„Konzert am Nachmittag“

Eine klangliche Illustration der Liebe

Tatjana Worm-Sawosskaja spielt im Historischen Ratssaal „Frauengeschichten“

Von 
Uwe Rauschelbach
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Bei der Darbietung zum Thema „Frauengeschichten“ der Schwetzinger Konzertpianistin Tatjana Worm-Sawosskaja (l.) ist der Histo-rische Ratsaal mit erwartungsvollen Freunden der klassischen Musik gefüllt. © Venus

Speyer. „Frauengeschichten“: Was im Titel der Reihe „Konzert am Nachmittag“ ein wenig anrüchig klingt, erweist sich beim näheren Hinschauen als ein Sujet reich an Tragödien. Es liegt daher nahe, solche Erlebnisse, wie sie die Biografien von Komponisten wie Frédéric Chopin und Franz Liszt aufweisen, unmittelbar auf deren Musik zu beziehen.

Die usbekische Pianistin Tatjana Worm-Sawosskaja hat ein solches Verfahren im Historischen Ratssaal der Stadt Speyer in eindrucksvoller Weise demonstriert. Wobei die Projektion jener Liebesverhältnisse auf das musikalische Werk natürlich nicht überstrapaziert werden sollte – bei ihrem Klavierkonzert spielte die Pianistin unterdessen auch Texte und Bilder ein, die Leben und Musik in romantisierender Attitüde miteinander verquickten. Gleichwohl ließ sich hierdurch ein Bezug zur Sonderausstellung „Künstlerpaare der Moderne“ vermitteln, die derzeit noch im Speyerer Purrmann-Haus zu sehen ist.

Glück und Leid mischen sich in den Liebesbeziehungen, wie sie Chopin und Liszt zugedacht waren, auf untrennbare Weise. Mögen die Liebesverhältnisse zwischen Chopin und Maria Wodzińska oder in der Folge mit George Sand auch auf hohen Ebenen angesiedelt sein, so war ihnen stets ein schmerzliches Ende beschieden. Auch Liszts Beziehungen zu Marie d’Agoult oder Caroline zu Sayn-Wittgenstein waren, so stürmisch sie begonnen haben mochten, nicht von Dauer.

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Das hat sich, wie Referentin und Pianistin Worm-Sawosskaja in ihrem Vortrag aufzeigte, unvermeidlich in der Musik niedergeschlagen. In all den Stücken beider Komponisten also, die teilweise ausdrücklich jenen Frauen gewidmet waren, deren Herzen sie gewinnen konnten. Und so ließ sich das Klavierspiel als klangliche Illustration jener Liebesbeziehungen verstehen. Zumal die Pianistin mit ihrer sympathischen und einfühlsamen Art und Weise ein historisches Tableau gestaltete, das den Esprit vergangener Zeiten behutsam aufsprühen ließ.

Brillanz bleibt aus

Die romantisierende Sichtweise steht freilich in der Gefahr, in Kitsch umzuschlagen. Davon war bedauerlicherweise auch das Klavierspiel von Tatjana Worm-Sawosskaja geprägt. Die Rubati in den beiden Walzern As-Dur und cis-Moll sowie im cis-Moll-Nocturne wirkten abgeschmackt. Auch leistete sich die Pianistin hin und wieder ein unsauberes Spiel. Die Undifferenziertheit im Ausdruck, die eher laute Registratur im Anschlag hatten den Verlust an Zartheit und Subtilität zur Folge. Und die Sechzehntelketten im Fantaisie-Impromptu cis-Moll ertranken in einer Hall-Wolke. Brillanz? Fehlanzeige.

Für die Stücke von Franz Liszt gilt im Grunde genommen das Gleiche, wenngleich Worm-Sawosskaja in Liszts „Vallée d’Obermann“ der kräftige Anschlag zugute kam – was freilich stellenweise in reichlich polterndes Getöse ausartete. Da mochte der Historische Ratssaal in seiner artigen Rokoko-Ästhetik erzittern. Immerhin lenkte die Pianistin mit der Consolation Des-Dur versöhnlich ein und inszenierte sie noch einmal ein Hochamt der Gefühle in Liszts „Liebestraum“, der in einem solchen Konzertprogramm nicht fehlen mochte. Der Spendenerlös soll den Wiederaufbau einer Kirche in Usbekistan genutzt werden.

Redaktion Zuständig für Lokales in Lampertheim (Kommunalpolitik, Kultur), Mitarbeit im Kulturressort des Mannheimer Morgen (Musikkritik, CD- und Bücher-Rezensionen).