Schwetzingen. Es schien, als hätten sie sich vorher abgesprochen: Denn als es um die Verabschiedung des städtischen Haushaltsplans für 2025 ging, bemühten alle die Metapher mit dem Königsrecht, was die Budgetplanung auf allen politischen Ebenen eigentlich immer war. Denn dadurch hatten im Falle der Kommune die Gemeinderatsmitglieder ein starkes Instrument, die städtischen Maßnahmen zu steuern, indem sie dieser die für ihre Arbeit erforderlichen Mittel im Haushaltsplan zuweisen oder auch verweigern können. Doch Königsrecht war gestern, da waren sich alle angesichts der aktuellen Lage einig (wir berichteten).
„Unter den gegebenen Umständen scheint der Gemeinderat mittlerweile nur noch Mangelverwalter und Erfüllungsgehilfe zu sein“, meinte etwa Dr. Michael Rittmann (Bündnis 90/Die Grünen) angesichts des immer kleiner werdenden Gestaltungsspielraums. Professor Oliver Brand (FDP) sah es ähnlich: „Wir sind Könige, die nichts mehr zu entscheiden haben.“ Für Sarina Klein (CDU)ist es schon lange kein Königsrecht mehr: „Vielmehr ist es ein Ringen mit Zahlen, mit politischen Zielen und mit sich selbst: Was geht denn noch? Und was geht eben nicht mehr.“
Eckdaten des Haushalts 2025
Die Haushaltssatzung 2025 um-fasst im Ergebnishaushalt Erträge in Höhe von rund 76,6 Millionen Euro und Aufwendungen von rund 79,1 Millionen Euro. Das Ergebnis weist damit einen Fehlbetrag von rund 2,5 Millionen Euro aus.
Die Verbesserung der Ertragssituation um mehr als 2,8 Millionen Euro ergibt sich hauptsächlich aus 900 000 Euro mehr Steuereinnahmen, 600 000 Euro höhere Zuweisungen und 900 000 Euro mehr Entgelte für öffentliche Leistungen.
Die Aufwandsseite ist um rund 3,6 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dies liegt im Wesentlichen an Steigerungen im Bereich der Personalaufwendungen.
Die fünf größten enthaltenen investiven Positionen sind die Sanierung der ehemaligen Hof-Apotheke (3,2 Millionen Euro), die Sanierung des Rothacker’schen Hauses (2,6 Millionen Euro), die Erweiterung des Kindergartens St. Pankratius (1,4 Millionen Euro), der Neubau der Rad- und Fußgängerbrücke Schwetzinger Höfe (1 Million Euro) und die Neugestaltung des Schulhofs des Hebel-Gymnasiums (1,0 Millionen Euro).
Da die Einzahlungen aus Investitionen und der Zahlungsmittelüberschuss im Jahr 2025 nicht ausreichen, um alle Auszahlungen für Investitionen zu decken, verringert sich 2025 der Finanzierungsmittelbestand – also der städtische Sparstrumpf – um 12,2 Millionen auf 15,3 Millionen Euro.
Der Schuldenstand wird zum Jahresende 2025 nur noch rund 37 000 Euro betragen. In der mittelfristigen Planung ist die Stadt somit im Jahr 2026 zunächst schuldenfrei, bevor im Jahr 2027 Darlehen in Höhe von 5,6 Millionen Euro zur Finanzierung von Investitionen eingeplant werden müssen. zg
Robin Pitsch (SPD) sprach eher von Vasallenpflicht: „Bei immer mehr Pflichtaufgaben und Vorgaben durch das Land bleibt von einer freien Verfügung durch den Gemeinderat und für Projekte für die Bürger gar nicht mehr so viel übrig.“ So sah es auch Werner Zieger (Bündnis ISS): „Der König hat immer mehr Fesseln von Bund und Land. Carsten Petzold (Freie Wähler /SFW) hat schon seit der Einführung des neuen Haushaltssystems innerlich vom Königsrecht verabschiedet: „Das hat uns die Doppik weggenommen.“
Zwar gehe es Schwetzingen im Vergleich zu anderen Kommunen noch gut – Petzold sprach sogar von „mustergültig“. Aber er sieht wie seine Mitstreiter am Ratstisch dunkle Wolken am städtischen Finanzhimmel aufziehen. Denn der Haushalt 2025 habe noch einige Unwägbarkeiten. Der SFW-Sprecher rechnet mit einer deutlich höheren Rücklagenentnahme als geplant und mit einer Steigerung der Kreisumlage.
Zudem seien die vorgesehenen Fördermittel vom Land noch nicht eingetroffen. Und ein weiteres Szenario drohe mit der GRN-Klinik: „Wenn wir unser Gesundheitszentrum retten wollen, müssen wir künftig deutlich mehr an den Kreis zahlen.“ Deshalb gilt für: „Es ist nichts in Stein gemeißelt. Bei Projekten wie dem Rothacker’schen Haus und der Brücke zu den ,Schwetzinger Höfen’ müsse der Rotstift angesetzt werden oder sie müssen ganz gestoppt werden. Denn wir dürfen nicht handlungsunfähig werden und unsere Ressourcen plündern.“
Genauso sah es CDU-Sprecherin Klein: Bei der im März angesetzten Klausurtagung müssten alle Themen diskutiert werden und alle Ausgaben auf den Prüfstand: Auch geplante, Großprojekte wie das Rothacker’sche Haus oder die Pfaudler-Brücke dürften dabei kein Tabu sein. „Denn die Rahmenbedingungen haben sich verschlechtert, das müssen wir anerkennen und gegebenenfalls die Richtung wechseln.“
Bildung ganz vorne
SPD-Sprecher Pitsch nannte ebenfalls explizit die beide Großprojekte: „Aus Kosten-, Planungs-, Umsetzungs- und Zeitgründen werden einige bislang sicher geglaubte und beschlossene und auch im Haushalt verankerte Projekte noch mal auf den gemeinderätlichen Prüfstand gestellt, diskutiert, zusammengestrichen oder ad acta gelegt werden.“ Dazu gehörten eben die Brücke und auch das Museumsprojekt in seiner bisherigen Form. Oder wie es Werner Zieger (ISS) sagte: „Da müssen wir den Stecker ziehen und es wird halt nicht gebaut.“ Dr. Rittmann warnte in diesem Zusammenhang: „Es ist auch zu bedenken, dass der defizitäre Ergebnishaushalt der kommenden Jahre durch die fällig werdenden Abschreibungen belastet wird.“
Bei den Themen, die nicht unter Einsparungen oder Kürzungen leiden sollen, waren sich ebenfalls alle einig: „Für uns ist klar, Bildung immer auf die eins“, betonte Robin Pitsch. Dr. Rittmann nannte konkret den Ausbau der Zeyher-Schule als Ganztagsschule: „Das hat für uns oberste Priorität.“ Sarina Klein sieht es ähnlich: „Den Fokus auf Familien und Senioren richten.“ Professor Brand und die Freidemokraten legen ebenso Wert darauf, dass die Bildung bei Einsparungen soweit wie möglich ausgenommen wird. Bei Schulen, Kitas und Vereinen dürfe nicht gespart werden, sagte auch Werner Zieger.
Carsten Petzold brachte neben den Fixpunkten wie Schulhofsanierung oder Kita-Ausbau noch eine Komponente ins Spiel: „Die Feuerwehr ist unantastbar, da darf nicht gespart werden.“ Grünen-Sprecher Dr. Rittmann warnte davor, dass ein Sanierungsstau entstehen könnte. „Denn bei der Unterhaltung baulicher Anlagen werden im Hinblick auf den defizitären Haushalt Maßnahmen in die Zukunft verschoben.“
Und es gab – außer den beiden genannten Bauvorhaben – mehr Vorschläge, wo gespart werden kann, etwa von Sarina Klein: „Für große Kulturausgaben, Prestigeprojekte oder weiteren Schnickschnack ist gerade definitiv nicht die richtige Zeit – und da müssen wir jetzt alle Farbe bekennen und auch knallhart streichen.“ Professor Brand verwies – bei allem Respekt vor dem Geleisteten – auf die hohen Personalkosten im Rathaus: „Wir sollten bei jeder Neueinstellung fragen: Brauchen wir die oder geht es auch ohne?“ Dort zu sparen, ist für Werner Zieger ein No-Go: „Das würde heißen, dass die Arbeit auf die restlichen Schultern verteil werden muss.“
Robin Pitsch regte an, dass in gewissen Bereichen neu gedacht werden müsse, um vielleicht Kräfte zu bündeln – etwa im Bereich Tourismus, Kultur, Stadtmarketing, Gewerbe- und Leerstandsmanagement. Außerdem forderte er mehr interkommunale Kooperation mit den Nachbargemeinden: „Die haben doch alle die gleichen Probleme.“ Für ihn ist insgesamt klar: „Wir müssen uns einfach mal von klassischen Vorgehensweisen, Gegebenheiten und Strukturen verabschieden und Neues wagen.“
Jetzt setzen alle auf die Klausurtagung Ende März. „Das Ziel muss es sein, dass unsere Bürgerinnen und Bürger in Zukunft nicht schlechter gestellt sind“, wünschte sich Dr. Michael Rittmann. Oder wie es Professor Brand sagte: „Unsere Verpflichtung als Rat ist es, unserem OB mehr Gestaltungsfreiheit zu verschaffen.“ Das ist vielleicht auch ein Königsrecht – wenn auch anders als früher.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen_artikel,-schwetzingen-schwetzinger-haushalt-2025-fordert-harte-entscheidungen-_arid,2272065.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen.html