Gutes tun

Weihnachten im Schuhkarton: Schwetzingerin lässt Kinderaugen leuchten

Es gibt Kinder auf der Welt, die nichts haben - erst recht keine Freuden an Weihnachten. Ruth Röll aus Schwetzingen gehört zu den Menschen, die diesen Kindern ein Lächeln schenken möchten - mit "Weihnachten im Schuhkarton".

Von 
Katja Bauroth
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Ruth Röll hat einen Kellerraum in ein Lager für die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“ verwandelt. Die eingekauften Produkte sind akribisch sortiert und werden die nächsten Tage in 18 Geschenkkartons verstaut. Sie hat sogar extra ein Regal (links) für die Stofftiere aufgebaut, die sie für die Kinder besorgt hat. Alles ist mit sehr viel Liebe zusammengestellt worden. © Bauroth

Schwetzingen. Dieser Artikel hat eine Vorgeschichte, die ich dem Lesenden bewusst nicht vorenthalten möchte. Die wunderbare Frau, der ich die nächsten Zeilen widmen darf, hat es nämlich mehr als verdient, einmal aus der zweiten Reihe in die erste „geschubst“ zu werden. Denn sie gehört zu den Menschen, die Gutes tun, aber nicht darüber reden möchten. „Ich genüge mir selbst“, ist dabei ein treffender Spruch, welchen sie von einem Katzenkalender zitiert. Am liebsten hätte sie gar nicht mit der Zeitung gesprochen und erst recht nicht auf ein Foto gewollt. Wir einigen uns darauf, dass ihr Mann an dem Ganzen schuld ist (er möge es an dieser Stelle verzeihen): Doch Ruth Röll sorgt seit Jahren dafür, dass es Menschen in Not zumindest etwas besser geht. Und das gehört in die Zeitung, finde eben nicht nur ich.

"Es macht mich glücklich, wenn ich helfen kann"

Ruth Röll ist in Schwetzingen stadtbekannt. Die Geschäftsfrau betrieb hier 14 Jahre lang eine Modeboutique und war dann in den familieneigenen Unternehmen für Personal und Finanzen verantwortlich. Bis vor sieben Jahren. Mit 75 (kein Tippfehler) hörte sie auf zu arbeiten, obwohl sie gern weitergemacht hätte. Arbeit, erzählt sie beiläufig, habe sie nie als solche empfunden („Die Arbeit war mein Hobby. Stress kenne ich gar nicht.“). Zeitlebens, als sie es finanziell irgendwann konnte, habe sie Menschen geholfen und das gern: in der eigenen Familie, Fremden, Flüchtlingen, die nach Schwetzingen gekommen sind, Flutopfern im Ahrtal. Und vor allem Kindern. „Es macht mich glücklich, wenn ich helfen kann“, ist mehr als nur ein Satz von Ruth Röll. Es gehört zu der optimistischen und positiven Lebenseinstellung dieser herzlichen und humorvollen Frau, die einfach weiß, was sie möchte – und auch, was nicht.

Ein Beispiel für Nächstenliebe

Als ich Lilo und Werner Bühler vom Christlichen Centrum in Schwetzingen frage, wer sich seit Jahren bei „Weihnachten im Schuhkarton“ in unserer Region besonders engagiert, wen ich einmal vorstellen könnte, um die Hilfsaktion ins Bewusstsein zu rufen und Menschen zu animieren, mitzumachen, fällt der Name Ruth Röll.

Engagement ist dabei weit untertrieben. Denn wenn die Schwetzingerin etwas angeht, dann wird’s ordentlich gemacht. Seit etwa fünf Jahren packt sie Kartons für Kinder, die gar nichts haben. Die Geschenke gehen meist Richtung Osten. Ein Reporter dieser Zeitung hat schon einmal einen Konvoi nach Rumänien begleitet und erlebt, wie dort Teddys und Gummibärchen Kinderaugen leuchten ließen.

„Weihnachten im Schuhkarton“ – so können auch Sie mitmachen

  • Lilo und Werner Bühler vom Christlichen Centrum, Carl-Benz-Straße 15 in Schwetzingen sind seit Jahren Ansprechpartner für die Aktion „Weihnachten im Schuhkarton“, einer weltweit größten humanitären Hilfsaktion der Samariter, vor Ort.
  • Mit nur einem Schuhkarton voller neuer Utensilien – einem schönen Spielzeug oder Kuscheltier, altersgerechter Kleidung wie warmen Handschuhen, Mütze, Strümpfe oder Pullis, Schul- und Hygieneartikeln sowie Süßigkeiten – kann jeder einem armen Kind ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Der liebevoll zusammengestellte Schuhkarton kann selbst verziert werden (zum Beispiel mit Weihnachtspapier) oder es kann eine vorgefertigte Box (jetzt-mitpacken.org) angefordert werden (diese gibt es auch im Christlichen Centrum Schwetzingen). Eine liebe Grußkarte macht die Sache noch persönlicher. Der Karton ist dann mit einem Gummi zu verschließen, da die Inhalte (Transport/Zoll) kontrolliert werden.
  • Der Inhalt der Päckchen soll nur mit neuen Artikeln bestückt sein und die Haltbarkeit mindestens noch sechs Monate gültig sein.
  • Bezeichnet sollten die Päckchen mit dem Alter und Geschlecht des Kindes sein (Mädchen oder Junge zwischen zwei und vier, fünf und neun oder zehn und 14 Jahren).
  • Diese sollten dann in der Sammelstelle in Schwetzingen, Carl-Benz-Straße 15, im Christlichen Centrum oder in der Ballettschule von Barbara Benkeser abgeben werden. Abgabetermine sind der 10., 11., 14. und 15. November von 16 bis 19 Uhr und am Samstag, 12. November, von 10 bis 16 Uhr.
  • Für Frachtkosten wäre pro Geschenkkarton 10 Euro erwünscht.
  • Anregungen vor Ort gibt es beim Christlichen Centrum in Schwetzingen, Telefon 06205/3 12 29 oder per E-Mail an info@ccs-schwetzingen.de. Weitere Infos zur Aktion gibt es unter www.weihnachten-im-schuhkarton.org. Hier finden sich auch Materialien wie Etiketten zum Herunterladen und weitere Unterstützungsmöglichkeiten.
  • Übrigens: Mit dem Online-Schukarton „Oskar“ kann das Geschenk auch von zu Hause auf die Reise geschickt werden – sogar das ganze Jahr über – mehr dazu unter online-packen.org.

Genau daran denkt Ruth Röll, wenn sie auf Einkaufstour für die Aktion geht. Ihr Credo: Sie sucht das aus, was ihr selbst gefällt und was sie zum Beispiel auch ihren beiden Kindern oder den beiden nunmehr schon erwachsenen Enkeln gekauft hätte. An dieser Stelle sei erwähnt, dass Ruth Röll nicht nur einen Schuhkarton packt. Im Vorjahr trug sie 24 Pakete mit je 28 Artikeln als Inhalt in die Abgabestelle Christliches Centrum. Das wiederum hat ihr dieses Jahr schon 18 Aktionskartons, die es mittlerweile als vorgefertigte Boxen gibt, auf denen Geschlecht und Alter des Kindes angekreuzt werden müssen, vorbeigebracht. Diese werden in den nächsten Tagen befüllt.

Raffinierte Packpraxis

Einen Kellerraum hat die Powerfrau dafür als Lager hergerichtet. Ein beeindruckendes Bild! Und sie achtet auf so viele Details: Sie kauft zum Beispiel für kleine Kinder Shampoo, das nicht in den Augen brennt. Sie sucht altersgerechte Zahnpasta aus und die dazugehörigen -bürsten gibt’s im hygienischen Doppelpack. Schulhefte holt sie im A-5-Format, da A 4 nicht knickfrei in den Karton passt. Zirkel, Lineale, Dreiecke, Bleistiftsets mit Spitzer und sogar Solartaschenrechner („Die sind sehr beliebt“) warten darauf, verpackt zu werden. Zauberwürfel, Minipuzzle, Glitzerhaarschmuck für Mädchen, Malbücher, Vollmilchschokolade („Wegen Allergien sollte man keine andere nehmen.“) und Haribo hat Ruth Röll ausgesucht. An einem Türrahmen hängen lässige Oberteile mit coolen Schriftzügen und Strasssteinen für Teenies auf Bügeln. „In den vergangenen Jahren gab’s die passenden Unterteile auch dazu“, lässt sie ihre modische Ader spüren. Graue Hoodiejacken mit blauen Sternen für Jungs liegen auf einem Stuhl. Aber passen die in einen Schuhkarton? „Die rolle ich ganz fest zusammen, dann passen die seitlich rein“, zeigt Ruth Röll ihre raffinierte Praktik.

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Viel Liebe zum Detail

Auch dieses Mal soll jedes Geschenk mit 28 Artikeln ausstaffiert werden, auf einer Inhaltsliste wird alles benannt. Socken, darunter rutschfeste für die Jüngsten, kuschelige Handschuhe und Mützen – es gibt so viel in den akribisch sortierten Kisten zu entdecken. Alles ist mit viel Liebe und Praxisnähe ausgesucht, selbst die Deoroller für „Sie“ und „Ihn“, klappbare Haarbürsten mit integriertem Spiegel, Heftpflaster mit Bildchen für Kinder und Tempotaschentuch-Packungen mit der Micky Maus darauf. Und dann wäre da das extra aufgebaute Regal mit Stofftieren: „Die großen Katzen bekommen die Kleinen im Alter zwischen zwei und vier Jahren“, hat sich Ruth Röll ausgedacht. Dann gibt es noch kleine Affen, Tiger, Löwen und Teddys mit Herzchen auf dem Bauch.

Allein wenn Ruth Röll daran denkt, wie so ein Bärchen von einem Kind geknuddelt wird, leuchten ihre Augen.

 

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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