Schloss

SWR Festspiele in Schwetzingen: Melodien mit Duftnoten

Von 
Viktoria Linzer
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Le Concert des Parfums: Natasia Mirkovic, Parfumdesignerin Ursula S. Yeo, Michel Godard, Airelle Besson und Bruno Helstroffer gestalten mit Bannerträgern (vordere Reihe) ein ganz besonderes Konzert. © Linzer

Schwetzingen. Die SWR Festspiele bieten den Klassikfans jedes Jahr ein sorgfältig zusammengestelltes Programm mit hochkarätigen Künstlern. Der vergangene Samstagabend war aber nicht nur für die Ohren etwas Besonderes, sondern bot ein Gesamterlebnis aus Musik und Duftkompositionen, die sich perfekt ergänzten.

Auf diese „Grenzgänge“ begaben sich diesmal vier Musiker, die in ganz unterschiedlichen Musikepochen zu Hause sind. Auf der Bühne harmonierten Michel Godard, Natasia Mirkovic, Airelle Besson und Bruno Helstroffer mit einer überraschenden Kombination aus Instrumenten und Werken. Die Grenzen zwischen den Epochen von Barock bis Jazz wurden aufgeweicht und es entstand etwas völlig Neues. Fast jedes Stück erhielt einen eigenen unverkennbaren Duft, den Parfumdesignerin Ursula S. Yeo, inspiriert von der Musik während der Proben, komponiert hatte. Eröffnet wurde das Konzert im Jagdsaal mit einem greorianischen Gesang, der von Godard auf dem Serpent gespielt wurde. Dieses Blasinstrument mit hölzernem Mundstück ist ein Vorfahre der modernen Tuba und verzauberte die Zuhörer durch seinen warmen Klang. Als Jazzer und Tubaspieler, aber auch als Komponist ist Michel Godard bei den Zuhörern ein gerngesehener und gehörter Gast. Bei seinen Musikerkollegen wird er vor allem für seine Experimentierfreude geschätzt. So auch von Natasia Mir-kovic, die wiederum mit ihrer Stimme eine unvergleichliche Atmosphäre schuf. Die aus Bosnien-Herzegowina stammende Opernsängerin lebt und arbeitet in Wien, begeistert aber auch mit Musik aus dem Balkan sowie aus der Barock-Epoche. Nach einem solchen Sprung von einem Traditional aus Kosovo zum Komponisten des 17. Jahrhun-derts Francesco Cavalli, kehrte das Ensemble zurück in die Gegenwart. Aus der Feder von Godard stammt „Acqua alta“, eine Zusammenarbeit mit Mirkovic, die erklärt: „Ich schreibe gerne Texte und so habe ich seine Musik vertextet. In ,Acqua alta‘ ging es um die Zeit, die vergänglich ist, aber stehen bleibt – Zeit als Momentum, das fließt.“ Godard griff zum E-Bass und trat in einen Dialog mit Bruno Helstroffer, der seine Fertigkeit an der Theorbe an diesem Abend noch oft unter Beweis stellen sollte. Lässig entspannt ging die Improvisation zu Airelle Besson an der Trompete über, während ein würzig-frischer Duft durchs Publikum wehte. Diesen verbreiteten zwei Bannerträger, die die weißen Stoffbahnen wie auf einer mittelalterlichen Fahne zuerst Richtung Künstler wehten und dann durch den Saal prozessierten.

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Nach der nächsten Komposition von Godard „1000 anni Dopo“, in der es freundlich und experimentierfreudig zuging, reihte das Quartett nahtlos „La suave melodia“ aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts an. Hier eröffnete Helstroffer mit einem virtuosen Solo. Als klassisch ausgebildeter Gitarrist erweiterte er sein Können auf der Theorbe, die zur Familie der Lauteninstrumente gehört. Die Übergänge waren trotz des riesigen Zeitabstands der Entstehung fließend, Godards Kompositionen wechselten sich mit Barockstücken ab. Ein Stück kündigte Godard selbst an „Old Spanish Love Song“. Die Künstler ließen sich von den Düften inspirieren, Besson improvisierte eine jazzige Melodie auf der Trompete und zeigte, was sie einerseits in Oxford und Paris, andererseits in Zusammenarbeit mit verschiedenen Ensembles erreicht hatte.

Festspiele in Schwetzingen: Kreativität wird gelobt

Für die Konzertbesucher, die sich auf einen dieser „Grenzgänge“ begeben hatten, war es ein sanftes Erwachen aus einem Traum, den man gerne noch länger geträumt hätte als das Quartett zum Schlussapplaus die Parfumeurin Yeo auf die Bühne holte. „Für empfindliche Näschen wäre das Konzert vermutlich eine große Herausforderung gewesen“, scherzt Julia Freytag aus Mannheim nach der Fülle an Düften, honoriert aber auch die außergewöhnliche Idee, die dahintersteckt: „Das Konzert war für mich eine Erfahrung der besonderen Art. Die Kombination von Musik und Duft war kreativ und reizvoll. Ich fand es unterhaltsam und kann jedem nur empfehlen, sich auf Neues einzulassen und seine eigenen Erfahrungen damit zu machen.“

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