Schwetzingen. Großer Jubel am Freitagabend im Schlosszirkel der kurfürstlichen Sommerresidenz: Zum 300. Geburtstag von Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz (1724–1799) freut sich die Schwetzinger Carneval-Gesellschaft (SCG) wieder über einen Regenten. Fast zwei Jahre war das Amt nicht besetzt. Mit einer würdevollen Feier wurde Rene Kolb aus Schwetzingen als neuer Churfürst Carl Theodor inthronisiert. Lebenspartnerin Franziska Schulz steht dem 41-Jährigen als seine Gemahlin Elisabeth Auguste zur Seite.
Galaabend in Schwetzingen: Die höfische Gesellschaft wartet gespannt auf den Regenten
Das Schlossrestaurant „Theodors“ sorgte für den kulinarischen Genuss, der Galaabend wurde musikalisch begleitet von Dominic Müllers „On The Rocks“. Moderator Sebastian Schuschu begrüßte zu dem glanzvollen Fest die gespannt wartende höfische Gesellschaft. Festlich gekleidete Menschen tauchten ein in eine Zeit, als die Herren noch Perücken trugen und die Damen in prächtigen Roben durch den kurfürstlichen Garten flanierten. Leonie Hoffmann und Celina Scheu reichten dem Moderator ein dickes Geschichtsbuch.
Dem erwartungsfrohen Publikum zeigten sie Porträtgemälde von Carl Theodor von der Pfalz und seiner Cousine Elisabeth Auguste von Pfalz-Sulzbach. Mit gerade mal 17 Jahren war der entfernte Verwandte von Kurfürst Carl Philipp mit dessen Enkelin verheiratet worden. Erst nach knapp 20 Jahren Ehe war als einziges Kind ein Sohn namens Franz Ludwig Joseph zur Welt gekommen. Der lang ersehnte Stammhalter starb jedoch einen Tag nach seiner Geburt. Unter Carl Theodor erlebte die Kurpfalz eine besondere Blütezeit. Der wissbegierige Fürst förderte Wissenschaft und Künste und zeigte sich wegweisend auf dem Gebiet der Musik. Seine Sommerresidenz liebte er über alles.
Laudatio: Sehnsüchtiges Warten in Schwetzingen auf "Rückkehr unseres geliebten Kurfürsten"
Schwetzingens Schultheiß Matthias Steffan war an diesem Abend die Laudatio vorbehalten. Er stellte die hohe Persönlichkeit eloquent vor – auch im Namen des „hochwohlgeborenen Statthalters des Kurfürsten, Herrn Doctoris René Pöltl und seines 26-köpfigen Bürgerrats“. In den vergangenen zwei Jahren habe die Stadt sehnsüchtig „auf die Rückkehr unseres geliebten Kurfürsten und seiner charmanten Gemahlin gewartet“. Selbst die fünfte Jahreszeit sei ohne die Anwesenheit seiner Durchlaucht nur ein Schatten früherer Feste gewesen – „wie ein Spargelanstich ohne Sternekoch“.
Es sei endlich an der Zeit gewesen, „dass Seyne Durchlaucht zu uns zurückkehrten, an seine Residenz, damit die Sonne über unserer Stadt nie wieder untergeht, sondern für alle Zeit strahlt“. Wenn der Kurfürst heute in seiner Kutsche von Mannheim nach Schwetzingen fahre, „kann er nun am Rondell ohne Ampel so schnell wie nie zuvor zu seinem Schloss gelangen“, hatte Steffan die Lacher auf seiner Seite. Auch wegen des Denkmals auf dem Schlossplatz dürfte er seinen Untertanen nicht gram sein: „Besser auf einem Glücksschwein ins Boudoir reiten als auf einem Schlachtross in den Krieg.“
Schwetzingens Bürgermeister: "Mit unserem Kurfürsten wird die fünfte Jahreszeit nie enden“
Dann rief der Bürgermeister den geschätzten Gästen, unter ihnen Landtagsvizepräsident Daniel Born, euphorisch zu: „In der Schwetzinger Carneval-Gesellschaft beginnt mit seiner Rückkehr eine neue goldene Ära. Mit unserem Kurfürsten wird die fünfte Jahreszeit nie enden.“ Untertänigst hatte Schultheiß Steffan, seines Zeichens auch Edler vom Hofe, ein paar wohlgeformte Zeilen für Durchlaucht vorbereitet: „Vivat Carl Theodor, ruft durch die Nacht, mit Musik und Theater, so wird es vollbracht. Der Kurfürst, ein Brillant, so klug und so weise, bringt Freude und Glanz in unseren Geleise.“
Das Volk erhob sich, als Hofmarschall und Hofrath Peter Much den Herrscher ankündigte: „Seyne churfürstliche Durchlaucht, Pfalzgraf bey Rhein, Herzog in Ober- und Niederbayern, Herzog zu Jülich, Kleve und Berg, des Heiligen Römischen Reiches Erztruchsess, Fürst zu Moers, Fürst zu Waldeck und Pyrmont, Marquis zu Bergen op Zoom, Graf von Veldenz und Sponheim, Graf von der Mark und von Ravensburg, Landgraf von Leuchtenberg, Herr zu Ravenstein und Schwetzingens wahrhafter Herr – unser allergnädigster Churfürst.“
Endlich wieder ein Regent an der Spitze der Carneval-Gesellschaft in Schwetzingen
Das edle Paar schritt mit viel Würde in den Saal und ließ sich auf den angestammten Thronsesseln auf der Bühne nieder. Ehrenvorsitzender Klaus-Peter Münch nahm die Inthronisierung vor. „Wir vertrauen darauf, dass der Churfürst mit Weisheit und Entschlossenheit regieren wird. Möge er die Traditionen ehren und gleichzeitig den Blick in die Zukunft richten“, war Münch sichtlich froh, endlich wieder einen Regenten an der Spitze der Carneval-Gesellschaft zu haben. Kette und Orden wurden an das Herrscherpaar übergeben, dann wurde durch das Zeichen des Schwertes der Regentschaft die Macht verliehen.
„Wir wollen Schwetzingen in eine goldene Zukunft tragen“, genehmigte der neue Churfürst als erste Amtshandlung den Hauptgang des erlesenen Menüs. Rene Kolb ist in seinem bürgerlichen Dasein Elektromeister und Geschäftsführer der Firma Elektro-Technik Münch in Ketsch. Mit Fasnacht oder Karneval habe er bisher nichts am Hut gehabt, erzählt er der "Schwetzinger Zeitung". Elferrat Uwe Betzwieser habe ihn gefragt, ob er sich das Amt vorstellen könne. Die ehrenvolle Aufgabe dürfe aber keine „Kasperlefigur“ sein, erklärt er. Und seine Partnerin müsste auch mitmachen. Franziska Schulz wollte gerne. Die 40-jährige Krankenschwester überlegte nicht lange, obwohl sie noch nie irgendwo in die fünfte Jahreszeit eingetaucht sei.
Gewand und Kleid werden eigens angefertigt
Gewand und Kleid ließen sie eigens anfertigen. Modedesignerin Eva Seitz aus Mainz kreierte das außergewöhnliche Einzelstück aus Seide mit Spitze für die Churfürstin. Renate Cornies aus Frankfurt/Main schneiderte die Maßanfertigung aus Samt und Seide für den Churfürsten. Da waren seit Februar einige Anproben fällig, verrät Franziska Schulz. Die beiden Schneiderinnen wurden an diesem Abend mit Orden und Urkunde für ihre Modearbeiten geehrt. Die wertvollen Perücken des Rokokopaars konnten erst vor wenigen Tagen in Ulm abgeholt werden.
Tänzerische Darbietungen zu Ehren des Churfürsten fehlten nicht. Das Jugend-Tanzpaar Cloe und Giuliano, das Junioren-Tanzpaar Melina und Alessio, Aktiven-Tanzmariechen Lea und Tanzmajor Marvin zeigten in einem Medley, was sie tänzerisch so alles draufhaben. Der Churfürst wollte nicht sofort lostanzen, in seinem Alter brauche es nur noch langsamere Bewegungen, meinte Durchlaucht.
Bürgermeister Matthias Steffan und Ehrenvorsitzender Klaus-Peter Münch wurden für besondere Dienste am Hofe ausgezeichnet, bevor der neue Carl Theodor den erlauchten Gästen noch einen kurzen Ausblick zu kommenden Veranstaltungen in Kunst und Kultur gab. Rene Kolb möchte vor allem gemeinnützig tätig werden und den Erlös der Veranstaltungen Bedürftigen zukommen lassen. Die Festgesellschaft applaudierte begeistert – endlich hat Schwetzingen wieder einen Churfürsten in seiner Sommerresidenz!
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