Ärztlicher Bereitschaftsdienst

Schließung der Notfallpraxis in Schwetzingen scheint beschlossene Sache

Statt 46 Stunden Bereitschaft in Schwetzingen bietet die Kassenärztliche Vereinigung ab Sommer 2025 Alternativen in der Umgebung an: 15 Mehrstunden in Mannheim und Heidelberg. Wann die Notfallpraxis schließen soll.

Von 
Jürgen Gruler
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Die Notfallpraxis im 1. OG der GRN-Klinik in Schwetzingen soll bald der Vergangenheit angehören. © Eschwey

Schwetzingen/Stuttgart. Der Ärztliche Bereitschaftsdienst mit Sitz in der Schwetzinger GRN-Klinik soll trotz aller Proteste am 31. Juli 2025 geschlossen werden. Das gab am Donnerstagnachmittag die Kassenärztliche Vereinigung (KVBW) in Stuttgart bekannt. Sie ist damit eine von 18 Notfallpraxen im Land, die schließen müssen, wenn es nach der KVBW geht. Auch Sozial- und Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) hält das für alternativlos.

Die Patienten müssen dann nach Mannheim und Heidelberg, wo die Zahl der Arztstunden um 15 aufgestockt werden sollen. Das soll 46 Arztstunden, die bisher in Schwetzingen geleistet werden, ersetzen.

"Konzept ist Bankrotterklärung": Politiker kritisieren Schließung der Notfallpraxis

Nach dem Treffen hat die Schwetzinger Zeitung mit den drei hiesigen Landtagsabgeordneten gesprochen, die sich alle für den Erhalt der Notfallpraxis einsetzen. Andreas Sturm (CDU) sagt: „Das Konzept der KVBW ist eine Bankrotterklärung. Nur ein Drittel der heutigen Kapazität wird künftig noch abgedeckt. Der angebliche Zukunftsplan sieht vor, acht Ärztestunden in Mannheim und sieben in Heidelberg aufzustocken. Schwetzingen hat 46 Stunden, bei voller Kapazitätsauslastung. Interessanterweise kursieren verschiedene Patientenzahlen: Die KVBW geht von 14 000 Patienten in Schwetzingen aus, für sie blieben künftig drei Minuten pro Patient. Das Ministerium geht von 8700 Patienten im Jahr aus, das wären weniger als fünf Minuten pro Patient“, kritisiert Sturm.

Eine Übersicht mit Standorten, die geschlossen werden und welche "Auffangpraxen" einspringen sollen. © SZ Grafik

Die KVBW mache den zweiten Schritt vor dem ersten. „Ich fordere: Erst neue Strukturen schaffen, bevor funktionierende Strukturen zerstört werden. Erst Telemedizin aufbauen, bevor Kapazitäten vor Ort abgebaut werden. Durch diese Pläne werden Krankenhäuser und Rettungsdienste sehenden Auges überlastet“, so Sturm. Vom Sozialminister sei keine Unterstützung zu erwarten, Lucha wolle dieses Konzept so durchziehen.

Mit Unterschriftenaktion: Born will weiter für Erhalt in Schwetzingen kämpfen

Dr. Andre Baumann (Grüne) kritisiert die Vorgehensweise der KVBW: „Die Vertreter der Kommunen haben angeboten und eingefordert, dass eine Reform mit den Kommunen und den Krankenhäusern erarbeitet und getragen wird. Sehr deutlich wurde kritisiert, dass die KVBW nur noch vor Ort kommen möchte, um zu erklären und nicht um zu hören. Ich habe mich für den Wahlkreis Schwetzingen zu Wort gemeldet und dieses Angebot zur Zusammenarbeit unterstützt. Nur mit den Akteuren vor Ort auf Augenhöhe kann eine gute Reform erarbeitet werden. Ich habe eine Politik des Gehörtwerdens eingefordert. Ich habe dargestellt, dass die Notfallpraxis in Schwetzingen kerngesund und zukunftsfähig ist und sich massiv von Standorten in anderen Landkreisen unterscheidet. Darum sollte die Praxis dringend erhalten werden“, sagt Baumann.

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Daniel Born (SPD), der parteiübergreifend mehr als 11 000 Protestunterschriften von Bürgern gegen die Pläne gesammelt hat, sagt: „Der Mittag hat deutlich gemacht: Die KVBW und Minister Lucha stehen Schulter an Schulter gegen unsere Notfallpraxis. Es ist teils absurd, wie auf eine Telemedizin verwiesen wird, die es noch gar nicht gibt oder auf Personalmangel, den wir hier nicht haben. Die angebliche Erhöhung der Notfallpraxiszeiten in Mannheim und Heidelberg sind weiße Salbe. Denn schon jetzt garantieren KVBW und Minister diese nur für ein Jahr. Das heißt, in einem Jahr werden sie uns sagen, dass die Praxen nicht so stark frequentiert wurden und Stellen zurückgebaut werden können. Dass aber im selben Zeitraum die Rettungsdienste und die Krankenhausambulanz bei uns überlaufen, werden sie ignorieren. Es ist wichtig, dass wir als Region weiter entschlossen und gemeinsam für den Erhalt kämpfen.“

Chefredaktion Jürgen Gruler ist Chefredakteur der Schwetzinger Zeitung.

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