Unesco-Weltkulturerbe - Empfang zur Anerkennung des Antrags im Speyerer Judenhof / Prägend für das abendländische Leben / Zeichen gegen antisemitische Strömungen

Empfang zur Anerkennung der SchUM-Städte als Welterbe in Speyer

Von 
Nikolaus Meyer
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Speyer. „Es ist vollbracht“ - mit diesen letzten Worten endet der Leidensweg von Jesus am Kreuz. Fügt man den heute gebräuchlichen Halbsatz „Es ist prachtvoll“ hinzu, erhält das Zitat einen völlig neuen Sinn. Positiv bedeutungsschwer beispielsweise mit Blick auf die Entscheidung der Unesco, dem Antrag der SchUM Städte auf Anerkennung als Welterbe zuzustimmen.

Die Stadt Speyer hatte zum Dankesempfang in den Judenhof eingeladen. Dem Anlass entsprechend konnte Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler zahlreiche Repräsentanten aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft willkommen heißen. Stellvertretend seien hier genannt: Ex-Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel, Oberbürgermeister Adolf Kessel aus Worms und dessen Vorgänger Michael Kissel. Ebenfalls aus Worms angereist war Susanne Urban, Geschäftsführerin des SchUM-Städte-Vereins.

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Die Redner trugen mit ihren Urteilen über die Unesco-Entscheidung und den daraus abzuleitenden Chancen bei. Ausgeblendet wurde allerdings nicht, dass auf die drei Städte hinsichtlich des Erhalts der historischen Monumente und deren angemessene Vermarktung Herausforderungen zukommen. Als Initialzündung für die Bewerbung wurde mehrfach die vom vierten Quartal 2004 bis zum ersten Quartal 2005 im Historischen Museum der Pfalz zu sehende Ausstellung „Europas Juden im Mittelalter“ erwähnt.

Künftig geht es um den Erhalt

Speyers Stadtchefin Seiler ließ anklingen, das SchUM weit mehr sei als ein Akronym. Nach einem langwierigen Vorbereitungsprozess könne man zwar mit Stolz auf das Ergebnis blicken, aber die Arbeit fange mit der Entscheidung erst richtig an. Denn vor dem Hintergrund der weit zurückreichenden Historie, als in den drei Städten eine weltoffene geistige jüdische Elite wirkte, gelte es nun, die einzigartigen Denkmäler jüdischer Kultur zu erhalten.

Staatssekretärin Nicole Steingaß vom Ministerium des Innern sprach von einer historischen Entscheidung. „Die Anwesenheit so vieler Menschen beim Empfang unterstreicht die Bedeutung des Ereignisses. Mit der Anerkennung ist jedoch die Pflicht zur Bewahrung verbunden, was ein wichtiges Zeichen gegen antisemitische Strömungen sein kann. Denn diese Monumente erzählen auch von Ausgrenzung und Pogromen“, so die Staatssekretärin.

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Ex-Oberbürgermeister Werner Schineller, der das Vorhaben von Anfang an unterstützt hatte, sprach in seinem geschichtlichen Rückblick auf die Entwicklung des Judenhofes von einem historischen Tag, an dem man vielen Menschen für ihr unermüdliches Engagement zu danken habe. Schineller erwähnte, dass das jüdische Speyer als geistiges und kulturelles Zentrum prägend für das abendländische Leben gewesen sei. Auch vor dem Hintergrund der Städtepartnerschaft mit dem israelischen Yavne, der 2011 eingeweihten Synagoge Beith-Schalom und der Bedeutung jüdischer Gemeinden schlug Schineller mehrere Möglichkeiten zur Aufwertung des Areals vor. Dazu zählten die Einrichtung eines Besucherzentrums und der Ausbau des Museums SchPIRA.

„Wenn diese Steine sprechen würden, könnten wir viel von ihnen lernen“, sagte Avadislav Avadiev, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden, beim Rückblick auf die lange jüdische Geschichte in den drei SchUM-Städten. Gemeint waren neben den bekannten steinernen Monumenten auch die Grabsteine auf derzeit verwaisten jüdischen Friedhöfen. Mit Dankbarkeit erinnerte der Vorsitzende an Politiker wie Helmut Kohl und Michail Gorbatschow. „Ihnen habe man zu verdanken, dass viele jüdische Zuwanderer aus der früheren Sowjetunion wieder jüdische Gemeinden in Deutschland mit Leben füllten“, so Avadiev. Um hinzuzufügen, dass das jüdische Volk Erinnerungen nicht vergesse, aber für ein friedliches Miteinander stehe und nach Pogromen immer aufgestanden und zurückgekehrt sei.

Musikalisch wurde der Empfang von Lömsch Lehmann und Dr. Michael Beutelspacher mit traditionellen jüdischen Musikstücken begleitet. Bei aller Freude über die Zuerkennung als Welterbe wurde die Unwetterkatastrophe vor einigen Wochen nicht vergessen. In Erinnerung an die Opfer wurde eine Schweigeminute eingelegt.

Stimmen zur Veranstaltung

Ex-Ministerpräsident Bernhard Vogel: „Das war eine würdige Veranstaltung. Hier kamen der Wille und die Freude zum Ausdruck, sich weiter mit dem Thema Judentum zu befassen. Bemerkenswert ist, dass ein Vertreter der jüdischen Gemeinden so frei sprechen konnte. Das war nicht immer so.“

OB Stefanie Seiler: „Nach der Freude gilt es, sich den Herausforderungen zu stellen. Für konkrete Aussagen zum finanziellen Aufwand ist es noch zu früh. Das wird aber sicher ein Thema bei den Haushaltsberatungen im Oktober für das kommende Jahr sein. Dann muss sich zeigen, was von den Wunschvorstellungen umsetzbar ist.“

Verkehrsvereinsvorsitzender Uwe Wöhlert: „Wir betreuen den Judenhof seit nunmehr 30 Jahren ehrenamtlich. Ich bin stolz auf das Erreichte und gespannt auf die Herausforderungen, die nun auf die Stadt und den Verkehrsverein zukommen.“

Susanne Urban von SchUM-Verein: „Endlich wurde eine Lücke in der Welterbeliste geschlossen. Dass die jüdische Welt mit solch einzigartigen Stätten repräsentiert werden kann, steht auch Deutschland gut zu Gesicht.“

Bildhauer Wolf Spitzer: „Ich schlage eine Ausstellung in der Rheinland-Pfalz-Vertretung in Berlin vor, in der ausgewählte veritable Kunstwerke gezeigt werden, die von Künstlern aus den drei Städten in den letzten Jahren für die nunmehr ausgezeichneten Stätten der Erinnerung gefertigt wurden“.

Info: Mehr Bilder vom Empfang unter www.schwetzinger-zeitung.de

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