Hochwasser

Bauern bei Brühl fürchten dank Hochwasser teilweise Totalausfall

Von 
Ralf Strauch
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An der Verlängerung der Mühlgasse in Richtung Teufelsbrücke kann man deutlich erkennen, wie weit das Wasser am Montag bereits zurückgegangen ist. Dennoch ist das Hochwasser noch keine Geschichte, auch wenn die Pegelstände inzwischen kontinuierlich sinken. © strauch

Brühl. An der Gemeinde ist der Höchststand der sommerlichen Rheinflut noch glimpflich vorbeigegangen – dennoch ist das Hochwasser nach wie vor vorhanden und sorgt weiterhin für Schäden in der Landwirtschaft. Immerhin sind 80 Prozent des Landschaftsschutzgebietes zwischen Sommerdamm und Ortsbebauung für die extensive und intensive Landwirtschaft freigegeben. Doch dort, wo bis vor wenigen Tagen Getreide und Mais auf eine gute Ernte hoffen lassen konnten, schwappen laut Prognosen der Hochwasservorhersagezentrale des Landes Baden-Württemberg noch einige Tage die Wellen des Rheins in die Landschaft. Der Boden liegt bis zu zwei Meter unter Wasser.

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Mit Hoffen und Bangen verfolgen die dort tätigen Landwirte den Rückgang der Fluten. „Beim Frühjahrshochwasser waren die Pflanzen noch nicht so weit entwickelt und das Wasser floss relativ schnell wieder ab – da hielten sich die Schäden in Grenzen“, erinnert sich Max Brenner, der auf den Schwetzingen Wiesen vor allem Karotten und Getreide angebaut hat. Doch diesmal fallen seine Prognosen ernüchternd aus: „Ich befürchte, es könnte ein Totalausfall bei dieser Ernte werden“, meint er. Gut 800 bis 1000 Euro Verlust müsse der Landwirt pro Hektar verbuchen.

Existenzbedrohend sei die Situation für seinen Betrieb noch nicht, weil er noch an anderen höher gelegenen Stellen einige Äcker hat. Dort habe der Starkregen zwar das Getreide teilweise plattgedrückt, doch Sommergerste und Winterweizen seien robust und würden das verkraften „Das tatsächliche Ausmaß des Schadens in den Schwetzinger Wiesen, also ob dann dort nach einem eventuell schnellen Abfluss etwas zu retten ist, wird sich erst in ein- oder eineinhalb Wochen zeigen.“

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Futter muss zugekauft werden

Für ihren Milchviehhof mit insgesamt 65 Tieren, sieht die Lage sehr viel schlimmer aus, berichtet Manuela Schuhmacher auf Anfrage unserer Zeitung. Sieben Hektar Mais hat ihre Familie in den Schwetzinger Wiesen ausgesät. „Das Winterfutter für die Tiere“, erklärt sie. Wenn das ausfalle, dann werde es eng, weil Futter zugekauft werden müsste.

Auch die Wiesen im Überschwemmungsgebiet könnten dieses Jahr nicht für die Grünfuttergewinnung genutzt werden. „Wir konnten da noch nicht alles vor der Flut mähen, weil es durch die teilweise heftigen Regenfälle nicht mehrere Tage am Stück trocken war“, sagt sie. Und selbst wenn die Grasflächen wieder nach dem Abfließen des Hochwassers trocknen würden, seien sie für die Futtergewinnung nicht mehr zu gebrauchen, fügt ihr Kollege Uli Renkert hinzu. Die Pflanzen seien nach der Flut mit einer feinen Sandschicht überzogen und hätten einen Verwesungsgeruch an sich – das würden Pferde und Kühe nicht mehr fressen.

Renkert hofft, dass zumindest der Mais, der teilweise noch mit den Köpfen aus den Fluten hinausschaut, gerettet werden könne – „da müssen wir abwarten, was die nächsten Tage bringen“. Doch für das Getreide auf den überschwemmten Äckern sieht er schwarz. „Das ist platt und wird in diesem Jahr nicht mehr“, so sein Resümee.

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„Dass unser Futtergetreide und auch der Mais an den tiefer gelegenen Stellen wegbricht, trifft uns in einer ohnehin schon heiklen Situation“, berichtet Schuhmacher. In den vergangenen Jahren habe die Trockenheit der Sommer bereits Löcher in die Futterversorgung gerissen. Da musste schon viel von Extern zugekauft werden. Zwar hat der Hof auch noch an anderen, nicht gefluteten Stellen Felder und Wiesen, doch die Schwetzinger Wiese halte für die Bauern die besten Böden bereit. Und so wuchs dort gut die Hälfte des selbst angebauten Futters für die Kühe. „Es wird immer schwieriger für uns, die entstehenden Löcher zu füllen“, sagt sie und ergänzt auf unsere Nachfrage: „Ja, das kann für unseren Familienbetrieb unter Umständen existenzbedrohend sein – aber ich hoffe, dass es irgendwie doch noch gut ausgeht.“

Dreschen ist nicht erlaubt

Erschwerend komme hinzu, dass Familie Schuhmacher im eingedeichten Bereich bei Rohrhof einige nicht überschwemmte Felder hat. Doch da darf zum Schutz der Wildtiere zurzeit nicht geerntet werden. „Dabei müsste das jetzt dringend geschehen, denn das Getreide steht aktuell gut da.“

Doch seitens der Behörden wurde verfügt, dass die Mähdrescher dort nicht auf die Flächen dürften. Und dann wandert Schuhmachers Blick von den Überschwemmungsgebieten in Richtung Himmel. „Hoffentlich gibt es keine weiteren Unwetter, bis wir dort dreschen dürfen.“

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Die in manchen Teilen Deutschlands zu hörenden Befürchtungen, dass mit der Flut auch Stoffe auf die Äcker und Wiesen gelangt sein könnten, die zu einer Belastung der Böden führen, sieht Max Brenner allgemein und für die Schwetzinger Wiesen im Speziellen als „Dummgeschwätz“ an. Wenn das Wasser weg wäre, könne man die Ärmel hochkrempeln und wieder von vorne anfangen. Ob es dann doch noch eine Ernte in diesem Jahr geben könne, müsse man abwarten. Geduld ist eine Tugend, die Landwirte schon immer benötigten.

Derweil sinken die Pegelstände nach einem kurzen Verharren der Werte am Montag wieder ab. Bis die allerdings bei der Speyerer Messstelle auf das Niveau der Hochwassermarke II bei 7,30 Metern abgesunken sind, dauert es vermutlich noch bis Mittwoch. Die Hochwassermarke I bei 6,20 Metern wird laut Prognosen erst in einer Woche erreicht. Doch die Pegelstände sagen noch nicht wirklich viel aus, wie die Situation sich auf den Schwetzinger Wiesen entwickelt, denn auf das Schwemmwasser folgt das Druckwasser aus dem Boden, das tieferliegende Bereiche noch lange in der Hand haben dürfte.

Info: Ein Video vom Hochwasser bei Brühl gibt es unter www.schwetzinger-zeitung.de

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