Schwetzingen. Schwetzingen präsentiert sich mit dem Themenjahr „Sommerfrische“ als Partnerstadt der Bundesgartenschau in Mannheim vom 14. April bis 8. Oktober. Bis Oktober werden auch in der Spargelstadt mehrere Veranstaltungen angeboten, bei der die Themen Natur und Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spielen. Nicht nur der Schlossgarten steht dabei im Vordergrund, sondern auch vier Persönlichkeiten: Nicolas de Pigage (300. Geburtstag), Friedrich Ludwig von Sckell (200. Todestag), Johann Michael Zeyher (180. Todestag), Karl Friedrich Schimper (220. Geburtstag) – alle in Verbindung mit der Schwetzinger Gartenkunst, sei es als Gartenarchitekt, Hofgärtner oder Wissenschaftler.
„So holen wir die Bundesgartenschau nach Schwetzingen“, sagte Bürgermeister Matthias Steffan bei der Einweihung von drei neuen Motivbänken zu Ehren von Sckell, Schimper und Zeyher. Nicolas de Pigage, dessen Geburtstag sich dieses Jahr am 3. August zum 300. Mal jährt, war bereits 2021 eine Bank gewidmet worden. Daneben wurde für den Bereich „Wasser“, mit dem die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg ihr Themenjahr 2023 überschrieben haben, eine Bank eingeweiht.
Das Projekt mit den Motivbänken wurde 2016 zum Stadtjubiläum „1250 Jahre Nennung Schwetzingens im Lorscher Codex“ entwickelt. Was als einmaliger Versuch begonnen hatte, hat sich längst zum Renner entwickelt. Die Bänke wurden schnell zu einem touristischen Alleinstellungsmerkmal. Historische Hotspots, wie die Bedeutung Schwetzingens als Brau-, Tabak- und Spargelstadt, werden ebenso thematisiert wie Beiträge zur Archäologie, Musik- oder Mobilitätsgeschichte.
Schwetzingen: Mittlerweile über 40 Motivbänke
Mittlerweile zieren über 40 Motivbänke das Stadtbild, dankte Bürgermeister Matthias Steffan Kulturreferentin Dr. Barbara Gilsdorf, Kulturmanagerin Katharina Simmert, Touristinfo-Leiterin Christiane Drechsler, Schlossverwalterin Annemieke Wagner und Grafiker Klaus Peter Deimann, der die tollen Entwürfe für die vom Bauhof umgesetzten und montierten Bänke geliefert hat. Das Projekt habe sich im Rückblick als nachhaltig erwiesen, der Parcours der Bänke als Themen- und Zeitreise habe bei Bürgern und Besuchern gleichermaßen große Akzeptanz erfahren, so der Bürgermeister. Mit dem 300. Geburtsjahr von Kurfürst Carl Theodor 2024 werde die Stadt das erfolgreiche Projekt feierlich abschließen.
Dr. Barbara Gilsdorf erläuterte die Motive der neuen Schmuckstücke. Die Bank beim römischen Aquädukt präsentiert das Thema Wasser als barockes Gestaltungselement. Architekt Nicolas de Pigage errichtete von 1779 bis 1780 die künstliche Ruine des römischen Wasserkastells mit angeschlossenem Aquädukt, der das Wasserkastell mit dem Unteren Wasserwerk verbindet. Künstliche Ruinen wurden in englischen Landschaftsgärten oft errichtet, um ein Gefühl der Erhabenheit und Einsamkeit zu erzeugen. Um die Wasserversorgung für den reichen Schatz an Weihern, Brunnen und Fontänen im Schlossgarten zu gewährleisten, ersannen Nicolas de Pigage, Peter Anton Verschaffelt und Brunnenmeister Thomas Breuer nach Versailler Vorbild ein ausgeklügeltes System der Wasserversorgung über zwei Wasserwerke, ausgestattet mit einer entsprechenden Maschinerie. Zudem wurde der Leimbach reguliert. Das Obere Wasserwerk (im heutigen Finanzamt) versorgte den Arionbrunnen, die wasserspeienden Hirsche und den Seepferdchenbrunnen. Das Untere Wasserwerk betrieb alle Wasserspiele am Badhaus, Naturtheater und römischen Wasserkastell. Die technische Meisterleistung galt schon im 19. Jahrhundert als Sehenswürdigkeit.
Motivbänke in Schwetzingen: Das verkannte Genie Karl Feiedrich Schimper
Ein paar Meter weiter am Baumlehrpfad vor dem Aquädukt steht nun die Bank für den „genialen Tausendsassa“ Karl Friedrich Schimper (1803 bis 1867). Der gebürtige Mannheimer lebte seit 1849 in Schwetzingen. Er hatte in Heidelberg Medizin studiert, doch seine Leidenschaft gehörte der Botanik. Bereits 1825 half er Gartenbaudirektor Johann Michael Zeyher mit der Ordnung seines Herbariums und machte Bekanntschaft mit dem Schriftsteller, Theologen und Pädagogen Johann Peter Hebel. Als Wissenschaftler prägte Schimper als einer ihrer Mitentdecker den Begriff der „Eiszeit“. Zudem galt er als Wegbereiter der Paläoklimatologie, entdeckte die Entstehung der Alpen durch Faltung der Erdkruste, entwickelte die Blattstellungslehre der Pflanzen und nahm physiologische Untersuchungen an Moosen vor.
Schimper war in seiner Zeit ein verkanntes Genie. Die Tragik seines Lebens war, dass er seine wissenschaftlichen Erkenntnisse vornehmlich in Form von Gedichten verfasste und sich andere Forscher die Ergebnisse aneigneten und letztlich die Lorbeeren ernteten.
Eine neue Bank am Spazierweg hinter dem Schlossgarten, mit Blick nach Brühl und Ketsch, ist dem Großherzoglichen Gartenbaudirektor, Geheimen Hofrat, Schriftsteller und Ehrenbürger Johann Michael Zeyher (1770 bis 1843) gewidmet. Zeyher wurde 1804 von Kurfürst Karl Friedrich von Baden als Nachfolger von Friedrich Ludwig Sckell zum Hofgärtner berufen. Als Großherzoglicher Gartenbaudirektor hatte er die Oberaufsicht über sämtliche herrschaftlich-badischen Gärten. Neben der Pflege des Schlossgartens und der Umgestaltung einiger Gartenpartien richtete er eine forstbotanische Gehölzsammlung ein. Mit wissenschaftlichem Anspruch legte er ein Herbarium an, das landesweit Aufmerksamkeit erregte. Seine Liebe zum Schlossgarten von Schwetzingen mündete in der Herausgabe gedruckter Gartenführer und Verzeichnisse des Baumbestandes. Sein verdienstvolles Wirken bescherte ihm die Ehrenbürgerwürde der Stadt Schwetzingen.
Nur hundert Meter weiter steht die Bank zu Ehren von Friedrich Ludwig von Sckell (1750 bis 1823). Der Sohn eines Hofgärtners und Kurfürstliche Gartenbaudirektor gilt mit der Gestaltung einiger Partien im Schlossgarten als Wegbereiter des englischen Landschaftsgartens in Süddeutschland. Kurfürst Carl Theodor hatte sein Talent und Interesse für die Gartenkünste erkannt und ihn zum theoretischen Studium nach Paris und für praxisbezogene Studien nach England entsandt. Dort machte er sich in den berühmten Gärten von Stourhead, Kew Garden und Stowe mit dem englischen Landschaftsgarten vertraut. Mit dem „Arborium Theodoricum“ schuf er zudem ein begehbares Lexikon der Botanik. 1799 wurde er zum Gartenbaudirektor für die kurfürstlichen Gärten der Pfalz und Bayerns ernannt. Als Hofgartenintendant in München ab 1804 zeichnete er zu großen Teilen für die Umgestaltung des Nymphenburger Schlossgartens und die Anlage des Englischen Gartens verantwortlich. Als Anerkennung für seine Leistungen wurde Sckell 1808 geadelt.
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