Speyer/Chichester. Zwei Tage hat eine kleine Delegation aus Speyer, angeführt von Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler und Bürgermeisterin Monika Kabs, die neue englische Partnerstadt Chichester erkundet. Dabei haben die Speyerer neben der Ratifizierung des Partnerschaftsvertrages (SZ berichtete) viele interessante Facetten der Stadt kennengelernt. Zum Besuchsprogramm zählten Rundgänge in der Stadt und eine Führung durch die Kathedrale sowie Ziele im Umland. So zum Beispiel die römische Villa von Fishbourne mit ihren außergewöhnlichen Mosaikfußböden, das „Weald and Dowland“-Museum mit seinen historischen Gehöften und Häusern und der typisch englische Landsitz des Herzogs von Richmond – „Goodwood House“.
In dem kleinen Dorf Fishbourne wurden 1960 per Zufall beim Bau einer Wasserleitung die Reste einer römischen Villa freigelegt, die in den folgenden Jahren archäologisch erschlossen wurde. Sie zählt heute zu den größten Anlagen dieser Art, die man nördlich der Alpen ausgegraben hat. Die ältesten Fundstücke stammen aus der Zeit um 43 nach Christus, als England von den Römern erobert wurde. Bei den Bauarbeiten legten Arbeiter Mosaikfußböden und Mauerreste frei, die heute in einer weitläufigen Museumsanlage bewundert werden können.
Archäologen begannen, die Geschichte des Ortes zu rekonstruieren, wobei es hier nicht in erster Linie um die Wiederherstellung von musealen Ausstellungsstücken und Mosaiken geht, sondern mehr um das Leben auf diesem mondänen römischen Landsitz, das sich aus Ausgrabungsstücken erschließen lässt.
„Zehntausend Schachteln, eine Million Objekte und unzählige Geschichten, die noch erzählt werden müssen.“ Dies prangt in großen Lettern an der Wand des archäologischen Depots im Palast. Rob Symmons, Kurator der Anlage, gewährt den Speyerern einen faszinierenden Einblick in die tägliche Arbeit der Archäologen und reicht römische Broschen, Pinzetten und Bruchstücke von Tongefäßen in die Runde, die uns heute viel erzählen über den Alltag während der Kolonisierung Großbritanniens durch die Römer.
Es ist ein Blick hinter die Kulissen archäologischer Forschungsarbeit, der auch bei den Gästen aus Speyer Staunen hervorruft. Wann hat man denn schon einmal die Gelegenheit, ein Schminktöpfchen mit dem 2000 Jahre altem Make-up einer römischen Hausdame in Händen zu halten? Die schiere Größe der Anlage von Fishbourne und die bisher gesicherten Objekte lassen erahnen, dass hier noch gewaltige Aufgaben auf die Archäologen warten.
Ein Star der Bildhauer-Sezne
In Cockin, einer 300-Seelen-Gemeinde in den Hügeln des „South Downs“-Nationalparks waren die Speyerer Gäste von Philip Jackson. Er ist Ehrenbürger von Chichester und zählt zu den bekanntesten und erfolgreichsten britischen Bildhauern unserer Zeit. Seine überlebensgroßen Skulpturen stehen vor der Kathedrale von Chichester (Saint Richard) auf dem Parliament Square in London (Mahatma Ghandi), im Windsor Great Park (Reiterstatue von Königin Elisabeth II.), vor dem Wembley Stadion (Bobby Moore) und an vielen Orten weltweit.
Neben seinen preisgekrönten Auftragsarbeiten zu historischen Persönlichkeiten und Ereignissen schafft Philip Jackson mit seinen freien Arbeiten – den sogenannten „Galerie-Arbeiten“ – abstrakte groß- und kleinformatige Bronzeskulpturen, die durch ihre Ausdruckskraft berühren, wobei die Körpersprache und die Körperhaltung seiner Figuren das Anliegen des Bildhauers ist.
Die Begegnung mit Philip Jackson, der Besuch seines Ateliers, seines Wohnhauses und seines zauberhaften Landschafts- und Skulpturengartens zählten ohne Zweifel zu den Höhepunkten der Reise.
Natürlich wurden auch Pläne geschmiedet für die Zukunft. Die „Wein am Dom“-Messe stößt auf großes Interesse in der neuen Partnerstadt, nachdem mittlerweile auch in der Region Chichester einige Winzer am Start sind. Im Juni will das „Sleepy Lagoon Orchester“ der Universität in der Domstadt ein Konzert geben. Im August ist die erste Bürgerreise nach Chichester geplant. Und natürlich war der Speyerer Weihnachtsmarkt immer wieder ein Thema bei den Gesprächen. Gerne würde man einen Markt dieser Art auch in Chichester etablieren.
Juliane Zech, die Vorsitzende des Freundeskreises Chichester in Speyer, sagte am Ende: „Am meisten beeindruckt hat mich die unglaubliche Herzlichkeit. Es fühlte sich an, als wären wir seit Jahrzenten gut befreundet.