Kantorei

Zu seinem Abschied macht Detlev Helmer Schwetzingen und der Region Geschenke

Nach 40 Jahren beendet Detlev Helmer seine Zeit als Kirchenmusikdirektor und Bezirkskantor. Für sein letztes Berufsjahr hat er sich aber noch einiges vorgenommen.

Von 
Katja Bauroth
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Bezirkskantor Detlev Helmer plaudert mit Katja Bauroth in der Redaktion über sein finales Jahr als Kirchenmusikdirektor und Bezirkskantor. © Brückl

Schwetzingen. Wie die Zeit doch rast... Detlev Helmer ist nunmehr in sein 40. Berufsjahr in Schwetzingen gestartet. Der Kirchenmusikdirektor und Bezirkskantor der evangelischen Gemeinde hätte das selbst nicht gedacht, dass er es an einem Ort so lange aushält: „Zugegeben, ich hatte nicht vor, 40 Jahre auf einer Stelle zu bleiben“, gesteht er im Redaktionsgespräch und erzählt von früheren Abwanderungsgedanken etwa in die Heiliggeistkirche nach Heidelberg und den Berliner Dom. Schwetzingen und dem Kirchenbezirk Südliche Kurpfalz konnte jedoch nichts Besseres passieren, als dass es Detlev Helmer hier aushielt: Er hat diesen Teil der Kurpfalz auf seine Art zum Klingen gebracht und musikalisch wunderbar bereichert. Das wird in seinem Abschiedsjahr noch einmal deutlich: Mit dem Kantoreiprogramm macht er Liebhabern besonderer Musik aller Couleur Geschenke – und auch ein bisschen sich selbst.

Das erste „Präsent“ gab es bereits Anfang Februar: „Musik zum Hören, Sehen und Fühlen“, ein Konzert, das Helmer an der Orgel mit einem langjährigen Wegbegleiter Uwe Dittes am Schlagzeug gestaltet hat. „Ich habe viele Wegbegleiter eingeladen, um noch einmal mit ihnen aufzutreten“, zählt der 65-Jährige zum Beispiel Josefa Kreimes (Sopran), Anke Palmer (Querflöte) und Barbara Obert (Oboe) auf, die mit Helmer das Passionskonzert an Karfreitag, 7. April, 17 Uhr, bestreiten. Oder Ulrike Wettach-Weidemaier, eine Flötistin, mit der er ein Classic, Pop und Jazz Crossover für Flöte und Klavier unter dem Titel „I like it like that“ am Samstag, 22. April, 19 Uhr gestaltet – jeweils in der Stadtkirche.

Kantorei Schwetzingen: Helmer komponiert für Helmer

Apropos Tasteninstrumente: Normalerweise kennt man Helmer an der Orgel. „Im Lutherhaus gibt es einen Steinway-Flügel, an dem habe ich noch nie gespielt“, gesteht er und das, obwohl der da schon seit etwa 20 Jahren da steht. Das will er ändern und plant am Sonntag, 18. Juni, 20 Uhr, ein Klavierkonzert mit Werken von Schubert und Brahms. Und da hadert der Musikus tatsächlich mit: Eine Premiere im Abschiedsjahr, die soll natürlich perfekt sein. Etwas anderes käme bei ihm nicht infrage. Deshalb übt er schon eifrig.

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Detlev Helmer freut sich auf viele der 13 Programmpunkte. „Mit dem Trio Armonioso musiziere ich seit vielen Jahren gemeinsam“, weckt er die Vorfreude auf einen Abend von Barock bis Jazz mit Angelika Reinhard (Sopran) und Falk Zimmermann (Trompete) am Sonntag, 17. September, um 20 Uhr.

Und dann wäre da noch ein Knaller: „Wenn ich schon einen Komponisten in der Familie habe, dann nutze ich das“, witzelt er in Bezug auf Sohn Benjamin (37). Der komponiert für seinen Vater ein Werk, das vor Helmers „Lieblingsrequiem“, dem „Deutschen Requiem“ von Johannes Brahms, zur Uraufführung gebracht wird. „Brahms ist mein Lieblingskomponist. Und Bach natürlich auch“, erzählt Helmer, der sich, musikalisch gesehen, von Haus aus als „romantischen Typen“ bezeichnet („Ich liebe Konsonanzen“), neuer Musik und Kompositionen aber auch aufgeschlossen gegenübersteht („Wir können nicht mit unserer Musik im Jahr 1920 stehen bleiben. Und mit diesem Konzert bringe ich noch einmal zwei mir wichtige Aspekte zum Klingen: ein überragendes romantisches Werk und ein ganz modernes, bisher ungehörtes.“).

Sohn Benjamin, der in Schwetzingen schon einige Uraufführungen etwa beim Mozartfest feierte, nimmt in seinem Stück Bezug auf Brahms und das Requiem. Aber mehr weiß Helmer auch noch nicht. Da bei diesem Konzert ein Orchester mit über 40 Instrumentalisten (Heidelberger Kantatenorchester) und über 100 Sängerinnen und Sänger des Schwetzinger Vokalensembles und der Kantorei Wiesloch sowie den Solisten Carmen Buchert (Sopran) und Matthias Horn (Bass) mitwirken, wird es sicher ein absoluter Höhepunkt des Jahres. Das Ganze kommt ob des Platzes in der Christuskirche in Oftersheim am Sonntag, 26. November, um 17 Uhr zur Aufführung. Gab’s Vorgaben für den Filius? Helmer lächelt. „Benjamin ist in der Mikrotonalität unterwegs. Ich habe ihn gebeten, diese hierbei außen vor zu lassen“, denkt Helmer vor allem an die Interpreten, die ja keine Profisänger sind, „ansonsten hat er aber freie Hand“, fügt er noch hinzu.

Detlev Helmer dirigiert hier den Posaunenchor Oftersheim-Schwetzingen. Am 5. März gibt’s ein großes Konzert zusammen mit dem Schwetzinger Bläserensemble. © Lackner

Eine solch große Aufführung ist etwas ganz Besonderes, auch für einen Routinier wie Detlev Helmer. Ihm ist noch die h-Moll-Messe von Bach im Jahr 2015 in bester Erinnerung geblieben, die zur Eröffnung der Bezirksvisitation gezeigt wurde. Vor Corona gab es Pläne für die Matthäus-Passion von Bach. Aus Kostengründen kam diese nicht zustande. Hinter solchen Konzerten stecken mehrere Tausend Euro, in Zeiten mit Sparzwängen schwierig, durchzusetzen. Und höhere Eintrittspreise – oder überhaupt Eintrittsgelder – dafür zu nehmen, sieht Helmer nicht: Zum einen seien die Menschen nicht bereit, trotz der sehr guten Qualität für solche Konzerte was zu zahlen, meint er. Zum anderen stelle sich die Frage, ob dies das Ziel der Kirchenmusik sein sollte. Ist sie doch da, um den Glauben hörbar zu machen, Kraft und auch Trost zu spenden oder schlichtweg Freude zu bereiten. Vor allem jedoch verbindet sie – wie jede Musik – Menschen.

Schwetzingen: Quadro Nuevo als Herzenswunsch

Und genau das ist Detlev Helmer in 40 Jahren in Schwetzingen gelungen: Menschen mit und durch Musik zu verbinden. Davon zeugen Gruppen wie Kirchenchor, Vokalensemble, Gospelchor, Posaunenchor, Jungbläser-Ensemble oder projektbezogene wie Cappella Vocale, welches Helmer gemeinsam mit seinem Wieslocher Kollegen Christian Schaefer leitet, oder auch die schönen Musikgottesdienste. Klar: Alle Gruppen werden in diesem Abschiedsjahr auch auftreten – der Posaunenchor Oftersheim-Schwetzingen gemeinsam mit dem Schwetzinger Blechbläserensemble sogar schon bald, am Sonntag, 5. März, um 18 Uhr in der Stadtkirche Schwetzingen. „Der Posaunenchor wächst gerade“, freut sich Helmer immer über Musikbegeisterte, 25 davon zählt diese Gruppe derzeit.

Das Ensemble Quadro Nuevo (hier ein Foto aus dem Programm „Tango“) kommt am 17. Dezember nach Schwetzingen. © René van der Voorden/Quadro Nuevo

Auf die Gospel-Celebration mit dem Gospelchor und Band am 1. Oktober, 18 Uhr, in der Stadtkirche ist Helmer ebenso gespannt: „Das wird nicht unter zwei Stunden gehen, die sind so toll!“

Zwei Wünsche erfüllt sich der Kirchenmusikdirektor auch noch: Das weltberühmte Quartett Quadro Nuevo hat ihm versprochen, am Sonntag, 17. Dezember, um 17 Uhr im Lutherhaus aufzutreten – „das ist einfach fantastisch“, schwärmt er schon jetzt.

Der finale Kracher kommt am letzten Tag des Jahres – und damit Detlev Helmers letzten Arbeitstag überhaupt: An Silvester entfacht er mit der Saxofon-Band „Saxparagus“ vom Musikverein Schwetzingen ein „Musikalisches Feuerwerk“ in der Stadtkirche. Einen trefflicheren Abschluss kann es nicht geben. Den verbringen dann hoffentlich viele der Menschen mit Detlev Helmer, die ihn über die Jahrzehnte hinweg zur Seite standen: „Ohne die Mitwirkung der unzähligen Haupt- und Ehrenamtlichen in der Gemeinde, in der Stadt und im Bezirk ist so eine reiche Arbeit nicht möglich“, dankt er allen, die sich „in und für die Kirchenmusik so toll und tatkräftig engagiert haben und immer noch einsetzen.“ Dazu gehören nicht nur die Pfarrer und Diakoninnen, sondern auch Annette Schulle-Dietrich und Birgit Leyhe-Horn von der Kantorei, die bei der Programmerstellung mitgewirkt haben.

Schwetzingen: Detlev Helmers Pläne für die Zukunft

Keine Frage: Detlev Helmer hinterlässt nach 40 Jahren große Fußstapfen, in die auch wieder jemand treten wird. „Die Stelle in Schwetzingen kann als Bezirkskantoren-Stelle gehalten werden“, wünscht er der Gemeinde und dem Bezirk eine „kreative, innovative und fruchtbare Fortführung der Kirchenmusik“.

Höhepunkte im Kantoreiprogramms 2023

5. März, 18 Uhr: Alles Blech! – Bläsermusik mit Posaunenchor Oftersheim-Schwetzingen und Schwetzinger Bläserensemble.

7. April, 17 Uhr: Passionskonzert mit Josefa Kreimes, Anke Palmer, Barbara Obert, Detlev Helmer.

22. April, 19 Uhr: Classic, Pop & Jazz Crossover mit Ulrike Wettach-Weidemaier, Flöte, Detlev Helmer, Klavier.

18. Juni, 20 Uhr, Lutherhaus: Klavierkonzert für Freunde.

16 Juli, 20 Uhr: Chorkonzert Cappella vocale.

10. September, 15 bis 18 Uhr, in den Kirchen: Orgelspaziergang.

17. September, 20 Uhr: Trio Armonioso (Angelika Rheinhard, Falk Zimmermann, Detlev Helmer).

1. Oktober, 18 Uhr: Gospel-Celebration mit dem Gospelchor Schwetzingen und Band.

22. Oktober, 18 Uhr: Dancing with the Queen (Orgelmusik).

26. November, 17 Uhr, Christuskirche Oftersheim: Benjamin Helmer: Uraufführung und Johannes Brahms „Ein deutsches Requiem.

17. Dezember, 17 Uhr, Lutherhaus: Quadro Nuevo.

31. Dezember, 21 Uhr: Musikalisches Feuerwerk mit Saxparagus. (Spielort, wenn nicht anders angegeben: evangelische Stadtkirche.)

In das Jahr 2024 startet er dann schon wieder mit Ideen: „Ich möchte mehr Zeit mit meinen Enkelinnen verbringen. Auch liebe ich es, gut zu essen, hatte bislang aber zu wenig Zeit zum Kochen, dabei habe ich so schöne Kochbücher. Und dann würde ich gern mal in Etappen durch Deutschland wandern . . .“ Dann findet er sicher auch mehr Zeit, um „tolle Rockmusik“ zu hören, die er ebenfalls gern mag: „Pink Floyd, Jethro Tull und Genesis – einfach grandios“.

Doch dieses Jahr lässt er es noch einmal krachen – und hoffentlich mit einer Menge begeistertem Publikum.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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