Gastronomie

Streit um Heidelberger Imbiss "Hakim's": „Sie zerstören ein Stück Kultur“

Hakim Mossa soll seinen legendären Imbiss in Heidelberg wegen fehlender Genehmigung zurückbauen. Noch weigert er sich - und hat jetzt eine saftige Strafe erhalten. Muss die Stadt am Ende räumen?

Von 
Julian Eistetter
Lesedauer: 
Hakim Mossa betreibt seit bald 20 Jahren seinen Imbiss in der Sickingenstraße in Rohrbach. In seiner jetzigen Form wird er aber keinen Bestand haben. © Julian Eistetter

Heidelberg. Der Geruch von Bratfett und Barbecue-Sauce hängt in der Luft. Hakim Mossa steht hinter der Plexiglasscheibe, die den Küchenbereich seines Imbisswagens zum angebauten Gastraum abtrennt. Hinter ihm garen Spareribs auf dem Grill. Das Brutzeln mischt sich mit der Musik, die aus einem Lautsprecher kommt. Mossa verschwindet kurz im Kopfteil des Fahrzeugs, kruschtelt herum und kommt dann mit einem Papier zurück.

Die Stadt hat mir einen netten Brief mit einer Rechnung geschickt.
Hakim Mossa

„Die Stadt hat mir einen netten Brief mit einer Rechnung geschickt“, sagt er und lächelt gequält. Ein Zwangsgeld von 5000 Euro soll der Betreiber des legendären Schnellrestaurants „Hakim’s Imbiss- und Steakhaus“ in Heidelberg-Rohrbach bezahlen. Er hat gegen ein Ultimatum verstoßen, seinen Betrieb bis zum 15. August auf die genehmigten Maße zurückzubauen. Nicht zum ersten Mal. Seit Jahren streitet er mit der Stadt. Den weit über die Region hinaus beliebten Imbiss wird es wohl nicht mehr lang in seiner jetzigen Form geben.

"Hakim's" in Heidelberg: Alles beginnt Anfang der 2000er mit einem Imbisswagen

Darum geht es: Anfang der 2000er, welches Jahr genau weiß er nicht mehr, eröffnet Mossa seinen Imbiss auf dem Eckgrundstück zwischen Sickingenstraße und Im Bosseldorn. Eigentlich hat er damals einen anderen Standort in der Nähe ins Auge gefasst, doch dieser lässt sich nicht realisieren. Und so tritt er mit der Stadt in Kontakt, ob er nicht das verwilderte Areal bekommen kann. Er beginnt zunächst mit einem Imbisswagen, baut dann in den Folgejahren aber schnell an, nachdem er den Untergrund begradigt hat.

Teppiche, Möbel und jede Menge Dekoration sorgen für eine besondere Atmosphäre in dem Anbau – dieser wurde jedoch nie genehmigt. © Julian Eistetter

Vor seinem Wagen entsteht ein Pavillon, eine Art Wintergarten, den er mit Teppichen auslegt, mit Tischen, Stühlen und Sofas heimelig gestaltet. Unmengen von Bildern und Dekoartikeln hängen und stehen hier. Regale und alte Holzkommoden mit Spielen und Büchern darin. „Vieles habe ich vom Flohmarkt, anderes haben Kunden mitgebracht“, berichtet der aus Afghanistan stammende Mossa. Auch im Außenbereich stehen einige Tische, umgeben von Kletterpflanzen und Büschen.

Der Imbiss in Rohrbach ist anfangs vor allem bei den US-Soldaten beliebt

Hakim’s Imbiss entwickelt sich schnell zum absoluten Renner. Insbesondere die damals noch in Heidelberg stationierten US-Soldaten fahren voll auf Mossas Köstlichkeiten ab. Die Spareribs sind der absolute Verkaufsschlager, doch es gibt auch Lammhaxe, Currywurst, Chicken Wings, Frikadellen, Steaks oder orientalische Suppe. Mit seinem Angebot und seinem skurril-lauschigen Interieur schafft es der heute 67-Jährige in zahlreiche Reise- oder Restaurantführer, Marco Polo führt den Imbiss genauso wie der Fritten-Humboldt.

Mossa zeigt das Schreiben mit der Zahlungsaufforderung der Stadt. © Julian Eistetter

Das Problem ist nur: All die Anbauten sind nicht genehmigt worden. „Man hat mir damals gesagt, ich soll so bauen, dass man es wieder entfernen kann“, sagt Mossa. Jahrelang habe sich niemand gekümmert, dann habe es Personalwechsel im Bauamt gegeben. Und damit sei ein Sinneswandel gekommen. So stellt es jedenfalls der Imbiss-Betreiber dar.

Für die Stadt Heidelberg kommt eine Gaststätte nicht in Frage

Vor etwa vier Jahren kam die Stadt, der das Grundstück gehört, erstmals auf ihn zu und forderte den Rückbau. Genehmigt ist an dieser Stelle ein „standortfester Imbisswagen sowie ein Lagercontainer“, teilt eine Verwaltungssprecherin auf Anfrage mit. Der Betriebszweck sehe eine schnelle Verköstigung der Kunden vor, mit nur kurzem Aufenthalt und wenig Verweildauer. Eine Gaststätte mit Sitz- oder Stehplätzen, wie sie derzeit existiert, sei nicht zulässig und komme auch nicht in Frage.

Im Jahr 2021 gab es bereits einen gerichtlichen Vergleich

Da hilft auch der gute Ruf von Hakim’s Imbiss nicht. Zumal in den vergangenen Jahren schon mehrere Fristen verstrichen sind. Beide Parteien trafen sich auch schon vor Gericht. Das Verfahren endete im August 2021 mit einem Vergleich, der den Rückbau bis September 2022 vorsah.

Der Imbiss von außen. Rechts der genehmigte Wagen, links der Eingangsbereich zum nicht genehmigten Anbau. © Julian Eistetter

Doch Mossa, eigentlich schon im Rentenalter, hat es nicht übers Herz gebracht. „Meine Kunden lieben das Ambiente, die Atmosphäre. Geschäftsleute, Familien mit Kindern, sie alle kommen hier her zum Essen“, sagt er. „Sie sagen, es ist wie Urlaub bei mir.“ Das bestätigt ein Kunde, der gerade seine Spareribs bezahlt. „Alles super, wie immer“, sagt er. „Hoffen wir, dass alles gut wird.“ Er komme regelmäßig die 60 Kilometer aus der Pfalz gefahren, um bei Mossa zu essen. Wie er von dem Imbiss erfahren hat? „Das ist eine verrückte Geschichte. Ich war in Zagreb im Urlaub. Neben mir am Tisch haben zwei junge Leute Ribs gegessen. Ich habe sie gefragt, wie sie sind. Sie sagten: Gut, aber es sind nicht die Besten.“ Die gebe es bei Hakim‘s in Heidelberg.

Wenn sich der Betreiber weiter weigert, droht die Zwangsvollstreckung

„Die schaden nicht mir, die schaden Heidelberg“, sagt der 67-jährige Betreiber, der einst durch das Geschäft mit Pelzen aus Afghanistan nach Heidelberg kam. „Sie zerstören ein Stück Kultur.“ Er glaubt, dass vor allem die Neuentwicklung des Viertels nach dem Abzug der Amerikaner dazu geführt habe, dass sein Imbiss nicht mehr ins Bild passe. „Das macht mich traurig.“

Mehr zum Thema

Eröffnungsspiel

Kegelbahnen in der Plankstadter Mehrzweckhalle sind bereit für die Bundesliga

Veröffentlicht
Von
Noah Eschwey
Mehr erfahren
Im Portrait

Von Ketsch nach Australien: Ernst Jäck kochte für Kohl, Clinton, Jelzin und Obama

Veröffentlicht
Von
Caroline Scholl
Mehr erfahren
Gastronomie

Hotelier und Gastronom aus Hockenheim beschreibt Lage der Branche

Veröffentlicht
Von
Henrik Feth
Mehr erfahren

Wie er jetzt weiter vorgehen will, weiß er noch nicht genau. „Ich werde jetzt mit meinem Anwalt sprechen“, sagt er. Viel Zeit bleibt ihm dafür aber nicht. Zumindest was die Bezahlung der 5000 Euro angeht. Denn diese seien „unverzüglich nach Erhalt des Bescheides“ zu zahlen. Andernfalls droht die Zwangsvollstreckung. Zwang könnte letztlich auch beim Rückbau des Imbisses das letzte Mittel sein - wenn es Mossa weiter nicht übers Herz bringt, sein Lebenswerk mit eigenen Händen wieder einzureißen.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen