Schwetzingen. „Alles voll!“ Wer sich erst knapp vorher noch einen bequemen Sitz im Saal der Musikschule ergattern wollte, wurde mit diesem „Alles voll! Auch auf der Empore!“ zwar ein wenig robust, aber auch glasklar eindeutig begrüßt. Blieb also nur einer der Stehplätze rechts außen oder hinter der letzten Reihe – auch die waren „fer umme“. Und wer blieb, war klug und gut beraten.
Denn die folgende Stunde geriet wieder einmal zu einem Nachweis der hohen Schule chorischer Glanzleistungen in der Region: Der Schwetzinger Kammerchor Quatro Forte lud zu seinem (verzögert angesetzten) Konzert zum 30-Jahre-Jubiläum. Das wegen der erzwungenen Corona-Pause zwei Jahre später erklang und dennoch bei keiner Achtelnote auch nur zur kleinsten Kritik Anlass gäbe.
Eine Reise in die Goldenen 30er Jahre mit Quatro Forte
Zu ihrem 30-Jahre-Jubiläum hatten sich die knapp 25 Enthusiasten auf dem Podium rund um Alexander Gütinger Musik, genauer Chorklassiker der 30er Jahre, erkoren: Meisterwerke von George Gershwin („Summertime“), Cole Porter, Irving Berlin und Kollegen. Allesamt heutzutage Klassiker der U-Musik, sofern der Begriff überhaupt tauglich ist. Nein: Seelenmusik für jedermann. Und dass so mancher Besucher seiner Begeisterung beim „Kleinen grünen Kaktus“ und beim aktuellen so perfekt passenden „Wochenend und Sonnenschein“ freien Lauf lassen wollte, es aber – gottlob – beim inneren für den Nachbarn unhörbaren Mitsingen beließ, muss anerkennend und dankbar vermerkt werden.
Die Zustimmung aus Mündern und Händen war dann aber nach jedem Titel umso eindeutiger und lautstärker. Von vielen Seiten war zudem große Bewunderung für die „Ausstattung“ der Sänger zu hören: für die virtuosen Frisuren der Damen samt Gefieder und Schwarz-Silber-Accessoires, für die Cuts und Fräcke der Herren samt Zylinder – einfach ebenso stilvoll wie voll präzisen Geschmacks im Stil der „Goldenen 30er Jahre“.
Quatro Forte begeistern durch Klangkunst und harmonisches Zusammenspiel
Wer Quatro Forte noch nicht kennt, wird sich fragen: Was macht den musikalischen Rang dieses Ensembles aus? Sein rares hochpoliertes Klangbild paart sich hier mit einer offensichtlich tiefen Begeisterung am chorischen Musizieren. Dieser ungetrübte Sound gewährt eigentlich nie einer Stimmgruppe Priorität oder ungerechtfertigte Dominanz.
Da mischen sich die Stimmen perfekt, da drängt sich kein Ensemble-Mitglied vor oder ist besonders „wichtig“ – was oft bei anderen Chören unangenehm auffällt. Gerade bei den zahlreichen Unisono-Stellen lässt sich diese hohe Kompetenz beobachten. Für diese große Klangkunst allein schon verdient Alexander Gütinger einen Ehren-Segen der Heiligen Cäcilia. In Peter Schnur, dem Mann am Klavier – sorry: am Flügel – hat er einen kurzfristig eingesprungenen und dennoch zuverlässigen Tastenpartner, der von jazzigen Farben und tiefem Groove viel versteht.
Quatro Forte in Schwetzingen: Musik als Kraft und Trost in herausfordernden Zeiten
An den Comedian Harmonists kommt man bei dieser Themenwahl nicht vorbei. Denn Musik und ihre Kraft, den Weltschmerz zu bewältigen, steckt hier in fast jeder Nummer, und nicht bloß „Irgendwo auf der Welt“. Fast scheint unsere gefährdete und schwer belastete Zeit solche Töne und Gedanken dringend zu brauchen, um den Glauben an das Glück nicht zu verlieren. Musik und Gesang können helfen.
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Auch die Redner flochten solche Ideen in ihre Laudationes ein. Die oberbürgermeisterlichen Worte von Dr. René Pöltl mögen für die etlichen Rednerkollegen stehen. OB Pöltl wird die Bitte der Sängerschar nach städtischer Unterstützung etwa für Botschafter-Reisen in die Partnerstädte wohl verstanden haben.
Denn auch Quatro Forte bildet neben den Festspielen und dem Mozartfest und dem „Winter in Schwetzingen“ einen leuchtenden Stern am musikalischen Firmament der Residenzstadt.
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