Wunderschöne Pfälzer Dorfidylle. Ein malerisches Weingut. Aber etwas stimmt nicht. Winzer und Familienvater Herbert Tewes entscheidet sich, nach Jahrzehnten biederen Familienlebens plötzlich eine Frau zu sein. Unverständnis und Ratlosigkeit als aus Herbert „Brigitte“ wird. Als dann noch die Medien auf ihn aufmerksam werden und er, quasi als Krönung, selbst Weinkönigin werden will, ist das Chaos perfekt.
Der Intendant des Theaters am Puls (TaP), Joerg Steve Mohr, holt die intelligente, 2018 in Trier uraufgeführte Komödie nun nach Schwetzingen, die an diesem Samstag, 9. April, Premiere feiern wird. Das Stück aus der Feder des prämierten Theaterautors und Schauspielers Sergej Gößner ist ausverkauft. Unsere Zeitung schaute bei einer Probe vorbei und sprach mit dem Regisseur und dem Hauptdarsteller.
Keine leichte Kost
„Noch mal von vorne, ich lese brav mit“, sagt Joerg Steve Mohr während Denis Bode, Michelle Brubach, Sina Große-Beck, Uwe und Susanne von Grumbkow proben. Sechsmal pro Woche trafen sie sich vor der Premiere hierfür im Theater am Puls. Aufmerksamer Beobachter, Kritiker, fordernder Perfektionist und „einer vom Team“ – Jörg Steve Mohr ist alles in einer Person. Und bei der Probe merkt man vor allem eins: Alle sind mit ganzem Herzen dabei.
Das Stück, das nach seiner Uraufführung in Trier von der dortigen Presse zerrissen wurde, sorgt nicht nur für Erheiterung, sondern ist auch intelligente Unterhaltung vom Feinsten. Denn ein gestandener Winzer, der auf einmal eine Frau sein möchte? Geht mal gar nicht. Zumindest nicht für die Trierer Presse. Dabei ist der Autor, Sergej Gößner, der schon mit seinem Stück „Mongos“ 2018 den Autorenpreis des Heidelberger Stückemarkts gewannt, ein Garant für intelligente Unterhaltung. Genussvoll legt er den Finger dorthin, wo es wehtut, zumindest den allzu Gestrigen und sorgt dabei mit beeindruckender Leichtigkeit und komödiantischem Feingefühl für beste Unterhaltung im Stile einer traditionellen Komödie, die er gekonnt in unsere heutige Zeit katapultiert.
Spielfreude ist spürbar
„Brigitte Tewes war mal Mann, provoziert die NSA und bringt jede Menge Farbe ins Spiel“ – so die Schlagzeile im Stück, die die Familie gar nicht goutiert. Da muss erst einmal gegoogelt werden, wie den so was heißt, wenn Papa eine Frau sein möchte. „Mama nimmt das so locker, ich verstehe das gar nicht“, meint dann auch Denis Bode in seiner Rolle als Winzersohn, dessen biedere Welt gerade auf den Kopf gestellt wird. Dann folgt vom Stück angeordnete Stille zwischen ihm und Sina Große-Beck, die seine Partnerin spielt. „Beleidigtes Anschweigen kennen ich aus meiner eigenen Beziehung gar nicht“, sagt er danach. Alle lachen. Die Chemie stimmt im Ensemble.
Mohr bittet die Schauspieler um eine Variante, schaut aufmerksam zu, meint dann: „Nee, das ist blöd, wir lassen es, wie es ist.“
Uwe von Grumbkow scheint in seiner Rolle als „Brigitte“ ganz aufzugehen. Die Spielfreude ist spürbar. Dass Ensemblekollegin Susanne von Grumbkow auch im wahren Leben seine Frau ist, sorgt zusätzlich für Würze.
Politische Einstreuungen
Großartig auch das Telefonat von Michelle Brubach als neugierige und etwas verpeilte Journalistin mit „Brigitte“. Durch die abgebrochenen Sätze, Momente des Schweigens und Brigittes Zwischenrufe wie „Bombe“ oder „Plutonium“ sorgen beim gespielten Telefonat für zunehmendes Anschwellen des Humors, was den Zuschauer aus seiner Verwirrung des ersten Moments holt, um ihm lustvoll vor Augen zu führen, wie eine gute Komödie heute aussehen kann. Da kann man mal ruhig auch die NSA aufs Korn nehmen, die ja eh immer zuhöre und auf Schlüsselwörter reagiere.
Warum er ausgerechnet „Brigitte Bordeaux“ nach Schwetzingen geholt habe, wollen wir wissen. „Einfach, weil das Stück hierher passt. Es spielt in einem Winzerdorf. In Schwetzingen wird statt dessen halt Spargel angebaut“, betont Jörg Steve Mohr lächelnd. Es sei eine gut geschriebene, intelligente Komödie, betont er. „Da wird eins zu eins umgesetzt, was in der Textvorlage steht. Genauigkeit und Timing muss funktionieren“, ergänzt er. „Ich konnte mich sofort in die Rolle hineinfinden“, betont hingegen Hauptdarsteller Uwe von Grumbkow, selbst nicht nur Schauspieler, sondern auch Regisseur, der, gefragt, ob er denn als „alter Hase“ noch Lampenfieber habe, antwortet: „Der Arsch geht mir schon jetzt auf Grundeis. Wer das nicht mehr hat, ist falsch in dem Job.“ Jörg Steve Mohr ergänzt: „Schon jetzt dürfen sich die Zuschauer am Ende auf eine überraschende Wende und einen Aha-Effekt freuen.“
- Weitere Termine für „Brigitte Bordeaux“ am Theater am Puls sind: Sonntag, 24. April, 19 Uhr, Freitag, 13. Mai, 20 Uhr, Freitag, 27. Mai, 20 Uhr. Karten (24 Euro, ermäßigt 18 Euro, Schüler bis zwölf Jahre 12 Euro) gibt es im SZ-Kundenforum, Carl-Theodor-Straße 12 in Schwetzingen und unter www.theater-am-puls.de.
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