Schlosstheater

Theater im Schwetzinger Schloss: Pinocchio begeistert Kinder für Klassik

Das Kammerorchester Concierto München und das Puzzletheater begeistern mit einer einfühlsamen Aufführung von Pinocchio. Die Musik von Rossini und die Charaktere sorgen für eine kurzweilige Vorstellung im Rokokotheater.

Von 
Marco Montalbano
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Geppetto (Carlos Domínguez-Nieto) ist froh, dass er Pinocchio geschaffen hat. © Marco Montalbano

Schwetzingen. Es ist ein Stoff, der nichts an Aktualität verloren hat, auch wenn er schon über 140 Jahre alt ist: Die märchenhafte Geschichte des italienischen Autors Carlo Collodi über eine zum Leben erwachte Holzpuppe namens Pinocchio. Denn die kleine Holzfigur muss lernen, sich in einer Welt zurechtzufinden, auch wenn sie nicht immer nur gut ist. Leicht abgewandelt und wunderbar gefühlvoll auf Musikstücke von Gioacchino Rossini abgestimmt, überzeugte das Kammerorchester Concierto München und das Puzzletheater mit einer stimmigen Aufführung, die für Begeisterung bei ihrer erklärten Zielgruppe sorgte, die da lautete: Menschen von fünf bis 100.

Spätestens seitdem der bekannte italienische Autor und Journalist Giorgio Manganelli in den späten 1970er Jahren in seinen Schriften dazu aufgerufen hatte, Pinocchio als Geschichte für Erwachsene zu betrachten, geriet die Erzählung in all ihrer Vielschichtigkeit auch in den Fokus der älteren Generationen.

Paula Domínguez als Pinocchio und Çagla Sahin als sprechende Grille begeisterten. Im Hintergrund das Kammerorchester Concierto aus München. © montalbano

Gespannt saßen am Samstagnachmittag Kinder mit ihren Eltern oder Großeltern im wundervollen Ambiente des Rokokotheaters und wurden in die Welt des Geigenbauers Geppetto, gespielt von Carlos Domínguez-Nieto, entführt. Dieser ist Chefdirigent und künstlerischer Leiter des Orquesta de Córdoba in Spanien und künstlerischer Leiter des Kammerorchesters Concierto München. Dass Geppetto im Original ein Holzschnitzer von Beruf ist, war eine von mehreren Anpassungen, die das Team um Domínguez-Nieto vorgenommen hatte.

Musik spricht bei Theater von Pinocchio in Schwetzingen für sich

Als Erzählerin fungierte die sprechende Grille, in deren grüne Kleidung Çagla Sahin geschlüpft war – sie stellte sozusagen das personifizierte Gewissen des eben erst lebendig gewordenen Pinocchio dar. Rossinis Musik wurde zu vertonten Gefühlen, man fühlte mit Pinocchio mit, großartig mimisch dargestellt von Paula Domínguez.

Das Stück kam mit wenig gesprochenem Text aus, denn die Musik sprach für sich und drückte alles Mögliche gut aus: Unsicherheit, das schlechte Gewissen des Jungen oder die leicht bedrohliche Anwesenheit der beiden Gauner Fuchs und Kater, die meist von Klarinette, Oboe und englischem Horn dargestellt wurden. Eine helle Freude für alle, nicht nur für Freunde von Prokofjews „Peter und der Wolf“. So erlebte Pinocchio seine gut nachvollziehbaren Abenteuer, die mit wenigen Erläuterungen der Grille, die stets in Reimen sprach, auskamen, bis er dann endlich zu einem Jungen aus Fleisch und Blut wurde.

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Besonders kindgerecht war die Kommunikation mit dem Publikum, wobei nicht nur die Kleinen nach Aufforderung von der Bühne nach der guten Fee riefen. Generationenübergreifend hatten alle Spaß an dem Stück, wie die häufigen Heiterkeitsausbrüche im Publikum unschwer erkennen ließen – etwa, als die Hauptfigur sich in einen Esel verwandelte oder das Goldstück vom Feuerfresser nicht herausgeben wollte. Es war eine kurzweilige Stunde, die allen gefiel und der Wunsch nach mehr war den Kindern ins Gesicht geschrieben. So begeistert man Kinder für Klassik.

Grille, Fuchs und Kater sprechen in Rokokotheater Schwetzingen in Reimen

Der sechsjährige Theo aus Sinsheim meinte im Anschluss: „Das war so schön“, auch wenn er die Geschichte noch nicht gekannt habe. Und die achtjährige Anna Kopf aus Schwetzingen sagte: „Das war wirklich toll.“ Sie kannte Pinocchio, lerne selbst schon seit zwei Jahren Violine und liebe daher ganz besonders die klassische Musik. Vater Fabian kommentierte: „Das war ein Stück sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Mir hat es auch sehr gut gefallen. Es war toll umgesetzt.“ Dirigent und Geppetto-Darsteller Carlos Domínguez-Nieto erläuterte: „Wir sind in der Regel einmal im Jahr im Rokokotheater.“ Pinocchios Aventüren hätten sie zum ersten Mal im November 2009 aufgeführt, seitdem schon über 30-mal. Vor einem Jahr hätten sie das Stück wieder in ihr Repertoire aufgenommen.

Die passenden Rossini-Stücke auszusuchen und mit der Aufführung in Einklang bringen, habe ziemlich lange gedauert. Eine Arbeit, die er gern gemacht habe. „Es ist immer wieder fantastisch zu sehen, wie die Kinder mit weit aufgerissenen Augen dasitzen, staunen und im Stück mitgehen.“

Auch dass im Stück in Reimform gesprochen würde, was heute viel zu selten vorkomme, käme gut an und sei ihm wichtig. „Hier werden die Kinder zum einen an klassische Musik herangeführt und gleichzeitig werden auch ihre sprachlichen Fähigkeiten erweitert. Gezielt haben wir auch der Fantasie des Publikums genügend Raum gelassen. Denn in unserer heutigen Zeit wird so viel durch die Medien vorgegeben, dass die eigene Vorstellungskraft zu kurz kommt. Aber sie ist noch da und kann von den Kindern gerne wieder mehr entdeckt werden“, sagt der Dirigent und Gründer des Kammerorchesters.

Paula Domínguez hatte ebenfalls ihre Freude. „Die Schauspielerei bereitet mir große Freude, genau wie die Interaktion mit den Kleinen.“

Freier Autor Freier Journalist. Davor Pressereferent. Studium der Politikwissenschaft.

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