Am Ende wehrten sich die Rhein-Neckar Löwen nicht einmal mehr mit aller Macht. Sie liefen nur noch halbherzig zurück, verzichteten auf den letzten Widerstand. Ja, sie ergaben sich ihrem Schicksal. Ließen das Unheil über sich ergehen. Mehr kann man einer Mannschaft kaum vorwerfen. Doch am Sonntag musste man dieser Mannschaft genau das vorwerfen. Die Löwen lösten sich auf und zeigten in der Handball-Bundesliga beim TBV Lemgo Lippe die nächste schockierende Leistung. Wieder einmal brach der zweifache deutsche Meister nach zwischenzeitlicher Fünf-Tore-Führung komplett auseinander. Das 25:33 (16:15) war am Ende nicht nur eine Niederlage. Sondern ein Offenbarungseid.
„In der zweiten Halbzeit haben wir den Zugriff auf unser Spiel verloren“, sagte Trainer Sebastian Hinze und wirkte noch einigermaßen gefasst. Rückraum-Linkshänder Niclas Kirkeløkke wählte deutlichere Worte: „Ich kann das nicht erklären, wir spielen megaschlecht, machen so viele Fehler. Wir sind eine viel bessere Mannschaft, als wir das gerade zeigen. Aber momentan sind wir nicht besser.“
Extremes Leistungsgefälle
Der Däne glaubt also immer noch, dass die Mannheimer gerade eine schwierige Phase durchmachen, dass das Potenzial im Kader aber höheren Ansprüchen genügt. Zweifel daran sind allerdings mehr denn je berechtigt. Was allerdings nicht an Kirkeløkke liegt. Wie auch Juri Knorr erzielte er sechs Treffer, seit Monaten gehört der Däne zu den zuverlässigsten Torschützen. Doch vom Rest der Mannschaft kommt einfach zu wenig. Gerade auch von der zweiten Reihe.
Zunächst deutete im Lipperland nichts auf das nächste Debakel hin. Die Löwen starteten mit einer sehr konzentrierten Offensivleistung, spielten ihre Angriffe punktgenau und brachten immer wieder den wurfgewaltigen Kirkeløkke in gute Abschlusspositionen. Vier der ersten fünf Mannheimer Treffer erzielte der Däne. Hinzu kamen im ersten Durchgang sieben Tempo-Tore. So wollen die Löwen spielen. Und so machten sie es auch. Allerdings nur eine Halbzeit lang.
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Keine Frage: Was die Badener da in der Anfangsviertelstunde zeigten, war gut. Im Gegensatz zu sonstigen Auftritten in dieser Saison leisteten sie sich im ersten Durchgang auch nur drei technische Fehler. Bis zum 13:8 (20.) dominierten die Löwen die Begegnung, mit der Hereinnahme von Ymir Gilason für Kohlbacher am Kreis verlor das Angriffsspiel aber an Gefahr. Der Isländer ist und bleibt eben ein Abwehrspezialist. Auch Kirkeløkke bekam eine Pause, sein dänischer Landsmann Jon Lindenchrone ersetzte ihn und erzielte zwei Treffer. Und doch ist er eben kein adäquater Ersatz für den formstarken Kirkeløkke.
Beim 16:14 kurz vor dem Seitenwechsel hatten die Mannheimer in Ballbesitz die Chance, eine Drei-Tore-Führung mit in die Pause nehmen. Aber Gustav Davidsson ließ einfach den Ball fallen. Szenen wie diese sieht man immer wieder vom Schweden. Und sie werden in der stärksten Liga der Welt bestraft. Eigentlich immer. Auch diesmal wieder. Lemgo lief einen Gegenstoß. Und statt 17:14 stand es dann nur 16:15 für die Löwen. Für TBV-Trainer Florian Kehrmann eine Schlüsselzone: „Es war wichtig, dass wir diesen Fehler sofort bestrafen und wir nur mit einem Tor Rückstand in die Pause gehen.“ Umso mehr ärgerte sich Löwe Tobias Reichmann: „Wir sind gut im Spiel, Lemgo lebt von unseren einfachen Fehlern.“
Totaler Kontrollverlust
Der TBV legte direkt nach Wiederbeginn mit einem Doppelschlag los - und führte beim 17:16 (34.) zum ersten Mal überhaupt in der Partie. Fünf Tore Vorsprung waren weg für die Löwen. Stattdessen lagen sie nun zurück. Und fielen danach auseinander wie ein angeknackster Liegestuhl bei kleinster Belastung. Auch das ist ein bekanntes Problem in dieser Saison. Der TVB verteidigte nun deutlich aggressiver, kam zu Stoppfouls, unterbrach den Spielfluss. Und die Löwen verfielen in bekannte Muster: Acht technische Fehler nach dem Seitenwechsel. Dazu eine unterirdische Abschlussquote. Elf Minuten lang blieben die Mannheimer nach dem 18:19-Rückstand (39.) ohne eigenen Treffer, beim 19:25 (50.) war die Partie schon verloren. Nach der 13:8-Führung hatten die Badener zwischenzeitlich einen 5:17-Lauf hingelegt. So etwas nennt man totalen Kontrollverlust. Und zwar zum wiederholten Mal.
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