Schwetzingen. Erstmals unter der Leitung des neuen Bezirkskantors Paul Hafner hat das Vokalensemble Schwetzingen seine hohen Ambitionen für die künftige Chorarbeit unterstrichen. Mit Werken von Heinrich Schütz, Johann Christoph Altnikol und Andreas Hammerschmidt ging das Kirchenjahr in der Evangelischen Stadtkirche zu Ende und wurde zugleich ein Neuanfang gemacht, der mit vielversprechenden Vorzeichen versehen ist.
Denn die Chorwerke aus Barock und Frühbarock gehören durchaus zur anspruchsvolleren Literatur. Und wer Gründe zum Mäkeln suchte, konnte sie – wie bei Laienchören üblich – an jenen kritischen Punkten finden, an denen Intonation und Artikulation an ihre Grenzen stoßen. Doch weit mehr nötigten die sängerische Leidenschaft, der kraftvolle Ausdruck und die gut besetzten Stimmlagen, die sich zu einem runden Ensembleklang vereinigten, hohen Respekt ab. Ohne Zweifel: Dieser Chor will mehr. Und er hat Potenziale.
Nicht zuletzt dank Paul Hafners engagierter Zeichengebung präsentierte sich in der Stadtkirche ein Vokalensemble, das den affektiven Gehalt der geistlichen Texte in eine Klangsprache übersetzte, die dem hymnischen Gotteslob in Hammerschmidts Motette „Wie lieblich sind deine Wohnungen“ authentisch Ausdruck verlieh. Heinrich Schütz’ „Musikalische Exequien“ gehen da wesentlich nüchterner mit der Tatsache der Vergänglichkeit allen Lebens um, auch wenn der Komponist die menschliche Verzagtheit in glaubende Zuversicht überführt und seliger Friede nicht erst mit dem Tode Einzug hält.
Starke Solisten beim Vokalensemble in der Stadtkirche in Schwetzingen
Die herbe Kargheit, die Schütz in seine Trauergesänge legt, kam vor allem in den solistischen Partien unverhohlen zum Ausdruck. Mit Verena Gropper (Sopran), Terry Wey (Altus), Sebastian Hübner (Tenor) und Philip Niederberger (Bass) hatte das Schwetzinger Vokalensemble ein Solistenquartett vor sich, das zum hohen Niveau dieser Aufführung wesentlich beitrug. Mit beachtlichen Leistungen traten Chorsängerin und -sänger Hanna Mahla (Sopran), Christoph Mahla (Tenor) und Patrick Herrle (Bass) hinzu. Das auf diese Weise erweiterte Quartett überzeugte auch im Wechselgesang mit dem Chor dank der innigen Anverwandlung der Texte, in denen das menschliche Herz zwischen Trost und Verzweiflung hin und her geworfen scheint. Das Continuo lag in den Händen von Christian Schaefer (Orgel) und Edwin Monninger (Cello).
Dass die Exequien durch die Motette „Befiehl du deine Wege“ von Johann Christoph Altnikol unterbrochen wurden, musste nicht als Riss empfunden werden. Auch hier beeindruckte der knapp 40-köpfige Chor mit beherzten fugierten Einsätzen und einer diskursiven Klangrede; die vokalen Herausforderungen waren gleichwohl spürbar.
Heinrich Schütz’ doppelchörige Motette „Wenn ich nur dich habe“, die das Schwetzinger Vokalensemble ausdrucksstark in Szene setzte, knüpfte schließlich wieder an die Exequien an, in denen ein Echochor aus Gesangssolisten für zusätzliche Klangeindrücke sorgte. Jenen Entbehrungen, die der Mensch im Laufe seines Lebens zu tragen hat, setzt Schütz in seinen Exequien biblisch begründbare Hoffnungen entgegen. Aus einer als bedrohlich empfundenen Existenz kann nach dieser Auffassung eine geistliche Gesinnung wachsen, die Glaubenszuversicht aufglühen lässt.
Mit ihrem Konzert haben Vokalensemble, Solisten und Instrumentalisten mitten in einer grassierenden Trauer- und Krisenstimmung ein Zeichen der Hoffnung gesetzt, das über künstlerische Aussichten weit hinausweist.
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