Schwetzingen. Das Carl-Theodor-Ensemble, bestehend aus Christoph Rox (Flöte), Arne Roßbach (Violine), Olga Becker-Tkacz (Violine), Stephanie Phieler (Viola) und Mirjam Rox (Violoncello), spielte am Mittwochabend bei der beliebten alljährlichen Serenade im Schwetzinger Schlosspark Musik aus der Zeit Carl Theodors anlässlich dessen 300. Geburtstags.
Diese Gemeinschaftsveranstaltung der Musikschule und der Staatlichen Schlösser und Gärten fand zum ersten Mal am Apollotempel statt. Nach einem verregneten Tag klarte am Nachmittag der Himmel teilweise auf, sodass die Veranstalter entschieden, die Serenade im Park und nicht im Mozartsaal stattfinden zu lassen.
In diesem traumhaft schönen Ambiente stimmte Dr. Ralf Wagner die zahlreichen Zuhörer mit einem Vortrag zum Thema auf den Abend ein. „Hier hat schon vor fast 250 Jahren ein ganz besonderes Fest stattgefunden“, sagte er, „Anlass war kein schönes Ereignis, 1775 fand eine Grippepandemie statt, die viele Todesopfer forderte. Carl Theodor war schwer erkrankt und es gab großen Anlass zur Sorge, da beim Tod des kinderlosen Kurfürsten ein Erbfolgekrieg entstehen könnte.“ Zum Glück erholte sich der Landesvater, berichtete Ralf Wagner. Aus diesem Anlass wurde das größte und aufwendigste barocke Fest im 18. Jahrhunderts gefeiert, das frei zugänglich war.
Irdisches Arkadien erschaffen
Am 24. Juni 1775 wurde auf der neu errichteten Naturtheaterbühne vor dem Apollotempel das Musikdrama „L’Arcadia conservata“ (Das gerettete Arkadien) vom Hofkomponisten Niccolò Jommelli aufgeführt. Das Fest hat einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, informierte Wagner, sogar die Kurpfälzer Porzellanmanufaktur hat eine Figurengruppe dazu geschaffen. Mit seiner Sommerresidenz schuf sich Carl Theodor ein irdisches Arkadien, das auf Schwetzingen und die Gesamtheit der Kurpfalz übertragen werden konnte. In das Fest wurde auch das gesamte Volk mit einbezogen, „ein einmaliger Vorgang in der Epoche des Absolutismus“. Darin kommt die veränderte Wertvorstellung im Zeitalter der Aufklärung zum Ausdruck.
Erläuterungen zum musikalischen Programm kamen ebenfalls aus berufenem Munde. Musikwissenschaftlerin Yevgine Dilanyan lud zu einer Zeitreise ein, wo sie jene Ereignisse hervorhob, die Carl Theodors besondere Förderung für Musik verdeutlichten. „Durch diese Förderung erhob sich der Kurpfälzer Hof neben Paris, Berlin, London, Mailand oder Wien zu einen der bedeutendsten Musikzentren Europas“, sagte sie. Zwei wichtige Aspekte von Carl Theodors musikalischer Betätigung sind seine Vorliebe, im engen Kreis seiner Musiker zu musizieren, und die gezielte Förderung der Operngattung.
Im Auftrag des Kurfürsten in Schwetzingen entstanden
Durch den hohen Standard der Orchesterkultur begeisterte die berühmte kurpfälzische Hofkapelle, die zahlreichen Virtuosen und Komponisten beherbergte, viele kunstsinnige Zeitgenossen. Andererseits zog sie hochtalentierte Musiker an. Hier bewarben sich unter anderen Boccherini und Mozart um eine Stelle. Dort spielte man, so Dilanyan, die neuesten musikdramatischen Werke, einige sind im Auftrag des Kurfürsten entstanden. Im Schwetzinger Schloss wurden französische und italienische Opern aufgeführt. Das Carl-Theodor-Ensemble bot an diesem Abend ein Kammerkonzert der Extraklasse mit einem Programm, bei dem sowohl die Kompositionen für Flöte und Streicher als auch die Ouvertüren zu Opern lohnende Entdeckungen waren.
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Der Schlusssatz des Flötenquartetts von Christian Cannabich (1731 bis 1798) schien wie gemacht für die Flöte, die Christoph Rox in weiten Melodiebögen ausgesprochen delikat führte. Eine stimmige Ergänzung dazu bildete das laute Vogelgezwitscher, das das Publikum so sehr begeisterte, dass es auch zwischen den Sätzen, was eigentlich unüblich ist, applaudierte. Das Quintett für Flöte und Streicher von Johann Christian Bach (1735 bis 1782) bot ebenfalls ein Hörvergnügen ersten Ranges. Fesselnd, von schöpferischer Qualität waren auch die Interpretationen der Ouvertüren zu den Opern in der Fassung für Streicher und Flöte, darunter „Alceste“ von Anton Schweitzer (1735 bis 1787), „Günther von Schwarzburg“ von Ignaz Holzbauer, „Idomeneo“ von Wolfgang Amadeus Mozart (1756 - 1791) und „Das unterbrochene Opferfest“ von Peter Winter (1754 - 1825). Yevgine Dilanyan beleuchtete motivische Bezüge und gewährte Einblicke in die Entstehung der Opern. Und sie beendete den Abend mit den Worten Carl Theodors, der gesagt haben soll: „Kunst und Wissenschaft sollten niemals betteln gehen.“
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