Schwetzingen. Viel wird gerade über das Leben des Kurfürsten Carl Theodor anlässlich seines 300. Geburtstags berichtet. Er wurde am 10. Dezember 1724 nicht als Kurprinz, sondern in die wittelsbachische Nebenlinie Pfalz-Sulzbach hineingeboren. Aber wie sah der Ort Schwetzingen in der Zeit seiner Regentschaft im 18. Jahrhundert aus? Und was hat Carl Theodor konkret mit der Gartenanlage zu tun? Fragen dieser Art beantwortete Heide Roth-Bühler alias Cordula de Pigage, Kammerfrau von Kurfürstin Elisabeth Auguste, bei einer Führung durch die Schwetzinger Innenstadt.
Als Ausgangspunkt hatte sie die Kirche St. Pankratius gewählt, deren Gründungsbau bereits 1305 erwähnt wurde. Kirche und Rathaus gehörten zum Unterdorf, eine Gruppensiedlung im Norden, wo besser gestellte Leute, zumeist Bauern wohnten. Im Oberdorf im Süden, ein Straßendorf entlang der heutigen Karlsruher Straße, hingegen wohnten ärmere Leute. Die Fläche dazwischen wurde weitestgehend landwirtschaftlich genutzt. St. Pankratius hatte turbulente Zeiten mit mehreren Religionswechseln erlebt, wobei der Adel eher dem katholischen Glauben treu geblieben war.
Blütezeit Schwetzingens beginnt mit Carl Theodor
Die Blütezeit Schwetzingens begann um 1720, als Kurfürst Carl Philipp von der Pfalz den Ort zu seiner Sommerresidenz erkor. Er war von Heidelberg nach Mannheim gezogen, wo er ein großes Schloss errichtete. Als Übergangslösung machte er Schwetzingen zur Ausweichresidenz. Er ließ das ehemalige Jagdschloss, das mehrfach durch Kriege beschädigt worden war, erneuern – mit Ehrenhof, jedoch zunächst noch ohne die heutigen Zirkelbauten. Die von Heidelberg kommende heutige Carl-Theodor-Straße ließ er als gradlinige Allee ausbauen und mit Maulbeerbäumen zur Produktion von Naturseide besetzen.
Noch heute kann man die Sichtachse vom Königsstuhl nach Schwetzingen und weiter zur Kalmit im Pfälzerwald erkennen. Entlang dieser Allee entstand die „Neue Stadt“ mit Marktplatz – heutiger Schlossplatz – und vier Bauquartieren bis zur heutigen Mannheimer- und Friedrichstraße. Die beiden mittelalterlichen Siedlungskerne wurden durch das neue städtische Zentrum vereint. Als südliche Begrenzung entstand eine Kaserne für die kurfürstliche Leibgarde zu Pferde – und der Schlossgarten bis zum Arion-Brunnen wurde gebaut.
Carl Philipp wurde in Schwetzingen von Carl Theodor beerbt
Als Carl Philipp 1742 ohne männlichen Erben starb, wurde sein entfernter Verwandter Carl Theodor, sein Nachfolger im Amt. Aus der Ausweichresidenz wurde eine Sommerresidenz. Die Stadt erhielt das Marktrecht und wurde ausgebaut. Der kurfürstliche Hof zog immer mehr Menschen an, die ihn mit Lebensmitteln und anderen Dienstleistungen versorgten. Die Stadt erlebte einen wirtschaftlichen Aufschwung. In der Folge wandelte sich die dörfliche Bevölkerung mit 443 Einwohner im Jahre 1727 in eine städtische mit 1538 im Jahre 1777. Carl Theodor ließ die Schlossgartenanlage auf die heutige Größe erweitern. Der die Wissenschaften und Künste fördernde Kurfürst lud bedeutende und berühmte Gäste an seinen Hof. Das Hoftheater wurde 1753 mit der Oper „Il figlio delle selve“ („Der Sohn der Wälder“) von Ignaz Holzbauer eröffnet.
Gleichzeitig zog das höfische und künstlerische Leben Besucher an, so entstand schon eine rege Gastronomie: Schankstuben, Garküchen und Herbergen. Eines der ältesten Gasthäuser ist der „Grüne Baum“ am Schlossplatz; er wurde um 1748 erbaut. Auch wenn das Gebäude in der Dreikönigstraße 3 kein Gasthaus mehr ist, sondern die Touristeninfo beherbergt, so war es seit 1700 lange Zeit ein Gasthaus.
Ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert stammt die Schwanenbrauerei. Das Stammhaus der Hausbrauerei „Güldener Schwan“ befand sich in der heutigen Zeyherstraße. In den 1750er Jahren entstand an der Ecke der heutigen Carl-Theodor- zur Mannheimer Straße die Gastwirtschaft „Weißer Schwan“, das Stammhaus der künftigen Schwanenbrauerei. Die Stadtführerin wies darauf hin, dass man viele Häuser in der Innenstadt aus dem 18. Jahrhundert an der rötlichen Farbe heute noch erkenne.
Ein Problem war das nicht befestigte, sumpfige Gebiet um den Leimbach. Genaugenommen war es ein stinkiger Morast, eine Kloake, die die ganze Umgebung verseuchte. Um dieses Problem zu lösen und die Wasserversorgung für Teiche und Brunnen des Schlossgartens zu gewährleisten, wurde der Leimbach durch Nicolas de Pigage, dem Gartenbauarchitekten, systematisch kanalisiert.
Das Wirken von Nicolas de Pigage in Schwetzingen
Er errichtete zwei Wasserwerke: Das Obere Wasserwerk (heute Finanzamt) wurde 1774 zum Betrieb der Wasserspiele des östlichen Schlossgartens gebaut und mit zwei Wasserbehältern im Obergeschoss und zwei unterschlächtigen Wasserrädern ausgestattet, die von einer bis weit ins 19. Jahrhundert als technische Meisterleistung geltenden Hydraulik angetrieben wurden. Das Untere Wasserwerk ist durch ein Aquädukt mit dem Römischen Wasserkastell verbunden und versorgt dessen Wasserfall sowie die anderen Wasserspiele im nördlichen Teil des Schlossgartens. Hierzu gehören die wasserspeienden Vögel, die Kaskade am Apollotempel, die Hirschgruppe und die Wildschweingruppe. Die Versorgung der Menschen durch Grundwasser anstelle des Leimbachwassers hatte den Vorteil, dass weniger Menschen krank wurden.
Dies sind nur einige der Geschichten, die Stadtführerin Heide Roth-Bühler alias Cordula de Pigage beim Stadtrundgang – der sogenannten Kurfürstentour – zu erzählen hatte. Anlass für den Rundgang bot der Namenstag von Kurfürst Carl Theodor, der seinem Schutzheiligen Carl Borromäus gewidmet ist. Nach der Tour empfiehlt sich ein Abstecher in die Ausstellung „CabinetT 1724-2024“ im Karl-Wörn-Haus, Marstallstraße 51, wo Preziosen von und zum Jubilar präsentiert werden.
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