Wer am Veganuary mitmacht, ist ihr vermutlich schon begegnet: „Die Veganer und ihr Soja sind Schuld an der Abholzung des Regenwaldes.“ Hinter dieser weit verbreiteten Aussage verbirgt sich allerdings gefährliches Halbwissen. Richtig ist, dass vegan lebende Menschen im Schnitt bewusst mehr Sojaprodukte, etwa Tofu oder Sojadrink, konsumieren als Mischköstler. Nicht bedacht wird, dass Mischköstler unbewusst mehr Soja verzehren als Veganer.
Fast drei Viertel der weltweiten Sojaernte landet nämlich, bevorzugt in Form von Schrot, in Futtertrögen der industriellen Tierproduktion. Vor allem Schweine und Hühner werden damit gefüttert. Etwa 18 Prozent der Ernte wird zu Öl verarbeitet, das sich etwa in Margarine findet, aber zunehmend auch in Form von Biodiesel genutzt wird.
In den Soja-Hauptanbauländern in Südamerika und den USA werden bevorzugt gentechnisch veränderte Sorten verwendet. Mit dem Konsum von Fleisch nimmt ein Mischköstler also indirekt dieses Soja auf.
Bedenkt man dann noch, dass in Brasilien 65 Prozent der abgeholzten Regenwaldflächen laut Albert-Schweitzer-Stiftung für die Rinderhaltung genutzt werden, wird der ökologische Fußabdruck, den Mischköstler hinterlassen, gleich noch etwas größer.
Wer im Supermarkt mal einen Blick auf ein Päckchen Tofu wirft, stellt fest, dass es sich dabei in den meisten Fällen um ein Bioprodukt handelt – mit Soja, das in der Regel in der EU angebaut wird. Dort gibt es zum einen keinen Regenwald, noch dazu ist der Anbau gentechnisch veränderter Sorten im Ökolandbau verboten. Für ein veganes Sojaprodukt wird zudem weitaus weniger Soja pro Kilogramm verglichen mit dem Futtermittel für Nutztiere benötigt.
Nur zehn bis maximal 35 Prozent der Energie, die ein Nutztier in Form von Kalorien aufnimmt, steckt am Ende in dessen Fleisch, Milch oder Eiern. Die restliche Energie wird für überlebensnotwendige Vorgänge, für Stoffwechselprozesse, benötigt.
Reden wir über die Abholzung des Regenwaldes durch den Soja-anbau, müssen wir also vor allem über eines reden: über den enormen Fleischhunger.
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