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Jazz im Rathaushof Speyer: Die mitreißenden Klänge der "Mama Shakers"

Französische „Mama Shakers“ bringen mit New-Orleans-Stil sogar Tanzmuffel zum Fußwippen

Von 
Uwe Rauschelbach
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Andrea Strandberg brilliert an der Trompete. © Klaus Venus

Speyer. Als die jungen Wilden aus Paris waren sie angekündigt worden. Wer ihren Auftritt nun bei „Jazz im Rathaushof“ erlebt hat, wird diese Beschreibung mindestens bestätigt, wenn nicht untertrieben finden.

Die „Mama Shakers“ sind eine junge Band, die den traditionellen Jazz alles andere als alt aussehen lassen. Und das mit Energie, die ihnen bei ihrem zweieinhalbstündigen Auftritt im Speyerer Rathaushof niemals auszugehen droht. Das liegt in erster Linie an Powerfrau Angela Strandberg, die eine derart freche Gesangssohle aufs Parkett legt, dass es auch Tanzmuffeln in den Gliedern zuckt. Mit ihrer kraftvollen, jugendlichen und im Altregister vibrierenden Stimme gibt die in Schweden geborene ehemalige Jazzstudentin Songs und Chansons aus den 1920er und 1930er Jahren reichlich Pep.

"Mama Shakers" im Speyerer Rathaushof mit Waschbrett vor dem Bauch

Mit einem vor den Bauch gebundenen Waschbrett ersetzt die Sängerin obendrein mehrere Perkussionisten und wenn Strandberg zur Trompete greift, freuen sich rund 800 Ohren im Innenhof des historischen Rathauses über gefühlvolle Melodien und fetzige Improvisationen auf hohem Niveau.

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Mit ihrem Bandpartner Hugo Proy, der mit der Klarinette mindestens ebenso virtuos umzugehen weiß, liefert sich die wirbelige Frontfrau musikalische Dialoge und witzige Tanzeinlagen. Zum Leittrio zählt auch Baptiste Hec, der auf seiner Dobro nicht nur für die rhythmischen Schlageinheiten sorgt, sondern auch gesanglich und improvisatorisch Akzente setzt. William Ohlund am Banjo spielt da fast schon eine Nebenrolle, während Gabriel Seyer mit seiner abgeklärten Art am Kontrabass dazu beiträgt, dass der brodelnde Sound nicht überkocht.

Junge Wilde aus Paris

So war es bei "Jazz im Rathaushof" in Speyer mit den "Mama Shakers"

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Weder Schlagzeug noch Klavier werden also benötigt und dennoch sind die „Mama Shakers“ ein nahezu perfektes Jazzensemble. Seit sie sich 2017 bei einem Nachwuchswettbewerb in Frankreich gegen 20 europäische Bands durchgesetzt haben, befinden sich die jugendlichen Botschafter des Jazz auf einem Siegeszug, von dem nicht nur ausverkaufte Konzerte, sondern auch mehrere veröffentlichte Musikalben zeugen. Dass sie sich im New-Orleans-Jazz besonders wohlfühlen, wird auch in Speyer deutlich. Doch die ungestüme Art und Weise, wie sie durch die Roaring Twenties jagen, kommt einer Neuinterpretation gleich.

Französische Band in Speyer: "Mama Shakers" mit eigenen Kompositionen

Zumal die „Mama Shakers“ auch jede Menge eigener Kompositionen im Tourgepäck haben, die in ihrer rasanten Mischung aus Blues, Gospel und Swing einen eigenen Stil markieren. Meist auf hohen Tempi dahinjagend, bildet jeder Song eine eigene Erzählung, die Sängerin Angela Strandberg auf Englisch zum Besten gibt. Dabei verraten die Texte skurrilen Humor, der von Männern handelt, die in Bräute beißen oder von Frauen, die sich sogar in die Hölle trauen.

Das Zusammenspiel fasziniert die Besucher im Speyerer Rathaushof. © Klaus Venus

Dazu passen dann auch die „Crazy People“, zu denen auch wir gezählt werden. Bei der Schilderung eines horriblen Honeymoons mit seinem „Cannibal Rhythm“ läuft uns in der Abendhitze indes ein kalter Schauer den Rücken hinunter. Doch in „Charlie’s Cocktailbar“ bekommen wir einen magischen Drink, der uns das Dasein wieder erträglicher macht und unberechenbare Dinge tun lässt. Bei diesem Song zeigt sich Strandberg als gewiefte Scat-Sängerin, die ihr begeistertes Publikum nicht lange bitten muss, in die Silben einzustimmen.

Sängerin Andrea Strandberg, die auch Trompete und Waschbrett spielt, heizt den Zuhörern mit den jungen Wilden aus Paris mächtig ein. © Klaus Venus

Von Romantik hingegen ihr Trompetensolo, während sie sich beim Song „Shine on, Harvest Moon“ anschmiegsam auf die Schulter von Klarinettist Hugo Proy stützt. Diese Lässigkeit und Virtuosität bildet jenen Mix, der die „Mama Shakers“ auszeichnet. Auch der Satzgesang passt den meisten Liedern wie angegossen: Zum Folksong „The Midnight Special“, den die Band „CCR“ populär gemacht hat, spielt nur Gitarrist Baptiste Hec mit.

Am Ende haben die Fünf wirklich alles gegeben. Im Rathaushof hält es da niemanden mehr auf den Sitzen.

Freier Autor

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