Schwetzingen. „Wenn ich nun meine Geschichte erzähle, dann möchte ich vor allem eines: betroffenen Menschen Mut machen, ihnen mitteilen, dass es Hilfe gibt und man nicht alleine ist und ganz wichtig: Es trifft einem selbst keine Schuld.“ Yvonne Noller strahlt pure Überzeugung und eine große Portion Selbstbewusstsein aus. Dass die Schwetzingerin einmal fast doppelt so viel Gewicht auf die Waage gebracht hat als heute, mit vielen Krankheitsbildern zu kämpfen hatte und jeder Tag in ihrem Leben geprägt war von mangelnder Energie, Erschöpfung bei der geringsten Anstrengung sowie Unbeweglichkeit, scheint schier unglaublich. Die sympathische junge Frau wirkt beim Treffen mit unserer Zeitung wie ein fröhliches Energiebündel!
Doch das war alles einmal anders, öffnet sie sich in einem sehr persönlichen Gespräch: Denn neben den körperlichen Einschränkungen war da noch die psychische Belastung, wenn wieder einmal hinter vorgehaltener Hand oder ganz offen über ihr Körperformat gelästert wurde. „Als Kind, als Jugendliche und auch als junge Erwachsene war ich völlig normalgewichtig und machte gerne Sport.
Mit der Schwangerschaft fing alles an: Yvonne Nollers Leidensweg durch Übergewicht und Unverständnis
Ich war immer aktiv. Erst mit meiner ersten Schwangerschaft Anfang 30 begannen meine Gewichtsprobleme“, erinnert sich die Zahntechnikerin. Damals habe sie in der Schwangerschaft 30 Kilo zugenommen, die auch nach der Entbindung und in der Stillzeit nicht, wie bei vielen Frauen üblich, verschwanden: „Genau das Gegenteil war bei mir der Fall. Obwohl ich mich viel bewegte, stillte und mich auch völlig normal ernährt habe, nahm ich kontinuierlich zu. Manchmal zeigte die Waage von einem auf den anderen Tag fünf Kilo mehr an.
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Ich war völlig verzweifelt und wendete mich an meinen Hausarzt. Sein erster Rat war: mehr Sport und weniger Essen. Doch damit war mir nicht geholfen.“ Durch eine Blutanalyse wurde eine Autoimmunkrankheit festgestellt, doch die verordneten Medikamente brachten keine Besserung. Noller: „Weiterhin wurde Lipödem und Lymphödem diagnostiziert – und ich wurde erneut schwanger.“ Danach brachte sie 120 Kilo auf die Waage. „Es fühlte sich so an, als ob mein Körper kein Teil mehr von mir wäre. Ich hatte Schmerzen. Bluthochdruck, eine Fettleber und eine Insulinresistenz wurden diagnostiziert. Und das alles, obwohl ich mich normal ernährt habe.“
Nach Diagnose, Vorurteilen und Schmerzen: Volles Vertrauen in die Ärzte
Besonders schlimm: „Oft wurde ich der ‚Lügen‘ bezichtigt, denn viele dachten, ich würde einfach unkontrolliert essen. Mein Mann und meine Familie, die ja wussten, dass ich eher ,aufpasse‘ als ‚über die Stränge zu schlagen‘ haben immer zu mir gehalten und gaben mir alle Unterstützung“, erzählt die Mutter zweier Mädels. In der Reha kam erstmals das Thema Magen-Operation (Magen-Verkleinerung) auf: „Eine Ärztin sprach mich darauf an.“
Schließlich habe sie Kontakt zum Adipositas-Zentrum in Mannheim und der dortigen Selbsthilfegruppe aufgenommen: „Ich fühlte mich direkt von den Ärzten sehr gut betreut und vor allem verstanden. Meine Werte wurden dort genau analysiert und ein kompletter Check gemacht.“ Die Mediziner schauten dabei nicht nur auf Gesundheitswerte, die Ernährung und die Bewegung, sondern auch auf die Psyche. „Insgesamt war es ein langer Prozess, bis alle Gutachten vorhanden waren, damit einer Magen-OP nichts mehr im Wege stand. Ich habe mich sofort dafür entschieden, auch wenn ich wusste, dass dieser Weg kein einfacher werden würde“, erzählt Yvonne Noller.
Magenoperation bei Übergewicht: Schwetzingerin geht mutigen Schritt
2021 war es dann so weit. Es gibt verschiedene Operationsmethoden und sie verließ sich darauf, dass die Ärzte die für sie richtige wählten. Ein Vertrauen, das belohnt wurde. Schon kurz nach der OP, bei der etwa zwei Drittel des Magens ‚stillgelegt‘ wurden, seien Bluthochdruck und Insulinresistenz nicht mehr nachweisbar gewesen. Noller: „Mein Körper wurde quasi neu eingestellt und ich konnte am Anfang nur ganz kleine Portionen zu mir nehmen. Man muss erst lernen, wie und was man isst, dafür hatte ich eine Ernährungsberaterin.
Zusätzlich benötige ich unter anderem Vitamine und es dauerte ungefähr eineinhalb Jahre, bis ich gelernt habe, was ich zu welcher Zeit benötige.“ Bei geringen Mengen von Essen und einer komplett anderen Verwertung komme es sehr darauf an, was man esse, wie man es zubereite und was Priorität habe, erklärt die Schwetzingerin und macht deutlich: „Dies begleitet mich nun für den Rest meines Lebens.“
Fazit nach der Magen-OP bei Yvonne Noller: „Ich fühle mich wieder wohl“
Parallel erfolgte eine engmaschige Kontrolle ihrer Werte, doch es passierte das Erwünschte: Die überflüssigen Pfunde purzelten und Yvonne Noller hat nun ein Normalgewicht. Eine Bauchdeckenstraffungs-Operation hat die Schwetzingerin mittlerweile ebenfalls erfolgreich hinter sich gebracht. „Ich kann heute sagen: Ich habe mir durch diesen, wenn auch sehr anspruchsvollen Weg, mein Leben wieder zurückgeholt.
Endlich waren gemeinsame Aktivitäten mit meiner Familie wieder möglich und meine Lebensqualität stieg. Alles, was ich nun beachten muss, ist es für mich wert. Meine Familie und besonders meine Kinder freuen sich, dass wir nun ganz viele Dinge unternehmen können, die vorher nicht gingen. Ich fühle mich einfach wieder wohl“, ergänzt Yvonne Noller überzeugt und strahlt dabei voller Lebensenergie.
Hintergrund und Kontakt
Was ist Adipositas? Als Adipositas bezeichnet man eine chronische Ernährungs-und Stoffwechselstörung mit Krankheitswert, die durch starkes Übergewicht gekennzeichnet ist. Ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 liegt laut WHO eine Adipositas vor. Adipositas gilt als Risikofaktor für Krankheiten wie unter anderem Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheiten, Krebs und psychische Störungen.
Adipositas Selbsthilfegruppe in Mannheim (für die Region), Ansprechpartnerin: Marion Rung-Friebe, Telefon 0172/37 63 913, E-Mail: marion.rung-friebe@t-online.de. csc
Natürlich müsse jeder, der diesen Schritt in Erwägung ziehe, für sich persönlich eine Entscheidung treffen. Doch immer wieder betont sie, dass man ganz individuell Hilfe und Beratung bekomme. „Ich bin nun endlich wieder ich und mein Vertrauen hat sich gelohnt. Ich wusste an einem Punkt einfach: Egal, was kommt, es kann nur besser werden, und so war es auch“, so Yvonne Noller glücklich.
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