Mannheim. Juri Knorr ist ein wenig ratlos. Denn eigentlich gehört es zu den eher einfacheren Übungen für einen Handballer, einen Siebenmeter zu verwandeln. Erst recht für einen begnadeten Spieler wie er es ist. Doch hin und wieder gehen ausgerechnet die vermeintlich leichten Dinge besonders schwer von der Hand. Zum Beispiel eben ein Siebenmeter, wie Knorr im Speziellen und die Rhein-Neckar Löwen im Allgemeinen in dieser Saison in der Bundesliga leidvoll erfahren. Zuletzt am Donnerstag beim 32:28-Sieg über den SC DHfK Leipzig ließen die Mannheimer gleich fünf von acht Strafwürfen aus, ohnehin verwandelte der Pokalsieger in dieser Spielzeit bislang nur 26 von 50 Siebenmetern. Ein grauenhafter, ja sogar inakzeptabler Wert.
„Ich habe keine Ahnung, was da los ist“, sagt Knorr und zieht seine Augenbrauen hoch, was seiner ehrlichen Ratlosigkeit noch mehr Glaubwürdigkeit verleiht. Er rätselt, sucht nach Erklärungen. Zumal der 23-Jährige in der vergangenen Saison ein zuverlässiger Mann beim Strafwurf war. Doch nicht nur er: Das Pokalfinale gegen den SC Magdeburg gewannen die Mannheimer sogar im Siebenmeterwerfen. Stand jetzt wäre solch ein Szenario unvorstellbar.
„Das ist Wahnsinn, das zieht sich durch. Fünf Siebenmeter, das sind fünf freie Chancen, die wir nicht nutzen“, ärgert sich Knorr nach dem Sieg über Leipzig. Er selbst ließ gegen die Sachsen drei Strafwürfe aus, außerdem scheiterten Olle Forsell Schefvert und Niclas Kirkeløkke. In dieser Saison durften sich auch schon David Móré, Arnór Óskarsson und Patrick Groetzki versuchen. Jeweils mit geringem bis sehr, sehr überschaubaren Erfolg.
Uwe Gensheimer verletzt
„Wir müssen eine Lösung finden“, fordert Knorr. Nur ist das nicht immer so einfach. Das weiß der Spielmacher selbst. „Wir haben eben keinen Hans Lindberg im Kader“, meint er mit Blick auf den routinierten Dänen, der bei den Füchsen Berlin die Siebenmeter mit traumwandlerischer Sicherheit verwandelt. Und aus Verletzungsgründen haben die Löwen gerade auch keinen Uwe Gensheimer, „der die Dinger schon seine ganze Karriere über reinwirft“, wie Knorr richtigerweise anmerkt. Die Löwen werden sich also irgendwie selbst helfen müssen.
Trainer Sebastian Hinze möchte die Siebenmeter-Seuche lieber gar nicht thematisieren. „Aber wenn ich schon danach gefragt werde“, sagt der gebürtige Wuppertaler mit einem Lächeln: „Was sollen wir machen? Ich glaube nicht, dass es besser wird, wenn wir nach jedem Training noch Siebenmeter werfen.“ Weil Hinze genau weiß, dass er das Thema damit noch größer, noch wichtiger, noch präsenter machen würde. Der Trainer setzt darauf, ausschließlich auf die Gesamt-Wurfquote zu schauen. Und die passte zuletzt aus seiner Sicht.
Spiel am Sonntag gegen Kiel in der SAP Arena
Im Topspiel gegen den THW Kiel am Sonntag (14.05 Uhr) in der ausverkauften SAP Arena wird es für die Mannheimer erneut darauf ankommen, ihre Chancen konsequent zu nutzen. Möglicherweise wird das ein wenig einfacher als in der Vergangenheit gegen die Norddeutschen, denn im Kieler Tor seht nicht mehr der beste Schlussmann der Welt: Ex-Löwe Niklas Landin hat die Norddeutschen in Richtung dänischer Heimat verlassen, seine Nachfolger Samir Bellahcene und Tomas Mrkva sind kein adäquater Ersatz. Allerdings verlangt das von ihnen auch niemand. Und zu sagen hat das mit Blick auf die Löwen schonmal gar nichts.
Denn im Supercup zwischen dem Pokalsieger aus Mannheim und dem Meister aus Kiel jubelten im August die Norddeutschen, weil Mrkva überragend hielt. Wenige Sekunden vor Spielende parierte der Torwart einen - und damit wären wir wieder beim Thema - Strafwurf von Knorr, anschließend gelang dem THW noch der Ausgleich und es ging ins Siebenmeterwerfen. Knorr scheiterte erneut, Jon Lindenchrone ebenfalls. Und seit diesem Tag haben die Löwen ganz einfach ein großes Problem mit dieser eigentlich kleinen Aufgabe.
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