Palais Hirsch

Vortrag in Schwetzingen: Gesundheitsversorgung der Zukunft

Auf Einladung des Grünen-Kreisverbandes spricht Dr. Eike Wenzel vom Institut für Trend- und Zukunftsforschung in Heidelberg über die möglichen Wege der Gesundheitsversorgung.

Von 
Stefan Kern
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Dr. Maria Daub-Verhoeven und Dr. Eike Wenzel. © Andreas Gieser @cheesy.photo

Schwetzingen. Die Welt ist in Bewegung und Gewohntes gerät unter Druck. Trotzdem an Gewohntem festzuhalten, so Dr. Eike Wenzel vom Institut für Trend- und Zukunftsforschung in Heidelberg, sei da meist eher kontraproduktiv. Ja, so der Mann im Rahmen eines von der Grünen-Kreistagsfraktion organisierten Vortrages zur Gesundheitsversorgung der Zukunft im Palais Hirsch in Schwetzingen, bestehende Strukturen nicht an sich abzeichnende Trends anzupassen, beschleunige am Ende der Niedergang.

So seien Reformen im Bereich der Gesundheitsversorgung unausweichlich. Das sei nicht immer schön. Aber darauf zu vertrauen, dass die alten Antworten auch auf neue Fragen zielführend wären, sei mindestens leichtsinnig. Kurz erläuterte zu anfangs Dr. Maria Daub-Verhoeven, Kreisrätin und Mitglied im GRN-Aufsichtsrat, ihren Impuls für diesen Vortrag. Ihr sei ein Satz von Wenzel im Gedächtnis geblieben. „Der Arzt der Zukunft ist eine Ärztin in einem Medizinischen Versorgungszentrum.“ Dabei betonte sie, dass auch sie Reformen als unerlässlich ansieht. Aber es dürfe gerade in der Fläche keinen Kahlschlag geben. Die vier Krankenhausstandorte der GRN sind für sie jedenfalls sakrosankt.

Der Vortrag in Schwetzingen beleuchtet Trends wie die Abnehmspritze

Ein Satz, den Wenzel so wohl nicht stehen lassen würde. Eine Welt in Bewegung verträgt nicht allzu viel Sakrosanktes. Und gerade im Bereich Gesundheitsversorgung sei viel in Bewegung geraten. Gesundheit ist für den Trendforscher ein sogenannter Megatrend. Das sind langfristige Entwicklungen, die Gesellschaften massiven Veränderungsdruck aussetzen. Neben der Gesundheit sind Multipolare Weltordnung, Migration, Neo-Ökologie, Dezentralisierung, demografischer Wandel und Ungleichheit weitere Megatrends. Wobei Megatrends nicht als komplett getrennte Felder betrachtet werden dürfen. Ungleichheit und Gesundheit ständen beispielsweise in starker Wechselwirkung. Hätten arme Menschen doch ein höheres Krankheitsrisiko und eine deutlich kürzere Lebenserwartung als reiche Menschen. Abzeichnen würde sich auch ein Trend hin zu mehr Übergewicht. Schon 2020 seien weltweit 2,2 Milliarden Menschen übergewichtig gewesen. Das waren damals 30 Prozent der Weltbevölkerung. Bis 2030, so wird erwartet, sei die Hälfte der Menschheit von Übergewicht betroffen. Es sei denn, die Abnehmspritze habe nachhaltigen Erfolg. Eine Trendwende könnte hier enorme Einsparpotenziale bedeuten.

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Ganz allgemein, so Wenzel, sei die Gesundheitsversorgung unter Druck. In Teilen liefen die Kosten aus dem Ruder, der Fachkräftemangel sei evident, der demografische Wandel im vollen Gange und zugleich wachse das Bewusstsein für Gesundheit. Gerade die Digitalisierung fördert die persönliche Gesundheitskontrolle spürbar. Mit den zahlreichen Apps habe man viele Körperfunktionen im Blick, inklusive Ratschläge, was zu tun sei, damit man gesund bleibe. Mit den dabei gesammelten Daten könnten IT-Unternehmen übrigens in den Gesundheitsversorgungsmarkt eintreten. In den USA würde sich Amazon damit schon beschäftigen – vertreibt Medikamente, kauft Praxen und wird zunehmend zum allgegenwärtigen Gesundheitsbegleiter. Und von der KI wurde dabei noch gar nicht gesprochen. Es ist wohl nicht übertrieben, Revolutionäres zu erwarten.

Referentin in Schwetzingen: Europäisches Gesundheitssystem muss reformiert werden

Es sind Entwicklungen, die Wenzel kritisch sieht. Und genau deshalb müsse man auf die veränderten Trends reagieren und das deutsche wie europäische Gesundheitssystem reformieren. Die Reformen, die der Gesundheitsminister initiierte, führen in seinen Augen denn auch in die richtige Richtung. Auch wenn er weiß, dass sie mit schmerzlichen Veränderungen einhergehen. Aber gerade, wenn man eine Medizin für alle will, und darüber bestand bei der kurzen anschließenden Diskussion Einigkeit, müsse man für die Gesundheitsversorgung neue Antworten finden. Auch Antworten, die der Marktlogik widerspreche. So gebe es Modelle, die sicherstellen, dass Gewinne im System bleiben und nicht abgeschöpft würden. In denen alle Kassen die gleichen Honorare bezahlten, Privatkassen aber erhalten bleiben, die Zusatzangebote offerieren und mit Daten handeln dürfen.

Der alles entscheidende Faktor ist für Wenzel eine gelingende Digitalisierung. Heißt vor allem schnell und datenschutzkonform. Die Herausforderungen seien riesig. Ja, nicht zu überblicken, aber man müsse die Dinge jetzt angehen. Und dafür war dieser Vortrag ein guter Anfang.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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