und freiem Himmel sowie im Herbst dann hoffentlich wieder in seinem Schauspielhaus in der Marstallstraße.
Theater am Puls: Das Open-Air-Programm im August
Die Bühne im Park befindet sich im Schlossgarten Schwetzingen, nach dem Haupteingang geht’s links in den Seepferdchengarten. Dort stehen 90 Plätze zur Verfügung.
- Freitag, 6. August, 20 Uhr: Heute weder Hamlet – ein Vorhangzieher erzählt, von Rainer Lewandowski.
- Sonntag, 8. August, 16 Uhr: Büro, Büro – Musiktheater von Georg Kreisler.
- Sonntag, 15. August, 16 Uhr: Sultan und Kotzbrocken – nach dem Kinderbuch für Menschen ab fünf Jahre von Claudia Schreiber.
- Freitag, 27. August, 20 Uhr (Premiere): Das weiße Rössl 2020 – eine virulente musikalische Komödie von Nici Neiss und Stefan Ebert. Auch am Samstag, 28. August, 20 Uhr und Sonntag, 29. August, 16 Uhr.
Karten gibt es im Kundenforum dieser Zeitung und Online unter www.theater-am-puls.de
Es gibt keine Möglichkeit die Karten telefonisch zu reservieren. Gäste mit Gutscheinen melden sich bitte unter: 06202/92 69 996. Bei nicht ausverkauften Stücken gibt es eine Abendkasse.
Wie sind die Juli-Vorstellungen von der Bühne im Park angekommen?
Joerg Steve Mohr: Drei von bisher elf Veranstaltungen waren ausverkauft, ansonsten lagen wir bei 50 bis 80 Prozent. Die Zuschauer, die uns besucht haben, waren voller positiver Worte. Doch wir spüren durchaus eine gewisse Vorsicht bei unserem Publikum. Bisher musste auch noch keine Veranstaltung wegen Regen ausfallen.
Im August warten wieder ein paar Highlights – etwa die Premiere vom Weissen Rössl 2020. Was genau erwartet die Gäste hierbei?
Mohr: Das Weisse Rössl ist eine neue Interpretation des bekannten Operetten-Klassikers. Nici Neiss und Stefan Ebert haben kongenial dafür extra einen neuen Text und Musik geschrieben. Es ist eine Komödie, die sicherlich jede Menge Ohrwürmer bereithält. Die Handlung spielt im Jahr 2020 und ist sozusagen das Weisse Rössl im Lockdown. Wer die Operette „Das Weisse Rössl“ liebt, wird sicherlich auch seine große Freude an unserem Spektakel haben. Mit viel Witz und tollen Songs haben wir die bekannte Handlung ins Heute verlegt und wir nehmen die ein oder andere Maßnahme durchaus auf die Schippe. Aber es ist natürlich in erster Linie eine Komödie und versucht ein Stück weit auch den Geist der Vorlage einzufangen. Man könnte fast sagen, ein zweiter Teil.
Auf was dürfen sich Kinder freuen?
Mohr: Nach „Ein Schaf fürs Leben“ und „Es war einmal…“ haben wir jetzt noch „Sultan und Kotzbrocken“ am Sonntag, 15. August, um 16 Uhr im Programm. Ein tolles Stück für Kinder ab fünf Jahren. „Sultan und Kotzbrocken“ ist eine deutsch-iranische Koproduktion der KiTZ Theaterkumpanei und des Taatr Mani aus Teheran. Auch unsere letzte Veranstaltung für Kinder, die wir Dank der Theaterpädagogik der Stadt Schwetzingen ins Leben rufen konnten, war restlos ausverkauft.
Im Vorjahr waren die Vorstellungen bei Bühne im Park ratzfatz ausverkauft, diesmal läuft es verhaltener. Wie erklären Sie sich das?
Mohr: Sicherlich hat das Wetter und auch Fußball das Seinige in der ersten Hälfte im Juli dazu beigetragen. Auch scheinen Theaterzuschauer dann doch etwas vorsichtiger geworden zu sein. Wir haben durchaus das Gefühl, dass man nicht mehr so schnell eine Theaterkarte kaufen möchte. Open air ist sicherlich der eine Grund bezogen auf das Wetter, aber ein anderer ist natürlich auch, man weiß nie so recht, wann die Theater wieder geschlossen werden. Die Erfahrung hat ja gezeigt, dass wir immer zuerst zu gemacht werden. Aber gerade jetzt ist es natürlich für alle Kulturschaffenden nach dieser langen Zwangspause wichtig, dass die Zuschauer uns zeigen, dass das Durchhalten sich gelohnt hat. Es heißt ja immer, in Deutschland hätten wir keinen harten Lockdown gehabt, das mag für fast alle Bereiche richtig sein, jedoch hatten wir Kunst- und Kulturschaffenden eineinhalb Jahre ein Berufsverbot. Für uns war es durchaus ein harter Lockdown.
Planen Sie mit einer „normalen“ Spielzeit ab Herbst?
Mohr: Wir haben unsere Spielzeit ab Herbst schon fertig und hoffen, Ende August mit dem Kartenverkauf online zu gehen. Wir hoffen ganz fest, dass die Theater offen bleiben dürfen und wir so langsam wieder „Normalität“ in unseren Spielstätten haben. Denn wozu wäre sonst der ganze Aufwand mit Impfen und Testen da? Ich glaube auch, wenn es ab Herbst wieder heißt, die Theater sollen schließen, verliere ich wirklich das Vertrauen und auch die Lust. Ich finde nach wie vor, dass wir durch „die Politik“ keine Wertschätzung entgegengebracht bekommen haben – hier möchte ich gerne die lokale Politik ausnehmen.
Lassen Sie sich für die neue Spielzeit schon ins Programm schauen?
Mohr: Wir eröffnen am 2. Oktober mit E.T.A. Hoffmanns „Der goldene Topf“. Mit dieser medialen und musikalischen Produktion haben wir etwas ganz Besonderes vor. Mit Sicherheit wird diese Produktion ein Highlight und auch eine Uraufführung. Eine weitere Uraufführung folgt im November mit der von mir geschrieben Theaterfassung „Pinocchio“ nach Carlo Collodi. Etwas ganz Besonderes erwartet die Besucher im Februar: Zusammen mit Christine Rothacker und André Herdecke arbeiten wir gerade an einer Operettenfassung für zwei Schauspieler von „Eine Frau, die weiß, was sie will“ nach Louis Verneuil. Im April darf man sehr gespannt sein auf unsere neue Komödie „Brigitte Bordeaux“ von einem tollen jungen Autor Sergej Gössner. Dazwischen noch übernommene Stücke und Gastspiel-Highlights.
Noch haben wir ja das Sommer-Open-Air: Was macht Ihrer Meinung nach Theater unter freiem Himmel aus?
Mohr: Es ist natürlich etwas anderes, unter freiem Himmel zu sitzen und Theater zu sehen. Gerade jetzt in dieser Zeit fühlt man sich sicherlich auch ein Stück weit sicherer open air. Es ist natürlich auch eine ganz besondere Atmosphäre gerade auch im fantastischen Schlossgarten. Viele unserer Zuschauer haben uns schon gebeten, dies bei zu behalten. Mal schauen, was die Zeit so bringt.
Was mögen Sie lieber in Sachen Theater: indoor oder outdoor?
Mohr: Als Theatermacher finde ich indoor natürlich reizvoller, da technisch viel mehr Möglichkeiten bestehen. Auch liebe ich die Atmosphäre in unserem kleinen Theater, da man bei uns ja den Schauspielern fast auf dem Schoß sitzt und Theater somit sehr nahbar ist. Als Zuschauer, finde ich, hat beides seinen Reiz, ich sitze gerne selbst draußen unter den Sternen und genieße gutes Theater, aber fühle mich sicherlich auch gut aufgehoben im Indoor-Theater. Ich selbst fahre jetzt wieder ein paar Tage nach Berlin und habe jede Menge Karten für tolle Inszenierung in tollen Häusern. Egal ob indoor oder outdoor: Es ist jetzt wichtig, dass die Menschen sich trauen und uns zeigen, dass unsere Arbeit notwendig und wertvoll ist. Alle Theater, die ich kenne, haben ein tolles Sicherheitskonzept und sind nicht mehr oder weniger gefährlich, als der Gang in das Restaurant oder in einen Supermarkt.
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