Mannheim. Als sich seine Kollegen bereits über die bei einem Pizza-Service in Mosbach georderten Pasta-Pakete hermachten, stand Terrence Boyd am Mittwochabend noch lange auf der Tartanbahn des Elzstadions. Er erfüllte Autogramm-Wünsche und nahm sich noch Zeit für ein Gruppen-Bild mit einigen Waldhof-Fans. Über sein FCK-Tattoo wurde munter geflachst, die Anhänger hatten nach dem standesgemäßen 7:1 (2:0)-Erfolg im Landespokal-Achtelfinale ebenso gute Laune wie der SVW-Angreifer, dem viele seinen Auftritt gegen den Verbandsligisten sichtlich gönnten. Und das aus gutem Grund.
Fünf der sieben Waldhof-Treffer gingen auf das Konto des zuletzt ausgemusterten Stürmers, ein sechstes Tor wurde ihm zu Unrecht wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung aberkannt. Und selbst wenn es „nur“ gegen einen Sechstligisten gegangen war – Boyds Auftritt in Mosbach war durchaus ein Statement, das dem 34-Jährigen weiteren Auftrieb geben sollte. „Wir wissen alle, dass der Liga-Alltag ein anderer ist. Aber das ist natürlich für jeden Stürmer schön und eine gute Empfehlung. Ich persönlich bin auf jeden Fall happy – auch wenn es hier nicht um mich geht“, kommentierte Boyd seine Ausbeute.
Trainer Holtz: „Er hat Erfahrung und Qualität vor dem Tor“
Eine Empfehlung, die nicht zuletzt der neue Waldhof-Trainer Luc Holtz bei seinem ersten Pflichtspiel mit dem Mannheimer Drittligisten sicher gerne zur Kenntnis nahm. „Ihr kennt ihn sicher besser als ich. Aber er hat Erfahrung und Qualität vor dem Tor. Und wenn wir das nutzen können, werden wir das nutzen“, betonte Holtz, der damit eine 180-Grad-Wende zum Kurs seines am Montag freigestellten Vorgängers Dominik Glawogger vollzog.
Der hatte seit seinem Amtsantritt im April nach und nach auf Boyd verzichtet, der sich nach seinem Mittelfußbruch unmittelbar vor der Winterpause zurückgekämpft hatte. Der klassische Stoßstürmer passte offenbar nicht in das auf Pressing und Umschaltmomente ausgelegte Konzept des Österreichers, der mit Blick auf die neue Saison dann noch weiter ging: Weder bei der Generalprobe gegen Emmen noch in den ersten beiden Saisonspielen war Boyd im Kader.
Glawogger erklärte das mit Leistungsgründen. „Wenn andere Spieler es besser machen als er, muss er eben mehr tun, um wieder auf sich aufmerksam zu machen“, meinte der 35-Jährige. Im Umfeld wurde sogar vermutet, dass man den im Januar 2024 aus Kaiserslautern geholten Angreifer mit Blick auf dessen Alter und die Gehaltsstruktur vielleicht generell loswerden wolle.
Schon gegen Verl schmerzlich vermisst
Doch schon beim 2:2 gegen den SCVerl zum Saisonstart wurde eine „Kante“ wie Boyd schmerzlich vermisst, um einen müde werdenden Gegner in Unterzahl vielleicht auch mal vor eine andere Herausforderung in einer anderen Etage zu stellen. Selbst dem neuen Trainer Luc Holtz war das bei seiner jüngsten Video-Einarbeitung aufgefallen. „Terrence ist jemand, den du deshalb immer dabei haben willst“, sagte der Luxemburger bei seiner Vorstellung am Dienstag. Als Spieler – und als Typen.
Boyd fühlt sich entsprechend wieder gebraucht und möchte unter Beweis stellen, dass er weiter eine Option ist. Die ersten Trainingseinheiten unter Holtz bestärken ihn darin. „Ich fand’s sehr seriös. Da merkst du schon, dass er im Leben schon einiges gesehen hat. Da hörst du als Spieler eben auch zweimal hin, wenn du weißt, da hat einer Erfahrung – und nicht nur aus seiner sportlichen Karriere“, berichtet Boyd vom Trainingsplatz am Alsenweg.
Selbstkritik nach Chancenverwertung zu Beginn
Der Name Glawogger fällt bei diesen Ausführungen natürlich nicht. Boyd verzichtet darauf, nachzutreten. Aber die Dinge, die er nach dem Pokalspiel dem neuen Coach zuschrieb, sind wohl genau die Attribute, die vor allem die erfahrenen Spieler im Waldhof-Trikot bei seinem Vorgänger vermisst haben. Und dass das Tischtuch zwischen Boyd und Glawogger zerschnitten war, ist ohnehin ein offenes Geheimnis. Die Tatsache, dass der zuletzt ausgemusterte Angreifer den Instagram-Post des SV Waldhof zur Entlassung Glawoggers am Montagabend mit einem „Gefällt-mir“-Haken versehen hatte, spricht Bände.
Nun werden die Karten also wieder neu gemischt. „Mir fehlen jetzt natürlich zwei, drei Wochen Spielpraxis. Nur Training ist eben was anderes“, sagt Boyd, der sich vor dem Hintergrund seiner Chancenverwertung in der Anfangsphase selbstkritisch zeigte. „Da hätte ich auch ans Kopfball-Pendel gehen können“, meinte der Routinier, der zwar nicht damit rechnet, dass nach dem Trainerwechsel jetzt alles durcheinandergewürfelt wird. „Aber vielleicht bin es dann ja nicht ich, der auf die Tribüne muss.“
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