Corona - Örtliche Handwerker und Dienstleister bedauern das Fehlen von Ausbildungsbörsen / Lehrstellen werden zurzeit oft über Mundpropaganda vermittelt

Brühler Handwerkern fehlen die Ausbildungsbörsen

Von 
Ralf Strauch
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Friseurmeisterin Angelika Dauth (l.) erklärt ihrer Auszubildenden Maike Schäfer (r.), wie die Haare von Estephany Bösch-Fortunato richtig gepflegt werden. © dauth

Brühl. Corona stellt die Berufsausbildung auf eine harte Probe. Sowohl die Unternehmen als auch junge Menschen waren und sind noch immer in der Corona-Pandemie zurückhaltend in Bezug auf den Abschluss neuer Ausbildungsverträge. Im vergangenen Jahr gab es laut Statistischem Bundesamt die wenigsten neuen Ausbildungsverträge seit der deutschen Einheit – und auch die Prognosen für das anstehende Ausbildungsjahr sind trotz aktuell niedriger Inzidenzwerte nicht überwältigend.

Wirtschaftliche Unsicherheit sowie fehlende Ausbildungsmessen und Praktikumsplätze: Die Krise auf dem Ausbildungsmarkt hat sich während der Pandemie verschärft. In Industrie und Handel ging die Zahl der neu abgeschlossenen Verträge um rund zwölf Prozent zurück. Im Handwerk betrug das Minus 6,6 Prozent. Nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) betraf der Rückgang insbesondere Berufsgruppen, die besonders unter den Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie gelitten haben. Das Bauhauptgewerbe, das vergleichsweise gut durch die Krise gekommen ist, verzeichnet hingegen Zuwächse. Schulen und Ausbildungsunternehmen kehren zwar nach und nach zu einer gewissen Normalität zurück, aber trotzdem gibt es noch jede Menge Unsicherheiten.

Mehrzahl will studieren

Eine berufliche Ausbildung – sei sie dual oder vollzeitschulisch – ist für junge Menschen in Deutschland hoch attraktiv: 43 Prozent der Schüler haben fest vor, eine Ausbildung zu machen, weitere 35 Prozent haben sich noch nicht entschieden. Und 22 Prozent sind sich sicher, dass sie keine Ausbildung machen werden und beispielsweise direkt nach der Schule studieren möchten.

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In der Marion-Dönhoff-Realschule haben rund 60 Prozent der Entlassschüler angegeben, zunächst noch auf eine weiterführende Schule gehen zu wollen, 40 Prozent hingegen haben sich für einen Ausbildungsweg entschieden. Doch da haben noch nicht alle, die eine Berufsausbildung als Wunsch angegeben haben, auch wirklich einen Ausbildungsplatz gefunden.

Friseurmeisterin Angelika Dauth von Angelika´s Hairfashion in der Mannheimer Landstraße kann nicht nur von der Ausbildungssituation in ihrem Betrieb berichten, sie ist zugleich Lehrlingswart in der Friseur- und Kosmetikinnung Mannheim. In diesem Jahr habe sie, so berichtet sie im Gespräch mit unserer Zeitung, in ihrem eigenen Geschäft Glück gehabt, denn über Mundpropaganda habe sie ihre gute Auszubildende gefunden. „Man muss aber schon sagen, dass es Kollegen gibt, die ihre Ausbildungsstellen nicht besetzt bekommen“, sagt sie, denn vielfach würde der Friseurberuf schlechtgeredet, Anwärter abgeschreckt. „Dabei ist das der genialste Beruf überhaupt mit einer großen Vielfalt an Entwicklungsmöglichkeiten“, wirbt Dauth im Gespräch mit unserer Zeitung.

Beim Global Player Hima in Brühl biete man zwar noch noch keine IHK-Ausbildungen an, wie Sprecherin Nicole Pringal erklärt. Doch „wir haben sechs duale Studierende der Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim gewinnen können, die bei uns im September starten“, ergänzt Michael Blüm, Leiter des Personalwesens.

Dabei habe Hima bei der Suche „die üblichen Herausforderungen gehabt, aber wir konnten nicht feststellen, dass die Pandemie die Rekrutierung schwieriger gestaltet hat“.

Keine Informationsplattformen

„Es war noch nie ganz einfach für unsere doch sehr körpernahe Dienstleistung, Auszubildende zu finden“, bilanziert Elke Ramer vom Sanitätshaus in der Anton-Langlotz-Straße, „aber bis jetzt haben wir immer Glück gehabt“. Das beweist auch die Auszeichnung für hervorragende Ausbildungsleistung über Jahre, die dem Unternehmen von der Handwerkskammer überreicht wurde. Doch in diesem Jahr, sagt Elke Ramer, seien die Ausschreibungen von Ausbildungsplätzen sowohl im Verkauf als auch in der Werkstatt vielfach erfolglos geblieben.

Sie merke deutlich, dass die Berufsvorbereitung durch die Schulen wegen der Corona-Vorgaben fehlten. „Dass es keine Möglichkeit gegeben hat, über schulische Praktika in das Berufsbild zu schnuppern, bedauern wir wirklich“, meint sie bilanzierend. Nun hofft sie dennoch, Jugendliche zu finden, die sich für diesen zukunftsorientierenten Beruf begeistern können.

Diese Erfahrung hat auch Marco Obeldobel von Heckert Sonnenschutz gemacht. „Wir haben bisher erst eine Auszubildende gehabt, deswegen ist diese Lehre vielleicht noch nicht so bekannt“, meint er. Bislang habe es auf die Stellenausschreibung noch keine Rückmeldungen gegeben. Auch er bedauert, dass Ausbildungsbörsen an den Schulen in Corona-Zeiten nicht stattgefunden hätten, „da hätten wir wahrscheinlich mehr Interesse an diesem Lehrberuf wecken können“.

Die Gemeindeverwaltung als Ausbildungsbetrieb steht derzeit gut da, denn im Corona-Jahr 2021 sind keine tatsächlichen Ausbildungsstellen für junge Erwachsene vorgesehen gewesen. „Im Betreuungsbereich für Kinder haben wir einige Erwachsene für eine praxisintegrierte Ausbildung als Quereinsteiger gewinnen können, freuen uns da auch über weitere Bewerber, und auch eine Stelle für den gehobenen Dienst haben wir besetzt“, erklärt der Rathauschef Dr. Ralf Göck auf Nachfrage. Andere Ausbildungsplätze biete die Kommune derzeit nicht.

Noch gibt es Möglichkeiten

Es ist freilich nur eine statisch wenig belastbare Umfrage unserer Zeitung bei einzelnen Arbeitgebern der Gemeinde, doch sie zeigt: Auch im zweiten Corona-Jahr wollen Unternehmen ausbilden, selbst wenn die Pandemie das Leben vielfach auf den Kopf gestellt hat. Entlassschüler haben also – auch wenn sie individuell aktuell noch keine Zukunftsperspektive haben – eine große Bandbreite an Möglichkeiten, die es nun zu nutzen gilt.

Eine Hilfe für Jugendliche, die noch einen Ausbildungsplatz suchen, ist da auch die Internetseite der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, die viele Informationen rund um das Thema bietet.

Info: Weitere Informationen für künftige Azubis gibt es unter www.rhein-neckar.ihk24.de

Redaktion

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