Mannheim. Nachrichten über die BASF verfolgt Jürgen Strube nach wie vor aufmerksam und höchst interessiert, aber mit einer gewissen Gelassenheit. „Ich bin kein Insider mehr, ich kann sowieso nicht dran drehen“, sagt der Mann, der den Ludwigshafener Chemiekonzern über Jahrzehnte geprägt hat. „Meine guten Wünsche gelten der BASF.“ Zehn Jahre liegt seine aktive Zeit in Ludwigshafen zurück: Von 1990 bis 2003 war er Vorstandsvorsitzender, bis 2009 leitete er dann den Aufsichtsrat. An diesem Montag wird Jürgen Strube 80 Jahre alt.
„Es geht mir gut“, sagt er, um gleich auf die erhebliche Arbeit zu verweisen, die seine Stiftung mit all dem Bürokratieaufwand bereite. Strube empfängt wenige Tage vor dem runden Geburtstag zum Kaffee in seinem Bungalow im Mannheimer Süden – natürlich im Anzug. Ruhestand ist ein Konzept, mit dem der eloquente Mann nichts anfangen kann. Er habe einen „großen Gestaltungswillen“, sagt Strube. Und dafür hat der gebürtige Bochumer und promovierte Jurist in seiner Stiftung einen neuen Fokus gefunden. Strube: „Langeweile droht mir nicht.“
Gegründet haben er und seine Tochter Karin die Strube Stiftung 2017 – damals starb auch Strubes Frau Brigitte nach mehr als 50 Jahren Ehe. Die Stiftung ist ihrem Andenken gewidmet. Sie litt an einer seltenen Krankheit. Während er und seine Tochter sie auf ihrem Leidensweg begleiteten, auch während der letzten schweren Wochen im Krankenhaus, seien ihnen viele Probleme in der Pflege und im Umgang mit Patienten aufgefallen.
Zusammenarbeit mit Tochter
Deshalb ist eines der Ziele der Stiftung, Patienten zu helfen, sich im komplexen deutschen Gesundheitssystem zurechtzufinden. Außerdem soll die Stiftung das Demokratieverständnis und die Völkerverständigung Europas fördern.
So wurde eine Studie des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unterstützt. Geführt wird die Stiftung von ihm und seiner Tochter Karin. „Es ist ein großes Glück, mit ihr zusammenzuarbeiten“, sagt der Vater. Das eingebrachte Stiftungsvermögen liegt bei fünf Millionen Euro. Doch nicht nur mit der Stiftung hat Strube einen Neuanfang gewagt: Er habe sich neu verliebt, erzählt er strahlend, in eine gute Bekannte der Familie.
Bei langen Gesprächen über Kunst sei man sich nähergekommen, und um „solide zu bleiben“, habe er schließlich Ende Dezember Annette Freifrau von König geheiratet. Sie sei ähnlich aktiv wie er, erzählt er stolz. So pflege sie zum Beispiel intensiv das Erbe ihres berühmten Vaters, des Speyerer Malers Hans Purrmann.
Die Kunst spielt neben dem Einsatz für die Stiftung eine große Rolle in Strubes Leben. Konzerte in Salzburg oder Baden-Baden und natürlich Ballett. „Wir sind eine ballettbegeisterte Familie.“
Noch immer viel unterwegs
Dazu kommen viele Reisen, um die Enkelkinder seiner Frau zu besuchen. „Das hält uns auf Trab.“ Außerdem pendelt er zwischen Mannheim und Heidelberg, wo seine Frau wohnt. Dort genießt er die Spaziergänge am Neckar. Aber auch wenn Strube viel unterwegs ist – im Vergleich zu seinem bewegten Berufsleben etwa mit vielen Jahren in Brasilien sieht sich Strube zur Ruhe gekommen: „Früher habe ich nur in Mannheim gewohnt, jetzt, da ich frei über meine Zeit verfügen kann, lebe ich auch hier.“
Als Strube 1990 den BASF-Vorstandsvorsitz übernahm, steckte der Konzern in einer Krise, „einer sehr tiefen Grube“. Er baute erfolgreich um, verkaufte Bereiche wie die Pharmasparte, die nicht zum Kerngeschäft Chemie passten, leitete die erste Globalisierung des Konzerns ein. Unter seiner Ägide wurde zum Beispiel der Verbundstandort Nanjing in China aufgebaut. „Ich habe immer versucht, Kontinuität und Wandel in Einklang zu bringen“, sagt Strube im Rückblick.
Auch jetzt steht der größte Arbeitgeber der Region vor einer Umstrukturierung, musste seine Prognose herunterschrauben. Sorgen macht sich Strube dennoch nicht um die Zukunft des Unternehmens. „Die BASF hat sich glücklicherweise immer ihre Wandlungsfähigkeit bewahrt“, sagt Strube. Und die aktuellen Strategien seien ihm ja nicht unbekannt. Da erkenne er vieles von dem wieder, was er angestoßen habe . . .
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