Unvorsichtiges Auftreten

Lesedauer

Zur Dorfpride in Ketsch, die am 7. September stattfand, werden folgende Beobachtungen geschildert:

Ich möchte mich in diesem Leserbrief an das Ketscher Gemeinderatsmitglied Pascal Sagerer wenden. Pascal Sagerer ist in seiner kurzen Zeit im lokalen Rampenlicht schon das ein oder andere Mal herausgestochen, jedoch nicht unbedingt im guten Sinne. Der ein oder andere Lapsus lässt mich als Bürger an seiner Eignung als Ratsmitglied zweifeln. Besonders im Rahmen der kürzlich so wunderbar durch unsere Straßen ziehenden Dorfpride leistete er sich das ein oder andere Missgeschick.

Im Vorfeld der Veranstaltung verkündete Sagerer, dass er statt unter der Regenbogen- unter der Deutschlandfahne demonstrieren würde, für die Rechte aller Deutschen.

Mehr zum Thema

Statement

Grüne: Queere Menschen sind bei uns willkommen

Veröffentlicht
Von
Den Grünen
Mehr erfahren
Rathaus

Von Glasfaser bis Notfallplan: Die Anfragen des Ketscher Gemeinderäte

Veröffentlicht
Von
Stefan Kern
Mehr erfahren
Central

Integration: Bosnier berichtet im Ketscher Kino über seine Erfahrungen

Veröffentlicht
Von
Caroline Scholl
Mehr erfahren

Scheinbar ist er der Märchengeschichte aufgesessen, die Pride wolle irgendwelche Sonderrechte. Hätte er sich vorab etwas genauer informiert, dann wüsste er, dass dieser Kommentar ihn in kein gutes Licht rückt. Die Dorfpride und die Pride-Bewegung im Allgemeinen steht für die Freiheit und Selbstbestimmung aller Menschen der Welt. Ja, alternative Lebensweisen stehen dabei im Fokus. Das liegt daran, dass Gewalt gegen Minderheiten eine große und noch immer wachsende Gefahr darstellt, wie Pascal Sagerer aus seinem Beruf sicher weiß. Daran, dass Kinder immer noch aufgrund ihrer Identität von Eltern verstoßen werden. Daran, dass immer noch auf offener Straße beleidigt wird, wer das „falsche“ Kleidungsstück trägt. Wer also für die Freiheit aller Menschen ist, muss gerade besonders für die Rechte der Minderheiten einstehen.

Die Pride sagt also Freiheit für alle, Sagerer kritisiert dies und entgegnet mit Freiheit für Deutsche.

„Verstehen Sie jetzt wie Ihr Missverständnis zu einigem Misstrauen geführt hat. Es klingt so, als würden Sie allen anderen Nationen Unfreiheit wünschen.“

Und es kommt noch tragischer. Pascal Sagerer erkennt scheinbar, dass einige Gruppen benachteiligt sind. So bekennt er sich in seinem Beitrag zugleich zu Feminismus, er wolle besonders für die Rechte der Frauen demonstrieren. Leider benutzt er in diesem und weiteren seiner Wortmeldungen Formulierungen und Kontexte, die Menschen mit rechtem Gedankengut gerne nutzen. Da wird dann das Narrativ aufgesponnen, man müsse Frauen vor Minderheiten schützen, weil diese so übergriffig wären.

Das dies nicht der Wahrheit entspricht und die meiste Gewalt in der Beziehung geschieht, das wird Pascal Sagerer aus seinem Beruf als Polizist sicher wissen. Auch hier sollte er also seine Wortwahl überdenken.

Der größte Missgriff aber geschah bei der Parade selbst. Sagerer kam dabei zum Umzug von Richtung der NPD-Gegendemonstration. Das alleine ist natürlich irrelevant, Pascal Sagerer hat sicher einfach am Marktplatz geparkt. Er trug eine Deutschlandflagge um die Hüfte, was wie oben beschrieben, leider nicht das aussagt, was er glaubte und behauptete zu sagen. Und dabei prangte auf seiner Brust stolz die 18 von seinem Joshua-Kimmich-Trikot. Ein guter Fußballer, keine Frage, sicher ist Sagerer ein großer Fan. Das Problem ist die Trikotnummer. Inzwischen weiß jedes Kind, dass Neonazis die 88 als Ersatzzeichen für ihren verbotenen Gruß nutzen. Deshalb gibt es beispielsweise keine Nationaltrikots mit der 88. Als Ersatz sind viele Rechte dann jedoch auf die 18 übergegangen, als Zeichen für die Initialen des Führers. So zum Beispiel zu sehen in den inzwischen verbotenen Organisationen „Combat 18“ und „Sturm 18“.

Insgesamt kam er also aus der Richtung einer NPD-Demo, demonstrierte für die Rechte von Deutschen statt der Rechte aller Menschen und trug ausgerechnet ein 18er-Trikot. Damit hat Pascal Sagerer an diesem Samstag erneut vollkommen unabsichtlich den Eindruck erweckt, Teil der Neonazi-Szene zu sein.

Er sollte in Zukunft wirklich besser auf sein Auftreten achten.

Kai Schäfer, Ketsch