Der Ort, an dem dieses Baudenkmal steht, ist, so brachte es der Journalist Volker Lehmkuhl einmal auf den Punkt, „nicht gerade die Schokoladenseite“ von Mannheim. Industrieareale. Gewerbegebiete. Rauchende Schornsteine. Immerhin: Der Rhein ist nicht weit. In solchem Schatten steht es. Ziemlich im Süden der kurfürstlichen Stadt.
Dennoch hat der Ort etwas (Industrie)-Romantisches. Und daran ist nicht nur die Schönheit des neogotischen Klinkergebäudes, 1903 errichtet nach Plänen des Mannheimer Stadtbaudirektors Richard Perrey, verantwortlich. Es ist auch der überaus grüne, bunte, sprießende, liebevoll bestückte und gepflegte Garten voller Flora, den der Künstler hier mit seinem Partner bestellt. Kamelien, Bambus, Iris, Magnolien. Eine farbenfrohe Oase. Ein von Scheußlichkeit umgebener Paradiesgarten.
Das Gebäude ist 117 Jahre alt und stand buchstäblich im Wasser, denn die Fundamente tief unter der Erde sind durchfurcht von vielen Rohren, durch die lange Zeit viel Flüssiges floss. Bis vor gut 30 Jahren. Ende der 1980er Jahre verlor der Bau seinen Nutzen. Bis vor 19 Jahren stand er leer. Danach hat ihn einer erworben, der mit Pinseln, Spachteln und Farben sein Geld verdient – und zwar so viel, dass er sehr viel davon in den Bau investieren konnte. 700 Quadratmeter Raum zum Arbeiten, Verwalten, Wirken, Repräsentieren, Wohnen, Kochen, Zeigen und Lagern exklusiver visueller Produkte hat er sich zurecht saniert. Wer schon da war, ist beeindruckt, baff, begeistert.
Bevor diese Augenweide entstehen konnte, war hier eine Nutzung als Erlebnisgastronomie geplant. Damit war indes die trotz industrieller Umgebung existente Bürger- und Nachbarschaft nicht einverstanden. Es gab Einsprüche, was sich im Rückblick als Glück erweist.
Kaum vorstellbar ist, dass die hier entstehenden kulturellen Erzeugnisse Reisen nach Miami, New York oder Hollywood antreten und nicht nur in ganz Europa, sondern auch in Südafrika, Südamerika, Russland oder China Wände von Geschäfts- und Privatkunden kleiden. Vielleicht hängt der Ort auch mit der Kreativität und Produktivität seines Bewohners zusammen, der seine nicht zu bändigende Schaffenskraft aus der Diskrepanz zwischen grauer Industrie und farbenfroher Flora zu ziehen scheint.
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