Schwetzingen. Die Stadt Schwetzingen hat sich für einen einfachen Mietspiegel entschieden, so der einstimmige Beschluss bei der jüngsten Gemeinderatssitzung. Das Votum gilt vorerst, denn den Stellungnahmen der Fraktionen nach zu urteilen können sich die Kommunalpolitiker durchaus vorstellen, in zwei Jahren auf einen qualifizierten Mietspiegel umzustellen – vorausgesetzt die Datenlage ist ausreichend. Dafür müssten aus den zehn teilnehmenden Gemeinden ähnlich viele Fragebögen an den Gutachterausschuss zurückgeschickt werden wie bei der aktuellen Erhebung.
Oberbürgermeister Matthias Steffan bezeichnete den Beschluss jedenfalls als einen „Meilenstein“: „Es ist inhaltlich richtig, dass wir an dieser Stelle für Transparenz für Mieter und Vermieter sorgen“, betonte er. Der Gemeinsame Gutachterausschuss Südwestlicher Rhein-Neckar-Kreis hatte aus insgesamt 808 Fragebögen eine Mietübersicht erstellt. Der aus allen Angaben von Mietern und Vermietern konzipierte Mietrechner lasse aussagekräftige Rückschlüsse über die durchschnittliche ortsübliche Vergleichsmiete zu, hatte Evelyn Strunck, die ehrenamtliche Ausschussvorsitzende im Verwaltungsausschuss erläutert (wir berichteten).
Dank für die „großartige Ausarbeitung“ durch den Gutachterausschuss
„Ein einfacher Mietspiegel ist im Moment besser als gar keiner“, lobte Elfriede Fackel-Kretz-Keller (Freie Wähler) „die aussagekräftige Mischung“. Orientierung sei wichtig – auch für Vermieter -, denn eine überteuerte Miete sei kein Kavaliersdelikt. „Da droht ein Bußgeld in Höhe von 50.000 Euro“. Fackel-Kretz-Keller bedankte sich für die großartige Ausarbeitung durch den Gutachterausschuss. „Es war an der Zeit, hier eine verlässliche Grundlage zu haben.“
Nils Melkus (CDU) zitierte aus der Vorlage. Demnach seien die Mieten in Schwetzingen seit 2020 um 15 Prozent gestiegen, die Nettokaltmiete habe 2023 mit 9,58 Euro pro Quadratmeter deutlich über dem bundesdeutschen Schnitt von 7,40 Euro gelegen. „Es ist daher absolut richtig, dass wir auf kommunaler Ebene die uns zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um Wohnraum zu schaffen und den Anstieg der Mietpreise zu bremsen“, so Melkus. Der Mietspiegel könne einen Beitrag dazu leisten, denn er schaffe Transparenz und Vergleichbarkeit bei den Mietpreisen.
Doch damit werde das grundlegende Problem von fehlendem Wohnraum nicht gelöst. „Wir müssen bauen, bauen, bauen“, sagte Melkus. Auf übergeordneter Ebene müsse über Baustandards geredet werden, die das Bauen immer weiter verteuern und erschweren; außerdem müssten Planungs- und Genehmigungsverfahren entschlackt und beschleunigt werden. „Auf kommunaler Ebene müssen wir die Nachverdichtung voranbringen und Bauland mobilisieren“, appellierte der CDU-Rat. Hier sei schon einiges auf den Weg gebracht worden. Als Beispiele nannte er die Schwetzinger Höfe und das Bauprojekt in der Lindenstraße.
Robin Pitsch: Gutes Beispiel für interkommunale Zusammenarbeit
Für Robin Pitsch (SPD) ist der Mietspiegel - auch in einfacher Form - ein Instrument, um Transparenz zu schaffen, er gab aber zu bedenken: „Kein einziges Neubauprojekt der letzten Jahre hat einen Beitrag zur Mietstabilisierung geleistet“. Insgesamt sei aber ein guter Anfang gemacht. Pitsch lobte die Auswertung des Gemeinsamen Gutachteraussschuss als gutes Ergebnis einer interkommunalen Zusammenarbeit. „Davon würden wir uns in Zukunft mehr wünschen“, sagte er. Denkbar wäre etwa, dass der Gutachterausschuss Träger für eine digitale Wohnungstauschbörse sein könnte. Dr. Christian Lorentz (FDP) bemängelte die „sehr kleine“ Stichprobe und fand: „Ich halte die Aussagekraft für wenige ausreichend, um da große Rückschlüsse draus zu ziehen.“
„Ein einfacher Mietspiegel hat eine geringere Beweiskraft und kann leichter angefochten werden“, sagte Dr. Michael Rittmann (Grüne). Trotzdem sieht er darin ein Instrument, um gegen Mietwucher vorzugehen. Unter Berücksichtigung einer Vielzahl relevanter Merkmale könne eingeschätzt werden, ob die Miete angemessen sei. Auch bei Modernisierungsmaßnahme sei der Mietspiegel eine wichtige Kontrollinstanz. „Zum Nachteil der Mieter führt es aber, wenn Vermieter den Mietspiegel dazu nutzen, ihre Mieten zu erhöhen, sofern sie bislang unter dem ortsüblichen Durchschnitt lagen“, gab Rittmann zu bedenken. Weil der Mietspiegel nur Neuverträge der letzten sechs Jahre berücksichtige, würden zudem ältere, oftmals niedrige Bestandsmieten nicht einbezogen, sodass die errechnete ortsübliche Durchschnittsmiete höher liegen dürfte, als es der Realität entspricht. Am Ende seiner Ausführungen machte Rittmann klar: „Wenn in zwei Jahren erneut eine Stichprobe in der jetzt erreichten Qualität erhoben wird, sollte ein qualifizierter Mietspiegel etabliert werden, um unanfechtbare Rechtssicherheit zu schaffen.“
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Auf gutem Weg