Kultur

Mondesaufgang in Speyer: Inka Grebners Kunst in der Winkeldruckerey

Das erste Druckerwochenende der neuen Saison in der Speyerer Winkeldruckerey hat die Grafikerin und Buchdruckerin Inka Grebner gestaltet.

Von 
Matthias Nowack
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Neben Kreativität erfordert Inka Grebners Kunst Sorgfalt, Konzentration und ein Auge für Details. © Matthias Nowack

Speyer. Inka Grebner ist bekannt für Arbeiten, in denen sie poetische Texte bildnerisch interpretiert und Wort und Bild in einen lebendigen Dialog treten lässt. Für Speyer hat die Künstlerin das Gedicht „Mondesaufgang“ von Annette von Droste-Hülshoff ausgewählt. Die Dichterin fasziniert sie seit Langem durch ihre präzisen Naturbeobachtungen und ihre bildhafte, fantasievolle Sprache.

„Mondesaufgang“ zählt zu Drostes bekanntesten Texten: Er beschreibt nicht nur ein Naturereignis, sondern auch einen seelischen Prozess - den Übergang von Dunkelheit und Beklemmung hin zu Ruhe und Klarheit. Nebel, Schweigen und Dunkelheit verwandeln sich mit dem Aufsteigen des Mondes in eine von Licht und Harmonie durchflutete Landschaft.

Grebners Linolschnitt greift diese Motive auf. In ihrer Gestaltung des Gedichts nutzt sie die präzisen Naturbeschreibungen und ihre Kenntnisse der Biografie von Droste-Hülshoff: Sie weiß um die Entstehungsgeschichte des Gedichts, die Besuche von Droste-Hülshoff auf dem Schloss Meersburg am Bodensee und den Blick vom Schloss auf die Alpen und über den See. Ein Foto aus dieser Perspektive dient ihr als Ausgangspunkt für die topografisch korrekte Skizzierung des Alpenkamms in ihrem künstlerischen Blatt. Darüber legt sie eine Wolke und eine Nebelbank, beginnt ein Spiel mit Formen, die durch steigende und fallende Linien gekennzeichnet sind.

Damit kann sie auch sehr konkret auf die Stimmung verweisen, die im Gedicht zum Ausdruck kommt. Mit den gewählten grafischen Formen wird das nachvollzogen, was im Gedicht steht. Der Mond fungiert als Symbol für Ruhe und Trost und vielleicht auch Transzendenz. Der Gegensatz von Dunkel und Licht, Unsicherheit und Erhebung spiegelt ein inneres Erleben wider - die seelische Bewegung von Enge und Beklemmung hin zu Klarheit und Erhebung. Die Grafik wird zur Begegnung mit dem Gedicht.

Künstlerische Meisterwerke durch traditionelle Drucktechniken

In enger Abstimmung mit den beiden Hausdruckern Johannes Doerr und Remo Krembel entsteht schließlich auch die Farbgestaltung für das Blatt. Grebner schätzt den intensiven Austausch über Farbtöne und technische Möglichkeiten der historischen Pressen mit den beiden Spezialisten für den traditionellen Handpressendruck in der Winkeldruckerey.

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Die 1974 in Meiningen geborene Künstlerin lebt und arbeitet in Mainz und Fambach (Thüringen). Sie studierte Buchgestaltung und Freie Grafik an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Bereits in ihrer Diplomarbeit widmete sie sich der Verbindung von Lyrik und Bildkunst und gestaltete Illustrationen zu Gedichten von Peter Huchel. Heute entstehen ihre Bücher, Hefte und Leporellos überwiegend in den Hochdrucktechniken Holzschnitt, Linolschnitt und Acrylstich. Ausgangspunkt sind Erinnerungen oder Skizzen, die im künstlerischen Prozess zu ausdrucksstarken Kompositionen verdichtet werden - endgültig vollendet erst im Druck selbst, im Wechselspiel von Form, Farbe und Material.

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