Nächstenliebe

Schwetzingerin Raquel Rempp unterstützt weiterhin Menschen in Afghanistan

Von 
Katja Bauroth
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Denken Sie noch an Afghanistan und die humanitäre Katastrophe, die sich dort seit Machtübernahme der Taliban mehr und mehr ausbreitet? Corona lässt vieles vergessen, was nicht direkt vor unserer Haustür passiert – die Flutkatastrophe im Ahrtal, die Flüchtlinge, die über Weißrussland und Polen an den deutschen Grenzzäunen in der Kälte ausharren und eben die Menschen in Afghanistan. Die Schwetzingerin Raquel Rempp vergisst seit Jahren nicht die hilfsbedürftigen Menschen – weder die in Schwetzingen, noch die in Afghanistan.

Engagiert in der Flüchtlingshilfe ist sie mit Schicksalen vertraut, die eine Seele allein kaum verkraften kann. Sie weiß: „Seit der Machtübernahme der Taliban am 15. August dieses Jahres verschlechtert sich die Situation im Land Tag für Tag dramatisch. Die Menschen hungern, frieren – verhungern und erfrieren – haben zum Teil kein Dach mehr über dem Kopf, fliehen von einem Ort zum anderen und haben Angst. Große Angst. Der Winter steht vor der Tür.“

Fotos, WhatsApps, Hilferufe – kein Tag vergeht, ohne das Raquel Rempp auf ihrem Smartphone neue schlimme Nachrichten erhält, die ans Herz gehen, zu Tränen rühren. Und dazu die Hilflosigkeit, der sie sich wie viele andere ausgesetzt fühlt. „Die Menschen haben Angst, dass die Taliban und ihre Anhänger in die Köpfe der Menschen schauen und ihre Gedanken lesen können.

Viele, die dem Westen zugewandt waren, versuchen dies mit allen Mitteln zu verheimlichen. Moderne Bücher, Musik CDs und ähnliche Dinge, die auf eine moderne Welteinstellung hinweisen würden, werden versteckt, sogar vernichtet“, schildert sie.

Vor allem den Frauen in Afghanistan gehe es täglich schlechter. „Die wenigen Rechte, die ihnen in den vergangenen Jahren eingeräumt waren, werden Schritt für Schritt mit einer vehementen Konsequenz und Brutalität entzogen: Sie dürfen nicht mehr aus dem Haus – schon gar nicht allein und ohne Burka. Mädchen dürfen keine Schulen mehr besuchen. Wenn Frauen dagegen protestieren, werden sie geschlagen und ausgepeitscht. Viele Aktivistinnen wurden bereits hingerichtet.“

Gespräch in Stuttgart

Die meisten Menschen in Afghanistan fühlen sich von der Welt im Stich gelassen. Allein Deutschland sollte die noch über 18 000 dort verbliebenen Ortskräfte retten und die gemachten Zusagen einhalten. „Passieren tut aber wenig bis nichts. Das ist bitter und sehr traurig“, so Rempp.

Shafiqullah Sayaad, seit 2014 in Schwetzingen, und weitere ehemalige Ortskräfte hatten vor kurzem die Gelegenheit im Staatsministerium Stuttgart an einem Treffen mit dem Leiter der Grundsatzabteilung, Ministerialdirigent Berner sowie weiteren Vertretern betroffener Bereiche teilzunehmen.

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Rempp, die viele Familien aus Afghanistan seit Jahren begleitet und in vielen Dingen unterstützt, hatte dieses Treffen arrangiert. „Die Ortskräfte, die hier bestens integriert sind, hier zum Teil studierten und ihre Ausbildungen absolvierten, haben große Angst um ihre Familienmitglieder. Viele von ihnen haben ebenso wie sie für die Deutsche Bundeswehr und Polizei gearbeitet und sind in großer Lebensgefahr. Deswegen versuche ich weiterhin alles, um zumindest einige von ihnen zu retten. Antworten vom Auswärtigen Amt erhielt ich leider – trotz mehrfachen Nachfragen – nicht mehr. Man hüllt sich in hartnäckiges Schweigen!“, bedauert Rempp.

Und weiter: Der Austausch in Stuttgart war ein guter und konstruktiver, an dem man viele Impulse mitnehmen konnte, zitiert die Schwetzingerin das zuständige Referat. Jedoch lägen die zuständigen Handlungsmöglichkeiten auf Ebene der Bundesregierung und diese verhält sich im wahrsten Sinne des Wortes extrem verhalten, scheint sogar auf Landesebene Kritik am Handeln in Berlin aufzukeimen.

Geldspenden für Shima und Sima

Eine einigermaßen gute Nachricht hat Raquel Rempp aber doch aus Afghanistan: „Ich freue mich, dass wir es wieder geschafft haben, weitere Geldspenden an Shima und Sima und ihre Familie zu schicken. Den beiden Mädchen geht es den Umständen entsprechend gut. Über unsere Kontaktpersonen in Kunduz konnten zudem zu den Geldmitteln auch wieder Mehl, Reis, Tee, Hygieneartikel und viele andere wichtige Dinge an die hungernden Menschen verteilt werden. Die Menschen sind sehr, sehr dankbar.“ Sima (12) und Shima (6) sind zwei Schwestern, die mit verkrüppelten Gliedmaßen leben müssen. In Deutschland könnte ihnen geholfen werden. Doch um sie hierher zu bekommen, ist es noch ein harter Weg. Doch dank Spenden aus der Kurpfalz konnten den Mädchen auch schon Rollstühle beschafft werden (wir berichteten mehrfach). Und Rempp verspricht: „Wir werden weitere Spenden sammeln und versuchen, so vielen Menschen in dem Land so gut wie möglich damit zu helfen.“

Wer etwas geben möchte, kann auf folgendes Konto überweisen: IBAN: DE61 6009 0800 0000 697427 bei der Sparda Bank, Kennwort „Hilfe Afghanistan“.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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