SWR Festspiele

„Signum Saxophone Quartet“ überrascht bei den Schwetzinger-Festspielen

Bei den Schwetzinger SWR Festspielen präsentiert das „Signum Saxophone Quartet“ nicht Alltägliches auf seinen Instrumenten.

Von 
Rita Weis
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Cellistin Raphaela Gromes und Pianist Julian Riem spielen gemeinsam mit dem „Signum Saxophone Quartet“. © SWR/Bianca Bapst

Schwetzingen. Womit bringt man Saxofon in Verbindung? Jazz? Ja, natürlich. Dvořák, Piazzolla? Eher nein – oder vielleicht doch? Das „Signum Saxophone Quartet“ ist offen, „open-minded“, wie Alan Lužar bei dem Konzert im Rokokotheater sagte. Er ist der Tenorsaxofonist des „Signum Saxophone Quartet“, das aus Blaž Kemperle am Sopransaxofon, Jacobo Taddei als Altsaxofon und David Brand als Baritonsaxofon besteht.

Bei dem Konzert mit dem Titel „Sweet and Saxy“ stellte das Ensemble aus Köln ältere und neuere klassische Musik von Antonín Dvořák, Erwin Schulhoff, Viet Cuong und Astor Piazzolla vor, die für Streicher, Bandoneon und andere Instrumente komponiert worden war, nun aber für vier Saxofone transkribiert wurden.

New Yorker Arbeiten von Antonín Dvořák bei Schwetzinger SWR Festspielen

So begann das Konzert mit dem „amerikanischen“ Streichquartett Nr. 12 von Antonín Dvořák. Der tschechische Komponist schrieb das Streichquartett im Juni 1893 während seines Aufenthalts in den USA, wo er vom September 1892 bis April 1895 als Direktor des National Conservatory of Music in New York arbeitete. Motiviert durch seine US-amerikanische Mäzenin Jeanette Thurber, befasste sich Dvořák damals mit Spirituals und indigener Musik, die er als charakteristische amerikanische Musik interpretierte. „Ein Instrument, das im Charakter seiner Stimme den Streichinstrumenten nahekommt, aber mehr Kraft und Intensität besitzt als diese“, hieß es im Patentantrag von 1846 des belgischen Blasinstrumentenbauers Adolphe Sax, und so klang die „amerikanische“ Musik von Dvořák, umgesetzt mit Saxofonen glaubhaft als Musik aus der neuen Welt, die später den Jazz hervorbringen würde. „Wir lieben die Musik von Dvořák und haben uns erlaubt, sie auf Saxofon zu spielen“, erklärte Alan Lužar.

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Dann kündigte er einen „verkannten, aber großen Meister“ an, ein deutschböhmisch-jüdischer Komponist und Pianist, der den Dadaisten der Kunstszene, sowie dem Jazz und den Modetänzen seiner Zeit, aber auch dem Kommunismus nahestand. Im Dritten Reich gehörte er zu den „entarteten“ Künstlern und starb 50-jährig im Jahr 1952 im KZ Weißenburg in Bayern.

Schwetzinger SWR Festspiele warten mit einer Premiere auf

Für das „Signum Saxophone Quartet“ war es eine Premiere, in Deutschland Kompositionen des nahezu vergessenen Künstlers zu spielen, erklärte Lužar. So folgten mit dem Opus 14 fünf Stücke, die ursprünglich für Streichquartette in Anlehnung an bekannte Tänze geschrieben wurden. „Alla Valse Viennese“ hatte mit dem Walzer den Dreivierteltakt gemeinsam, aber war so schnell geschrieben, dass es mit dem traditionellen Wiener Walzer nichts mehr gemein hatte – eine musikalische Satire? In „Alla Serenata“ hatten sich dissonante Töne einschlichen. „Alla Czeca“ wurde schneller und schneller – aus Freude oder aus Stress? Die feurige „Alla Tarantella“ war kein fröhlicher Volkstanz, sondern erinnerte durch ihre tief-hämmernde rhythmische Begleitung mehr an alte Fabriken, vielleicht Charlie Chaplins „Moderne Zeiten“. Sie bildete den Abschluss dieser Suite.

Zeitgenössisch, experimentell war „Beggar’s Lace“ aus „Prized Possessions“ des 1990 geborenen, vietnamesisch-US-amerikanischen Komponisten Viet Cuong, der tatsächlich für eine Saxofonquartett geschrieben hatte. Was so alles auf dem Saxofon möglich sei, erfahre man in dem „turbulenten Ritt“ der Komposition, erläuterte Baritonsaxofonist David Brand. Verwobene Motive, die kurzfristig zu Gleichklängen verschmolzen, um sich dann wieder zu lösen – ein abstraktes Bild mit konkreten Patterns.

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Sie haben viel vom „Artemis Quartett“ gelernt, hoben die Musiker des „Signum Saxophone Quartet“ hervor, und so stammt die Bearbeitung von Piazzollas „Suite del Angel“ von Eckart Runge, einem Gründungsmitglied des Lübecker Quartetts. Natürlich erfolgte die Umsetzung für Saxofone vom „Quartet“. Die „Suite del Angel“ besteht aus vier Teilen. Sie beginnt ruhig und leise mit einer melancholischen Introduktion, „Introducción del Angel“. Der Rhythmus wurde vom Quartett durch Slap-Technik, kurze blobbende Geräusche, unterstützt.

SWR Festspiele: Kooperation mit Raphaela Gromes und Julian Riem

Deutlich temperamentvoller gestaltete sich der nachfolgende Tango, eine winzige solistische Einlage des Baritonsaxofons rief eine kurze Erinnerung an den Piazzolla Freund Gerry Mulligan wach. Es folgte die „Milonga del Angel“ und schließlich endet die Suite mit dem Tod des Engels „La Muerte de Angel“. Der letzte Teil beginnt mit einer Fuge, hat einen ruhigen Mittelteil und kehrt zum Schluss wieder zur Fuge zurück, jedoch mit aggressiverem Charakter und teilweise dissonanter Klangballung.

Das Publikum reagierte mit enthusiastischem Beifall für die Saxofonisten, die zum Schluss zwei Zugaben spielten – eine reichte den Besuchern nicht.

Die Loslösung vom Jazz, verbunden mit der Öffnung für anderen musikalischen Genres, so auch zur Klassik, ist heute das Bestreben vieler Saxofonisten. Beim S“ignum Saxophone Quartet“ ist ein guter, temperamentvoller Einschlag von Balkanmusik nicht zu überhören. Das Ensemble war – nach eigenen Angaben – zum zweiten Mal in Schwetzingen. Auf dem Programm des allmählich zu Ende gehenden Festivals stand in diesem Jahr noch ein weiteres Konzert des Quartetts zusammen mit der Cellistin Raphaela Gromes und dem Pianisten Julian Riem. Die Musiker spielten hier als „Big-Band-Orchester“.

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