Kommentar Persönlicher wäre besser

Kommentator Stefan M. Dettlinger lobt die Schwetzinger SWR Festspiele für ihre Konzentration auf die Kunst, übt aber auch Kritik.

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Stefan M. Dettlinger
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Man darf und man kann es auch längst nicht mehr: die jetzt zu Ende gegangenen Schwetzinger SWR Festspiele mit dem Heidelberger Frühling vom April vergleichen. Hat das eine Festival, der Frühling, eine so stete wie sensationelle Wachstumskurve hingelegt und wächst und wächst und wächst, so wurde das andere, in Schwetzingen, vom Rundfunk kleingespart. Notgedrungen, wie es immer hieß. Dabei war Schwetzingen bis vor rund zehn Jahren noch auf Augenhöhe mit Heidelberg.

Dass kleiner indes nicht automatisch schlechter sein muss, ist klar und hat die erste postcoronale Ausgabe in der Spargelstadt auch bewiesen. Die Festivalleitung darf durchaus stolz sein auf diesen Jahrgang.

Nicht selten ist Größe nämlich auch mit Popularität und Breite verbunden. Das ist nicht schlecht, geht aber – mitunter – auch mit einem Sinken von Konzentration einher. Diese Gratwanderung geht Intendant Thorsten Schmidt in Heidelberg auf spektakuläre Weise, ohne auf Exzellenz zu verzichten. In Schwetzingen hingegen setzt Heike Hoffmann auf das Pfund, das sie hat: die fast weltferne Atmosphäre und Idylle des Gartens und Sommerschlosses von Kurfürst Carl Theodor. Es herrscht, fern von Trubel, Sorgen und miserablen Weltnachrichten, eine andere Konzentration, es entstehen, ja, Kunstmomente wie unter dem Brennglas.

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Die Qualität in Schwetzingen ist immer noch hoch, auch wenn die ganz großen und glänzenden Namen des Weltzirkus Klassik offenbar fern jeder finanziellen Realisierung sind. Aber Glamour und Weltstars müssen vielleicht nicht unbedingt sein. Man kann sich, wie in diesem Jahr, mit 12 000 Besucherinnen und Besuchern sowie einer Auslastung von 80 Prozent auch zufriedengeben und sein Radiofestival so „durchziehen“. Über die internationale Vernetzung von SWR und ARD erreicht das Festival ohnehin Millionen in der ganzen Welt. Das kann man so akzeptieren.

Dass die Schwetzinger SWR Festspiele mitunter zunehmend unpersönlich daherkommen und man, böse ausgedrückt, das Gefühl hat, die Opernaufführungen und Konzerte könnten genauso gut auch ohne Publikum stattfinden, wäre leicht zu verändern. Begrüßungsreden liebt keiner so ganz. Aber persönlicher lassen sich Konzerte und Opernvorführungen schon gestalten.

Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.