Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Ein tragischer Moment für Oftersheim und seinen Ehrenbürger

Diesem Moment am Ratstisch wohnte ein tragischer Moment inne. Nicht nur weil ein Ehrenbürger, der sich wie kein zweiter über viele Jahrzehnte in zahlreichen Ehrenämtern verdient gemacht hat, wegen des öffentlichen Drucks, inklusive Anfeindungen und Beleidigungen, den Gemeinderat bat, die Entscheidung in Sachen Umbenennung der Kurpfalzhalle in Roland-Seidel-Halle zu seinen Ehren rückgängig zu machen. Und auch nicht nur, weil der Gemeinderat dieser Bitte Respekt zollte und seine frühere Entscheidung einstimmig revidierte.

Der tragische Moment geht weit darüber hinaus. Das Land steht rund um Klimawandel, Artenschwund und massive geopolitische Verschiebungen vor großen Herausforderungen. Wohl so groß, wie nie seit dem Zweiten Weltkrieg. Und der Autor dieser Zeilen ist anders als Bundeskanzler Olaf Scholz davon überzeugt, dass diese Herausforderungen ohne Verzicht und Zumutungen kaum zu bewältigen sein werden. Denn ein „Weiter so“ mit all den gewohnten Wachstumsfaktoren ist auf endlichen Raum und die Erde ist nichts anderes, einfach nicht möglich. Wenn in einer Kommune nun aber schon ein Entscheid für eine Umbenennung einer Halle zur Ehre eines enorm verdienten Bürgers am teils wuterfüllten Bürgerwillen scheitert, ist der Schluss nicht weit, dass die Bereitschaft für diesen Verzicht, für diese Zumutungen kaum bis gar nicht gegeben ist. Seidel weiß, dass hat er mit jedem Jahr ehrenamtlichen Engagement immer wieder bewiesen hat – frei nach Stan Nadolnys Buch „Entdeckung der Langsamkeit“ –, dass das Beste, das von einem bleibt, man meistens nicht selbst ist, und es Dinge gibt, die größer und wichtiger sind, als das eigene Sein in einem ja ziemlich begrenzten Horizont.

Seidels Namenszug an dieser Halle kann als Symbol für dieses Denken gelten. Ein Denken, dass hier in Oftersheim am doch eher Ich-bezogenen Bürgerwillen brutal zerschellte. Wie gesagt, ein tragischer Moment, weit über Oftersheim hinaus.