Historisches Museum der Pfalz

Speyerer Museum will Objekte dem Vergessen entreißen

Commendatore Joachim Burmeister aus Bregenz ergänzt die Judaica-Sammlung des Historischen Museums durch eine Schenkung.

Von 
Nikolaus Meyer
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Das Historische Museum erhielt als Schenkung des Künstlers und langjährigen Leiters der Villa Romana in Florenz, Commendatore Joachim Burmeister, 36 Objekte jüdischer Provenienz, wie Sabbat- und Chanukka-Lampen aus Bronze und Messing und einen Kidduschbecher. Museumsdirektor Dr. Alexander Schubert, Joachim Burmeister und der Vorsitzende des Historischen Vereins, Werner Schineller freuen sich. © Venus

Speyer. Hoher Besuch im Historischen Museum der Pfalz. Anlass war eine Schenkung, bei der Commendatore Joachim Burmeister aus Bregenz dem Historischen Verein der Pfalz im August 2022 eine umfangreiche Judaica-Sammlung überlassen hatte. Die offizielle Übergabe mit Feierstunde erfolgte jetzt im Beisein des Commendatore, der von 1972 bis 2006 als Direktor der Villa Romana in Florenz wirkte, die 1905 vom deutschen Maler Max Klinger ins Leben gerufen wurde.

Die Liste erfolgreicher Maler und Bildhauer, die in der Villa Romana arbeiten durften, umfasste bereits vor dem Ersten Weltkrieg bekannte Namen wie Max Beckmann, Käthe Kollwitz, Ernst Barlach, Max Pechstein und Georg Kolbe. Das setzte sich in der jüngeren Vergangenheit kontinuierlich fort. Im Zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten für eigene Zwecke missbraucht und 1944 von den Alliierten konfisziert, bahnte sich in den 1950er Jahren eine Wende zum Guten an. Vor allem die Unterstützung des damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss trug 1954 wesentlich zur Wiederbelebung des Villa Romana-Vereins bei, der anno 1906 von Max Klinger in Leipzig gegründet worden war.

Nur vier Jahre nach dem Wiederaufleben des Vereins folgte die Neueröffnung der renommierten künstlerischen Wirkungsstätte in Florenz. Von nun an waren es Namen wie Georg Baselitz, Anna Oppermann, Markus Lüpertz, Horst Antes, Christiane Möbus und Amelie von Wulffen, die das Ansehen und den Bekanntheitsgrad der Institution mehrten. Auch bekannte Speyerer Künstler wie Wolf Spitzer, Klaus Fresenius, Michael Heinlein und Dirk Klose waren bereits Gäste dort.

Bereicherung der Bestände des Historischen Museums der Pfalz

Welche Anerkennung Joachim Burmeister in der Kunstwelt und weit darüber hinaus genießt, lassen Auszeichnungen, Verdienstkreuze, Ehrenmitgliedschaften und der italienische Ehrentitel „Commendatore“ ansatzweise erahnen. Die Schenkung der Judaica-Sammlung als großzügige Geste kommt nicht von ungefähr. Der frühere Leiter der Villa Romana fühlt sich der Pfalz im Allgemeinen und der Stadt Speyer im Besonderen eng verbunden. Dazu trug unter anderem Burmeisters Wertschätzung des Speyerer Malers Hans Purrmann und eine enge Freundschaft mit dem 2022 verstorbenen Speyerer Bildhauer Wolf Spitzer bei. Die Sammlung ist als Ergänzung und Bereicherung vorhandener Bestände auch deshalb im Historischen Museum gut aufgehoben, weil das jüdische Erbe der ehemals freien Reichsstadt im Juli 2021 als Teil der SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz als Unesco-Welterbe anerkannt wurde.

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Museumsdirektor Dr. Alexander Schubert ließ keinen Zweifel daran, das den neuen Objekten ein besonderer Stellenwert einzuräumen sei. Oberbürgermeister a. D. Werner Schineller erinnerte in seiner Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender des Historischen Vereins der Pfalz daran, wie die von Wolf Spitzer im Oktober 2020 initiierte Schenkung zustande kam. Dessen Initiative habe perfekt in die Zeit gepasst, denn im Januar 2020 seien die Antragsunterlagen zur Anerkennung der SchUM-Stätten beim Welterbezentrum Paris eingereicht worden, so Schineller.

Werner Transier, früherer Sammlungsleiter Judaica und Numismatik am Historischen Museum der Pfalz, referierte dann noch über die Geschichte der Judaica-Sammlung, die – wenn man so will – 1890 mit einem geschenkten Hochzeitsring aus dem 16. Jahrhundert ihren Anfang genommen habe. Ritualgegenstände und steinerne Zeugnisse folgten.

Besondere Erwähnung fanden im Museumsbesitz befindliche romanische Fenster aus der Westwand der mittelalterlichen Synagoge, die 1104 ihrer Bestimmung übergeben wurde. Weiter spannte Transier den Bogen über Pestpogrom und die Folgen der Naziherrschaft bis zum 2010 eröffneten Museum SchPIRA mit seiner ständigen Sammlung, deren Objekte Teil des Unesco-Welterbes seien, betonte Transier.

Historisches Museum der Pfalz: Steine für eine Brücke verwendet

Ebenfalls zur Sprache kam der 1415 nach Vertreibung der Speyerer Juden erfolgte Raub von Steinen, die ins Fundament der 1416 neu erbauten Salzturmbrücke wanderten. Bei der Erneuerung der Brücke 1908 wurden die Steine geborgen und mit Einverständnis der Israelitischen Kultusgemeinde Speyer in das Historische Museum der Pfalz verbracht.

Ausgewählte Teile der 36 Stücke umfassenden Burmeister-Schenkung sind derzeit im Obergeschoss des Historischen Museums zu sehen. Grundsätzlich wurde die Sammlung nach Angaben des Spenders auf dem italienischen und französischen Kunst- und Antiquitätenhandel zusammengetragen. Dazu zählen verschiedene Sabbat- und Chanukkalampen aus Bronze und Messing sowie ein Kidduschbecher.

In einer sehr persönlichen Ansprache ließ der 1938 in Krefeld geborene Commendatore anklingen, das die Schenkung und ihre geplante wissenschaftliche Erschließung auch dazu diene, Objekte und Menschen dem Vergessen zu entreißen.

Der Besuch klang mit einer Führung durch Kustodin Maria Leitmeyer im Purrmann-Museum aus, zu der Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler den prominenten Gast willkommen hieß.

Freier Autor Freier Journalist

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