Kommentar Das passiert, wenn Unzufriedenheit in Desinteresse mündet

Wenn die Demokratie stirbt, dann auch die unabhängigen Medien. Ist die Lage so ernst? Gedanken zum Tag der Pressefreiheit von Chefredakteur Karsten Kammholz.

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Karsten Kammholz
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Nun sind wir also so weit, dass den größten Zuspruch in einigen Umfragen eine Partei erhält, die den Rechtsstaat, die Demokratie und die unabhängigen Medien verachtet. Es war abzusehen. Das Vertrauen in Parteien schwindet automatisch, wenn sich eine Gesellschaft von der Politik nicht mehr repräsentiert sieht. Das Dilemma ist allerdings größer. Wenn Menschen sich abwenden, wenn Unzufriedenheit in Desinteresse mündet, stirbt die Demokratie in aller Stille. Und mit ihr diejenigen, die ihr Fundament bilden.

Wenden wir daher den Blick auf die freie Presse. Journalisten dienen der informierten Gesellschaft, indem sie harte Fragen stellen, unangenehme Wahrheiten aussprechen und wenn nötig sich mit mächtigen Funktionsträgern anlegen. Diese zutiefst demokratische Aufgabe setzt gesunde Rahmenbedingungen voraus: Erstens eine Gesellschaft, die den Wert des Journalismus erkennt und entsprechend finanziert. Zweitens eine Politik, die Journalismus respektiert und das Überleben der unabhängigen Medien sicherstellt. Beides nicht mehr selbstverständlich.

Das ist zum Beispiel das Informationsfreiheitsgesetz, das allen Bürgern und vor allem Journalisten ermöglicht, amtliche Informationen von Bundesbehörden einzufordern. In den Koalitionsverhandlungen schlug die Union vor, das Gesetz abzuschaffen. Nun will es die neue Koalition nach Protesten erhalten, aber reformieren. Dabei ist unklar, ob die Informationsrechte von Journalisten letztendlich doch beschränkt werden sollen. Manchmal merken die vermeintlichen Verfechter der Demokratie selbst nicht, was sie anrichten.

„Es ist sehr kurz vor zu spät“, sagt der Publizist Michel Friedman. Für die Restabilisierung der Gesellschaft und die Verteidigung der Demokratie bleiben seiner Auffassung nach höchstens noch fünf Jahre Zeit. Aus seinen Worten spricht keine Panik, sondern ein nüchterner Blick auf die Realität. Was sagt uns das über den Zustand der Pressefreiheit? Ihr größter Feind ist die gleichgültige Gesellschaft.

Ehemalige Mitarbeit ehem. Chefredakteur

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