Schwetzingen. Der Verdacht einer Sabotageaktion gegen die Wasserversorgung der Bundeswehr in Köln-Wahn Mitte August ließ die Sicherheitsbehörden aufhorchen. Möglicherweise sei in die Kaserne eingebrochen und Leitungswasser kontaminiert worden, hieß es bei den Ermittlungen der Kriminalpolizei und des Staatsschutzes. „Ausreichend vorhandenes Trinkwasser ist ebenso wie eine funktionierende Abwasserbeseitigung die Grundlage für das reibungslose Funktionieren eines jeden Gesellschafts- und Wirtschaftssystems“, sagt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Der Schutz der kritischen Infrastruktur Wasserversorgung sei eine äußerst wichtige Aufgabe.
Für die Branche Wasserversorgung bilden die EU-Trinkwasserrichtlinie und auf nationaler Ebene die Trinkwasserverordnung, das Wasserhaushaltsgesetz und das Infektionsschutzgesetz die gesetzlichen Grundlagen für die Sicherung und Überwachung der Versorgung mit qualitativ hochwertigem und hygienisch einwandfreiem Trinkwasser (siehe Infobox). Das gilt auch für das Wasserwerk Schwetzinger Hardt des Zweckverbandes Wasserversorgung Kurpfalz (ZWK), das vor zwei Jahren den 50. Geburtstag feierte. Damals hatte es noch einen Tag der offenen Tür und Betriebsführungen gegeben. Das wird wohl in Zukunft nur noch mit erhöhtem Aufwand möglich sein.
24-Stunden-Überwachung beim Schwetzinger Wasserwerk
Wir haben uns mit dem Technischen Geschäftsführer Bodo Kleinevoß über den Betrieb und die 24-Stunden-Überwachung durch die MVV Energie AG unterhalten. Trinkwasser wird hier ausschließlich aus Grundwasser gewonnen, das in den unterschiedlichen Grundwasserleitern des Oberrheingrabens im Einzugsgebiet des Wasserwerkes vorhanden ist. Das hochmoderne Wasserwerk ist auf dem neuesten Stand der Technik. Mit derzeit 21 Vertikalfilterbrunnen werden durchschnittlich 11,5 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr gefördert. Um die gute Trinkwasserqualität langfristig zu sichern, wurde im Bereich der Brunnenanlagen ein Wasserschutzgebiet ausgewiesen.
Die Wasserwerke Käfertal, Rheinau und Schwetzinger Hardt fördern täglich bis zu 90 000 Kubikmeter Grundwasser in der Region. Sie versorgen über das rund 1300 Kilometer lange Wassernetz die Kunden in der Metropolregion Rhein-Neckar. Das Wasserwerk Schwetzinger Hardt versorgt Mannheim, Heidelberg, Schwetzingen, Ketsch, Oftersheim und Plankstadt mit Trinkwasser. „Sicherheit hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert“, sagt Kleinevoß: „Wir gehen dabei präventiv vor.“ Schließlich sei Trinkwasser das am meisten überprüfte Lebensmittel, weil Grundlage für unsere Ernährung.
Das Trinkwasserschutzgebiet, das sich teilweise über die Gemarkungen von Hockenheim, Schwetzingen, Walldorf, Ketsch, Oftersheim, Reilingen und St. Leon-Rot erstreckt, gliedert sich in verschiedene Schutzzonen. Das Wasserwerk Schwetzinger Hardt ist über ein mehrstufiges Sicherheitskonzept geschützt. Die 24-Stunden-Überwachung funktioniert über modernste Technik und Kommunikationsmöglichkeiten. Hinter den Zaunanlagen wird der Innenbereich mit mehreren Kameras überwacht. Im Gebäudeinneren ist der Serverraum extra gesichert. Und die Anlage wird ständig auf mögliche Schwachstellen überprüft. Die Trinkwasserversorgung für die Bevölkerung sei in guten Händen, das Wasserwerk im Wald ist umfangreich gesichert, so Kleinevoß.
Zentrale Wasserversorgung in Schwetzingen seit 1903
In Schwetzingen begann die Geschichte der zentralen Trinkwasserversorgung bereits 1903 mit dem Wasserwerk in der Bruchhäuser Straße und dem heute noch weithin sichtbaren Wasserturm. Zuvor musste die Bevölkerung ihren Wasserbedarf aus öffentlichen und privaten Brunnen decken.
Der Schutz kritischer Infrastrukturen (kurz Kritis) ist heute bedeutender denn je. Die Wasserversorgung gehört zu den wichtigsten kritischen Dienstleistungen in Deutschland. Das sogenannte Kritis-Dachgesetz wird dieses Jahr verabschiedet und berücksichtigt erstmals den physischen Schutz solcher Infrastrukturen bundeseinheitlich und sektorenübergreifend. Es geht über die IT-Sicherheit hinaus. Und es bedeutet einen besseren Schutz vor dem Risiko eines Sabotageaktes.
Bereits im Jahr 2011 haben sich Bund und Länder auf die Einteilung in Sektoren verständigt, darunter sind Energie, Ernährung, Gesundheit, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr - und Wasser. Mit dem Wasserwerk Schwetzinger Hardt am Heuweg unter der Adresse Hockenheimer Landstraße 15 bis 17 ist die MVV Netze GmbH ein „Betreiber kritischer Anlagen“. Der Schwellenwert der gewonnenen Wassermenge von 22 Millionen Kubikmeter pro Jahr wird hier überschritten – deshalb ist es Teil der Überlegungen. Für Betreiber kritischer Anlagen kommen mit dem Kritis-Dachgesetz dann neue Pflichten hinzu. Sie gelten unter anderem für die Trinkwassergewinnung und -verteilung.
„Kritische Infrastrukturen sind Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden“, definiert die Bundesregierung und geht grundsätzlich von einer abstrakten Gefährdung aus.
Der physische Schutz einer Liegenschaft oder kritischen Anlage wie es das Wasserwerk Schwetzinger Hardt ist, beinhaltet Zäune, Sperren, Umgebungsüberwachung, Zugangskontrollen, bestimmte Abläufe im Alarmfall, Krisenreaktionspläne, Sicherheitsmanagement für eigenes und externes Personal, definierte Zugangsrechte zu kritischen Räumen, Infrastrukturen und Informationen, Überprüfungen sowie Schulungen, Übungen und Sensibilisierung des Personals – alles für unser Wasser
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