Schwetzingen. „Das Stück ist auf zwei Sprachen, aber keine Sorge, ihr werdet trotzdem alles verstehen“, kündigt Intendant Joerg Steve Mohr der Meute ungeduldig auf den Einlass wartenden Grundschülern im Vorfeld an. Und obwohl eine der drängendsten Fragen nach der Vorstellung lautet, welche Sprache das eigentlich war, behält Mohr recht: „Durch das Schauspielern hat man trotzdem alles verstanden“, sagt Samuel nach dem Besuch im Schwetzinger Theater am Puls.
Die deutsch-iranische Koproduktion „Bitte lächeln!“ lässt die Erstklässler der Zeyher- und der Comenius-Schule die Perspektive wechseln – zuvor waren schon die anderen Grundschulen vor Ort. Denn Farsi, eine Form des Persischen, versteht keines der Kinder. Deutsch spricht die iranische Schauspielerin Sharareh Tayar, die der Giraffe Gigi in dem Stück ihre Stimme leiht, auf der Bühne allerdings kaum.
Theater im Puls in Schwetzingen: Darum geht es in dem Stück für Grundschüler
Und das ist die Geschichte: Gemeinsam mit ihrer Mutter unternimmt die junge Giraffe einen Ausflug in den Regenwald, um neue Freunde zu finden. Dort trifft sie auf Stachelschwein, Affe und Elefant. Keiner der Waldbewohner hat jemals eine Giraffe zu Gesicht bekommt, alle stellen sie aber schnell fest, dass ihr langer Hals ganz schön nützlich sein kann: Das Stachelschwein nutzt ihn als Schaukel, der Affe als Sprungbrett in den kühlen See und der Elefant bindet beim Sterne gucken sogar seine Hängematte an Gigis Hals fest.
Neue Freunde findet Gigi damit natürlich ruckzuck. „Die Giraffe hat jedem geholfen“, bemerkt Isabella aus der Zeyher-Schule. „Sie wollte niemanden traurig machen.“ Nur: Vor lauter Spaß vergessen die drei Waldbewohner den schmerzenden Hals ihrer neuen Freundin. „Die ganze Zeit hatte sie alles getan, um die anderen glücklich zu machen, aber die denken nur an sich“, sagt Schauspielerin Bärbel Maier, die auch als Erzählerin fungiert.
"Bitte lächeln!" vermittelt Schwetzinger Schülern Achtsamkeit und Rücksicht
Als sie bei Stachelschweins Geburtstagsparty nicht auf das Erinnerungsfoto passt – weil ihr Hals zu lang ist – redet die Giraffe Klartext. „Für die bin ich nicht Gigi, für die bin ich nur ein langer Hals“, sagt sie geknickt. Kommunikation, Empathie und Achtsamkeit sorgen schließlich dafür, dass Gigi nicht mehr nur für das Vergnügen anderer den Kopf hinhält, sondern sie in Stachelschwein, Affe und Elefant echte Freunde findet – die auch ihre Bedürfnisse berücksichtigen.
Damit ist es der Theaterpädagogik von Intendant Joerg Steve Mohr gemeinsam mit der Kitz-Theaterkumpanei aus Ludwigshafen mal wieder gelungen, den Erstklässlern auf den letzten Metern vor den Sommerferien ein poetisches Lehrstück mit auf den Weg zu geben – trotz Sprachbarriere. Vor welchen Herausforderungen Schulkinder mit Migrationshintergrund und ohne Deutschkenntnisse tagtäglich stehen, das haben Sharareh Tayar und ihre Giraffe Gigi ihnen eindrucksvoll vor Augen geführt.
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