Schwetzingen. Mit Wolfgang Amadeus Mozarts letztem Klavierkonzert B-Dur gastiert das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim am Samstag, 28. September, um 19.30 Uhr beim Schwetzinger Mozartfest im Rokokotheater des Schlosses. Douglas Bostock ist seit 2019 Dirigent und Künstlerischer Leiter dieses Ensembles. Es wird dafür gerühmt, dass es traditionelle Inhalte mit innovativen Konzertformaten verknüpft.
Herr Bostock, für seine enge Publikumsbindung ist das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim bekannt. 2019 wurden die Besucher Ihrer Konzerte als „Publikum des Jahres“ ausgezeichnet. Inwieweit kann ein Orchester denn hierzu beitragen?
Douglas Bostock: Den Preis hat sich das Publikum natürlich in erster Linie selbst verdient. Es sind Musikbegeisterte darunter, die uns auf Schritt und Tritt folgen. Was ein Orchester dazu tun kann, ist heute die Frage aller Fragen. Denn weltweit hat der digitale Wandel dazu geführt, dass Menschen Musik hören und Konzerte erleben können, ohne ihr Zuhause verlassen zu müssen.
Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung beschleunigt, oder?
Bostock: Ja. Durch Corona haben sich die Effekte durch die Digitalisierung gewissermaßen verdoppelt. Es gibt keine Zauberformel, um das Publikum zurück in die Konzertsäle zu holen, vor allem jüngere Menschen. Deshalb müssen wir uns außergewöhnliche Konzertformate mit interessanten Programmen oder an besonderen Orten ausdenken.
Was wäre denn außergewöhnlich?
Bostock: Ein Programm wie „Beethoven in Jeans“ zum Beispiel. Wir haben seine erste Symphonie aufgeführt und den Komponisten als verrückten Hund präsentiert, um ihn vom Sockel zu holen und ihn als Menschen wie du und ich zu zeigen. Allerdings muss man dazu sagen: Pforzheim ist kein einfaches Pflaster, um Neues durchzusetzen. Aber das gilt überall, wo es ein etabliertes Publikum gibt, das an Traditionen gewöhnt ist.
Das Kammerorchester ist für sein vielfältiges, die Gattungsgrenzen überspringendes Repertoire bekannt. Geht dabei nicht Profil verloren?
Bostock: Im Gegenteil. Unser Profil ist es, klassische Musik auch für moderne stilistische Einflüsse zu öffnen, sei es Jazz, Pop oder Rock. Damit solche Crossover-Projekte gelingen, braucht es ein Orchester, das auf hohem Niveau agiert. Die Pforzheimer haben inzwischen viele Erfahrungen gesammelt und können fast alles machen, was nach Musik klingt.
In Schwetzingen steht Mozarts letztes Klavierkonzert in B-Dur (KV 595) auf dem Programm. Hören wir einen Schwanengesang auf Mozart?
Bostock: Nun, es ist ja nicht so, dass wir mit diesem Klavierkonzert eine Art Todesröcheln hören würden. Mozarts Klavierkonzerte gehören zum Standardrepertoire des Orchesters, und es war ausdrücklicher Wunsch von Pianist Oliver Schnyder, das letzte dieser Konzerte, die Mozart geschrieben hat, in Schwetzingen zu spielen.
Welcher Rang kommt KV 595 in Bezug auf Mozarts Klavierkonzerten insgesamt zu?
Bostock: Es zeichnet sich vor allem durch die Dialoge zwischen dem Klavier und den Bläsern des Orchesters aus. Und wie alle anderen, so ist auch dieses Klavierkonzert im Grunde genommen wie eine kleine Oper. Mozart hat in den Klavierkonzerten vor allem seine eigene Rolle definiert; sie dienten ihm sowohl als sichere Verdienstquelle wie als Medium, die eigenen solistischen Fähigkeiten in den Vordergrund zu rücken.
Über dem letzten Klavierkonzert liegt ein gewisser herbstlicher Schimmer. Wie heiter ist Mozart wirklich?
Bostock: Ab der mittleren Lebensphase hat Mozarts Musik fast immer etwas Melancholisches und Verschattetes. Was heiter zu sein scheint, hat Tiefe. Ich würde bei Mozart eigentlich immer von einer tiefsinnigen Fröhlichkeit sprechen.
Haben Sie Schuberts fünfte Symphonie gewählt, weil sie in der gleichen Tonart komponiert ist wie Mozarts Klavierkonzert?
Bostock: Eigentlich vermeide ich es, Stücke in der gleichen Tonart aufs Programm zu setzen, um die Hörer nicht zu ermüden. Aber zwischen Mozart und Schubert erklingt Frank Martins „Pavane“ und sorgt damit für einen starken Kontrast. Der Vorteil bei Schubert ist: Die Orchesterbesetzung ist die gleiche wie bei Mozart. Und auch bei Schubert finden wir, trotz der vordergründigen Heiterkeit, Elemente vor, die diese Musik melancholisch eintrüben.
Wie kam es zur Wahl der beiden Stücke von Frank Martin und Gustav Holst?
Bostock: Beide Kompositionen sind für ein Streichorchester geschrieben, also für die Kernbesetzung des Pforzheimer Kammerorchesters. Und es gibt zwei Jubiläumsanlässe: 2024 wird der 150. Geburtstag Holsts und der 50. Todestag Martins begangen. Die St. Paul’s Suite von Holst ist, natürlich besonders in England, ein beliebtes Stück. Holst hat das Stück für die St. Paul’s Mädchenschule in Hammersmith geschrieben, wo er Musikdirektor war. Frank Martins „Pavane“ ist ebenso ein Juwel für Streichorchester.
Sie führen die Werke im Schwetzinger Schloss auf, wo sich Mozart mehrmals aufgehalten hat. Ist das für Sie von besonderer Bedeutung?
Bostock: Ja, natürlich. Ich habe auch schon einmal in Schwetzingen dirigiert. Es ist ein herrlicher Ort, vor allem natürlich für die Aufführung von Mozarts Musik. Die Vorfreude bei mir wie beim Orchester ist entsprechend groß.
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