Schwetzingen. Mit einer Matinee im Mozartsaal setzten die international gefeierte Cellistin Raphaela Gromes und ihr einfühlsamer Klavierpartner Julian Riem jetzt den Schlusspunkt unter Gromes‘ fünftes und letztes Konzert als Residenzkünstlerin der diesjährigen Schwetzinger SWR Festspiele. Unter dem Motto „Mann und Weib und Weib und Mann“ präsentierte das Duo ein Programm der Kontraste. Mit Feinsinn und Virtuosität stellten Gromes und Riem Mann und Frau, Barock und Gegenwart gegenüber: Johann Sebastian Bach (1685–1750) traf auf Lera Auerbach (*1973), Helene Liebmann (1795–1869) auf Ludwig van Beethoven (1770–1827), Clara Schumann (1819–1896) auf Johannes Brahms (1833–1897).
Zu Beginn entfalteten sich die Präludien aus Bachs „Wohltemperiertem Klavier“ in Riems Arrangements für Cello und Klavier. Jede Stimme erhielt Gewicht, jede Phrase wurde rhetorisch durchdrungen. Trotz aller analytischen Schärfe blieb der Gesamtklang weich, durchpulst von Wärme und innerer Ruhe.
Auerbachs Präludien erweitern das barocke Vokabular um eine moderne Tonalität
Lera Auerbachs drei Präludien, geschrieben in der Tradition Bachs, erweiterten das barocke Vokabular um eine moderne Tonalität. Die in Russland geborene und 1991 in die USA emigrierte jüdische Komponistin lässt ihre Musik zwischen Dur und Moll, Ruhe und Unruhe pendeln. Gromes und Riem machten aus diesen Miniaturen eindrucksvolle Charakterstudien.
Mit Helene Liebmanns „Grande Sonate“ führten die beiden Interpreten das Publikum weiter in ein weniger bekanntes Repertoire. Das Adagio erklang mit sanfter Melancholie, das abschließende Andante con Variazioni zu Mozarts Verführungsduett aus Don Giovanni sprühte nur so vor spielerischer Eleganz.
Beethovens Variationen über das Duett „Bei Männern, welche Liebe fühlen“ aus Mozarts Zauberflöte waren mehr als bloße Fingerübungen: Gromes und Riem gelang eine faszinierende Gratwanderung zwischen Opernparaphrase, kammermusikalischer Raffinesse und augenzwinkernder Ironie. Mit hellwachem Zusammenspiel entwickelten sie ein fein abgestimmtes, dialogisches Musizieren – heiter und tief zugleich.
Im Adagio affettuoso überzeugen Gromes und Riem durch lyrische Innigkeit
Clara Schumanns „Drei Romanzen“ gerieten zu zarten, doch kraftvollen Miniaturen der Romantik. Die poetische Tiefe, mit der das Duo diese feinsinnigen Stücke gestaltete, zeugte von großer Kunst. Obwohl die Komponistin die Romanzen dem Geiger Joseph Joachim widmete, entstand sie im Jahr ihrer ersten Begegnung mit Johannes Brahms. Den Abschluss bildete somit Brahms‘ „Sonate für Violoncello und Klavier“. Im Adagio affettuoso überzeugten Gromes und Riem durch lyrische Innigkeit, im Scherzo durch rhythmischen Elan und im Finalsatz überraschten sie mit einem beinahe tänzerisch-leichten Rondo-Thema – ein Glanzstück souveräner Interpretationskunst und ansteckender Musizierfreude.
Wie diese großartigen Interpreten solche Kontraste in den Griff bekamen, war schlicht atemberaubend. Das Publikum reagierte begeistert. Als Zugabe erklang das bewegende „Tropar“ der ukrainischen Komponistin Hanna Hawrylez, die kurz nach dem russischen Einmarsch 2022 an fehlender medizinischer Versorgung starb. Dieses eindringliche Werk ist auch Teil der CD „Femmes“, die Raphaela Gromes 2023 mit 24 Werken von Komponistinnen eingespielt hat – ein starkes Zeichen weiblicher Präsenz in der Musikgeschichte.
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