Mannheim. Auch beim SV Waldhof ist Träumen nicht verboten. Als Christophe Rempp, neuer Chefscout des Mannheimer Fußball-Drittligisten, noch beim VfB Stuttgart potenzielle Neuzugänge sichtete, holten die Schwaben die fünfte Meisterschaft ihrer Vereinsgeschichte. Im Jahr 2007 war das.
Von einem solchen Triumph ist der SVW natürlich Lichtjahre entfernt. Aber dennoch spricht die Verpflichtung des gut vernetzten 61-jährigen Franzosen dafür, dass man beim Waldhof nach zwei Jahren im Abstiegskampf verstanden hat: Zusätzliche Expertise von außen ist dringend notwendig, um den Verein wieder auf gesündere Beine zu bekommen. Eine Professionalisierung der Strukturen war überfällig, weil der SVW in manchem Bereich noch wie ein Amateurverein aufgestellt war.
Vier neue Mitarbeiter mit höherklassiger Erfahrung
„Du musst jetzt die Säulen schaffen für eine erfolgreiche Zukunft. Da waren wir mit Hochdruck dran. Wir haben jetzt eine gute Struktur, auf der sich aufbauen lässt. Die Weichen sind gestellt“, sagt Sportgeschäftsführer Gerhard Zuber zum Ausbau der Fußball-Kompetenz im Staff“, also des Personals hinter der Mannschaft.
Vier neue Gesichter ergänzen seit kurzem das Trainer- und Managementteam. Nils Segelken, den Coach Dominik Glawogger aus seiner Zeit bei Nord-Regionalligist Teutonia Ottensen kennt, ersetzt Florian Beck als Torwarttrainer. Der Österreicher Klaus Luisser – unter anderem mit Stationen beim VfL Bochum sowie bei RB Salzburg, Borussia Mönchengladbach und Eintracht Frankfurt - verstärkt als Leiter Athletik die Fitnessabteilung um Dirk Stelly. Christian Bönig, mit Erfahrungen als Medienchef beim FC St. Pauli und 1. FC Nürnberg, stößt als neuer Leiter Lizenzspieler und Teammanager hinzu. Und dann eben noch Rempp als neuer Chefscout. Eine wichtige Position, die beim SVW in den vergangenen Jahren ziemlich stiefmütterlich behandelt wurde.
Seegert: „Man merkt, dass die Chefs ursprünglich aus anderen Ligen stammen“
Statt nur in neue Spieler zu investieren, setzt Zuber also auch auf den Import von viel Fachwissen in den „Staff“. Diese Professionalisierung der Strukturen sei, so der neue starke Mann beim SV Waldhof, schon bei den Vertragsgesprächen mit Präsident Bernd Beetz ein zentraler Inhalt gewesen. In Sportdirektor Mathias Schober steht dem Österreicher schon seit seinem Amtsantritt im April ein Ex-Profi an der Seite, der im operativen Geschäft zum Beispiel Vertragsgespräche führt und sich in der Spielbetriebs-GmbH um das Thema Nachwuchsleistungszentrum kümmert.
„Man merkt, dass die Chefs ursprünglich aus anderen Ligen stammen und schon bei ganz großen Vereinen tätig waren. Dort sind die Strukturen auf jeden Fall professioneller als beim SV Waldhof. Dementsprechend werden die Strukturen jetzt an den absoluten Profifußball angepasst“, sagt Kapitän Marcel Seegert.
Es werden nun Defizite aktiv angegangen, die teils schon seit Jahren bestehen. Der neue Lizenzspiel-Leiter Bönig zum Beispiel hat Anfang der 2000er Jahre bei St. Pauli miterlebt, wie der Kiezclub einen gewaltigen Modernisierungsstau bei Trainingsbedingungen und seinem Stadion in Angriff nahm.
Da gibt es bekanntlich beim SV Waldhof auch noch jede Menge zu tun. Der neu gepflanzte Rasen im Seppl-Herberger-Stadion am Alsenweg braucht noch ein wenig Zeit, um komplett anzuwachsen. Der große Trainingsplatz daneben wird in frostigen Wintermonaten schnell unbespielbar.
Kleine Anekdote am Rande: Als Bönig bei St. Pauli gehen musste, regte sich niemand Geringeres als der schillernde frühere Nationalspieler Max Kruse in der „Bild“-Zeitung mächtig darüber auf. „Viele Identifikationsfiguren mussten den Verein schon verlassen, viele Spieler gehen und jetzt trifft es auch noch einen, der über Jahre alles für den Verein gegeben hat“, sagte Kruse im Jahr 2015.
Chefscout Rempp redet gleichberechtigt bei Transfers mit
Rempp, den Zuber aus seinen Zeiten in Stuttgart und bei Hannover 96 kennt, darf als neuer Chefscout wiederum ohne große Anlaufzeit sofort auf Augenhöhe mitreden, wenn es um Vertragsverlängerungen oder Neuzugänge beim SVW geht. „Wir entscheiden im Team. Wir haben uns zusammengesetzt und überlegt: Was macht Sinn? Bei den Spielern, die gekommen sind, haben alle ihren Daumen nach oben gegeben“, sagt Trainer Glawogger über das Prozedere bei Personalentscheidungen. Also er selbst, Zuber, Schober und eben Rempp.
Während der Etat für die Mannschaft nach Zubers Angaben im Vergleich zur Vorsaison gleich geblieben ist, leistet sich der SV Waldhof in der neuen Saison eine nicht gerade preiswerte sportliche Leitung, die man in dieser Form sonst eher von Erst- oder Zweitligisten kennt. Das wird nicht zwangsläufig den sportlichen Erfolg zurück nach Mannheim bringen, aber mehr Kompetenz im „Staff“ erhöht zumindest die Wahrscheinlichkeit, dass die Entwicklung beim SVW nach Jahren des sportlichen Sinkflugs wieder in eine positive Richtung geht. Träumen ist bekanntlich nie verboten.
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